Afghanistan: Die Kriegs-Debatte

Nun soll die Bundesanwaltschaft klären, ob es sich in Afghanistan um einen „bewaffneten Konflikt“ handelt. Minister Guttenberg stellt sich hinter den Bundeswehr-Angriff – mit einem leichten Aber.
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Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg
dpa 2 Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg

BERLIN - Nun soll die Bundesanwaltschaft klären, ob es sich in Afghanistan um einen „bewaffneten Konflikt“ handelt. Minister Guttenberg stellt sich hinter den Bundeswehr-Angriff – mit einem leichten Aber.

Was ist Krieg? Und was darf man da? Nun ist die Debatte um den verheerenden Luftangriff in Afghanistan und um den deutschen Einsatz generell wieder voll entbrannt. Erstens liegt der Fall seit gestern in Karlsruhe – zur grundsätzlichen Klärung der Frage, ob ein „bewaffneter Konflikt“ vorliegt. Zweitens hat der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg erstmals Stellung bezogen: mit ähnlicher Erkenntis, aber anderem Zungenschlag als sein Vorgänger.

Bis zu 142 Tote soll es bei dem Bombardement gegeben haben: Deswegen hatte die Staatsanwaltschaft Dresden einen Anfangsverdacht gegen den – in Sachsen wohnenden – Befehlsgeber Georg Klein geprüft. Sie kam zum Schluss, dass sie das so nicht entscheiden kann – weil nicht klar genug sei, was das in Afghanistan eigentlich ist. Sie halte es für denkbar, dass ein „bewaffneter Konflikt“ vorliegt. Dann aber müsse das Völkerstrafgesetzbuch angewandt werden und nicht das normale Strafrecht. Dies sei zwar auch „kein Persilschein für die Tötung von Zivilisten“, räume den Soldaten aber einen größeren Spielraum ein: Im Krieg ist manches erlaubt, was im Frieden untersagt ist, etwa das Töten von De-Facto-Kombattanten, erklärt der Göttinger Strafrechtsprofessor Kai Ambos.

Nicht nur die Rechtssprechung ist gefragt, auch die Politik

Jetzt soll die Bundesanwaltschaft ran: Denn die ist zuständig, wenn es um Taten nach dem Völkerstrafgesetzbuch geht. Ambos fordert diese Klärung auch dringend – doch die Karlsruher zieren sich vor der heiklen Frage. Die Bundesanwaltschaft erklärte, man habe über dieses Thema schon nachgedacht, weil bereits entsprechende Strafanzeigen eingegangen seien. „Es hat sich aber kein Anhaltspunkt für die Übernahme der Ermittlungen ergeben.“ Nun prüfe man die Dresdner Unterlagen, das werde aber lange dauern.

Ohnehin ist hier nicht nur die Rechtssprechung gefragt, sondern auch die Politik. Der Einsatz in Afghanistan sollte nicht mit dem gleichen Wort belegt werden wie die früheren Eroberungsfeldzüge. Ex-Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) hatte das K-Wort bewusst vermieden, Guttenberg spricht immerhin von „kriegsähnlichen Zuständen“. Zunächst war in Berlin erwartet worden, Guttenberg würde sich auch deutlicher von Oberst Klein und dem Angriff distanzieren.

Dies war in der Kernaussage nicht der Fall: „Der Angriff auf die Tanklastzüge war militärisch angemessen“, stellte der junge CSU-Mann gestern fest. „Es musste dazu kommen“, sagte er mit Blick auf die Bedrohungslage in Kundus. Aber er fügte hinzu: „Es hat Verfahrensfehler und Ausbildungsmängel gegeben. Solche Mängel dürfen nicht verschwiegen werden und müssen Konsequenzen haben.“ Wo Jung noch gesagt hatte, es habe keine zivilen Opfer gegeben und feststellen ließe sich das auch nicht mehr, erklärte dagegen Guttenberg: „Ich bedaure jedes zivile Opfer von Herzen und zutiefst.“

Damit schloss er sich zumindest in Teilen dem Nato-Untersuchungsbericht an. Dieser wirft Klein schwere Verfahrensfehler vor: Er hätte diesen Schlag nicht allein anordnen dürfen, sondern mit ISAF-Chef Stanley McChrystal abstimmen müssen. Ein Vorwurf ist auch, warum er die Bitten der US-Piloten, erstmal zur Abschreckung der Umstehenden im Tiefflug über die Laster zu donnern, abgelehnt hat. Klein selbst ist mittlerweile wieder daheim. Seine Freunde schirmen ihn ab: „Er wird mit den Vorwürfen nur schwer fertig.“

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