Atom-Gipfel im Kanzleramt: Strahlende Milliarden

Merkel trifft die Chefs der Atomkonzerne – Hauptstreitpunkt ist die neue Akw-Steuer. Je länger die Meiler laufen dürfen, desto mehr bringt sie – doch sie könnte auch den Strompreis erhöhen
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ernkraftgegner inszenieren vor dem Kanzleramt einen „Atom-Poker“ mit einer Merkel-Puppe.
dpa ernkraftgegner inszenieren vor dem Kanzleramt einen „Atom-Poker“ mit einer Merkel-Puppe.

Merkel trifft die Chefs der Atomkonzerne – Hauptstreitpunkt ist die neue Akw-Steuer. Je länger die Meiler laufen dürfen, desto mehr bringt sie – doch sie könnte auch den Strompreis erhöhen

BERLIN Sie feilschen um Jahre und Milliarden: Beim Atom-Gipfel im Kanzleramt gab es gestern jede Menge Stoff für Konflikte. Die Chefs der vier Atomkraftkonzerne wollen die Brennelementesteuer verhindern und eine möglichst lange Laufzeitverlängerung rausschlagen.

Wie sind die Fronten? Beim Wahlsieg von Schwarz-Gelb knallten in den Chefetagen von Eon, RWE, EnBW und Vattenfall die Korken: Der Abschied vom Ausstieg schien beschlossene Sache. Neun Monate später ist die Stimmung deutlich anders – vor allem wegen der geplanten Brennelementesteuer, aber auch wegen des Hickhacks, wie viele Jahre länger die Meiler laufen dürfen. Die vier Konzerne drohen unverhohlen, die Pläne von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel juristisch zu Fall zu bringen. Sie berufen sich dabei auf den Ausstiegs-Vertrag mit Rot-Grün von 2001, in dem steht, dass es keine Sonderbelastungen für die Atombranche gibt – eben im Gegenzug für das Auslaufen.

Worum geht es bei der Brennelemente-Steuer? Sie soll jährlich 2,3 Milliarden Euro bringen und damit Teile der Gewinne aus einer Laufzeitverlängerung abschöpfen. Die Grünen beziffern den Gesamtgewinn aus der Maximal-Verlängerung um 28 Jahre auf 200 Milliarden Euro. Eine etwas zurückhaltendere Studie der Landesbank Baden-Württemberg ergibt, dass die vier Konzerne bei einer Laufzeitverlängerung um zehn Jahre mit Zusatz-Gewinnen von 44 Milliarden Euro rechnen können. Die neue Steuer würde diese Summe auf 8,5 Milliarden reduzieren. Bei einer Verlängerung um 15 Jahre wären es Extra-Gewinne von 68,6 Milliarden ohne Steuer beziehungsweise 19,8 Milliarden inklusive der Abgabe.

Worum geht es für Merkel? Sie muss die Konzerne umstimmen. Sollten sie erfolgreich klagen, wäre der größte Einzelposten des Sparpakets Makulatur. Ohnehin ist die Einberechnung der Einnahmen als Dauerposten gewagt – denn mit dem Ende der Laufzeiten, wann auch immer sie sind, endet auch diese Quelle. Werden die Laufzeiten nur minimal verlängert, schmälert sich entsprechend die Summe.

Wie viele Jahre sind im Gespräch? Alles von vier bis 28. Im Kanzleramt geht man von zehn aus, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle fordert 15, Umweltminister Norbert Röttgen höchstens acht, Baden-Württemberg mindestens 17, die Branche will gleich 28. Denkbar ist auch ein Deal: Die Atomkonzerne bekommen eine längere Laufzeit, akzeptieren dafür die Steuer. Allerdings ist dann die Frage, ob der Bundesrat zustimmt. Weil es dort keine schwarz-gelbe Mehrheit mehr gibt, will die Regierung die Länderkammer eigentlich raushalten – doch das wäre verfassungswidrig, sagen mehrere Gutachten, unter anderem vom früheren Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papiert. Eine Entscheidung wurde gestern nicht erwartet, mehr eine atmosphärische Einigung. Konkrete Zahlen will die Regierung im Rahmen eines Energiekonzepts erst nach der Sommerpause vorlegen.

Schlägt das auf den Strompreis durch? Kaum vorstellbar, sagt Finanzminister Wolfgang Schäuble: „Die Gewinnspannen sind bei Atomstrom so hoch, dass sich das nicht auf den Preis auswirken dürfte.“ Dagegen Vattenfall-Chef Tuomo Hatakka: „Die Kunden können auf lange Sicht nicht mit stabilen Preisen rechnen.“ tan

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