Afghanistan-Abschiebungen: In einem sicheren Land

AZ-Nachrichten-Chefin Natalie Kettinger über Abschiebungen nach Afghanistan.
von  Natalie Kettinger
AZ-Reporterin Natalie Kettinger (kl. Bild) kommentiert die Abschiebungen nach Afghanistan.
AZ-Reporterin Natalie Kettinger (kl. Bild) kommentiert die Abschiebungen nach Afghanistan. © dpa/AZ

Weil sich die Gefahrenlage ständig ändert, lässt sich keine Unterscheidung von "sicheren" und "unsicheren" Gebieten in Afghanistan vornehmen, darauf weist das Flüchtlingshilfswerk UNHCR in seinem jüngsten Bericht explizit hin. Bei CDU und CSU glaubt man dennoch an die Existenz von Regionen, in die es sich risikolos abschieben lässt – zum Beispiel in Teile der Hauptstadt Kabul.

Im Zuge der zweiten Sammelabschiebung Ende Januar wurde der 23-jährige Atiqllah Akbari dorthin ausgeflogen, der vorher in Bamberg gelebt hatte und dort gut integriert war.

Exakt zwei Wochen nach Akbaris erzwungener Rückkehr sprengte sich vor dem Obersten Gerichtshof in Kabul ein Selbstmordattentäter in die Luft. 20 Menschen starben, 41 wurden verletzt, darunter auch der abgelehnte Asylbewerber aus Deutschland. Bombensplitter zerschnitten sein Gesicht, er musste im Krankenhaus behandelt werden, steht seitdem unter Schock.

In Afghanistan werde die "normale zivile Bevölkerung zwar Opfer, aber nicht Ziel von Anschlägen der Taliban. Das ist ein großer Unterschied", hat Innenminister de Maizière unlängst in den "Tagesthemen" gesagt, um die Abschiebepraxis der Bundesregierung zu rechtfertigen. Demnach hat Atiqllah Akbari also doppelt Glück gehabt: weil er noch lebt – und "nur" Opfer des Anschlags war. Diese Denkweise ist nicht nur völlig wirr, sie offenbart menschenverachtenden Zynismus.

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