AfD-Spendenaffäre: Meuthen beruft sich auf Unerfahrenheit

Ist AfD-Chef Meuthen naiv gewesen oder tut er nur so? 2016 bietet ein Werber, der in der Schweiz für rechtskonservative Kampagnen bekannt ist, Hilfe an. Meuthen hält das für einen «Freundschaftsdienst», der Bundestag sieht darin eine illegale Parteispende.
von  dpa
AfD-Chef Jörg Meuthen wartet auf den Beginn der Verhandlung über mutmaßlich unzulässige Spenden an seine Partei.
AfD-Chef Jörg Meuthen wartet auf den Beginn der Verhandlung über mutmaßlich unzulässige Spenden an seine Partei. © Paul Zinken/dpa/dpa

Berlin - Im Prozess um fragwürdige Wahlkampfhilfe im Jahr 2016 hat sich AfD-Parteichef Jörg Meuthen auf seine damalige Unerfahrenheit berufen.

Der Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg sei damals sehr "hemdsärmelig" abgelaufen, "da gab es keine professionelle Organisation", sagte der AfD-Vorsitzende im Berliner Verwaltungsgericht. Auf die Frage der Richterin, ob ihm die von der Schweizer Goal AG damals erstellten großformatigen Plakate, die Flyer und Anzeigen denn nicht aufgefallen seien, antwortete Meuthen, er sei sehr beschäftigt gewesen: "Ich habe vieles nicht mitgekriegt."

Der Geschäftsführer der Goal AG, Alexander Segert, sei für ihn ein guter Bekannter gewesen, sagte Meuthen. Er habe sich damals gedacht: "Der Alexander hat da ein paar Plakate gemacht, nett vom Alexander." Über die Kosten habe er sich keine Gedanken gemacht. Segert ist in der Schweizer Lokalpolitik aktiv. Der Werbeprofi ist Vizepräsident der rechtskonservativen Partei SVP in der Gemeinde Andelfingen.

Wie inzwischen bekannt ist, hatte die Goal AG 2016 Werbeaktionen für den Spitzenkandidaten Meuthen im Wert von 89.800 Euro organisiert. Die Bundestagsverwaltung wertet das als illegale Parteispende und hat eine Strafzahlung in dreifacher Höhe verhängt: 269.400 Euro. Dagegen wehrt sich die AfD. Die Bundestagsverwaltung monierte, dass die Wahlkampfhilfsaktionen nicht im Rechenschaftsbericht der Partei aufgeführt wurden.

Ebenfalls beim Verwaltungsgericht anhängig ist eine weitere Streitsache, in der es um ähnliche Leistungen der Schweizer PR-Agentur für Guido Reil aus Nordrhein-Westfalen geht. Reil ist heute AfD-Europaabgeordneter.

Bei AfD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel ist der Fall anders gelagert. Hier droht eine Strafzahlung von rund 396.000 Euro. Im Bundestagswahlkampf 2017 überwies eine Schweizer Pharmafirma in mehreren Tranchen etwa 132.000 Euro an Weidels Kreisverband am Bodensee. Das Geld wurde später zurückgeschickt. Die Firma will das Geld nur weitergeleitet haben. Eine Liste mit Spender-Namen wirft Fragen auf. Die Staatsanwaltschaft Konstanz ermittelt in der Sache.

Die AfD hat wegen der Spenden-Problematik Rücklagen in Höhe von rund einer Million Euro gebildet. Die Finanzlage der AfD gilt aktuell als angespannt, aber nicht existenzgefährdend.

Meuthen will erst im August 2018 erfahren haben, dass die Wahlkampfhilfe damals kein von Segert selbst finanzierter "Freundschaftsdienst" war. Sein Bekannter legte der AfD erst zu diesem Zeitpunkt auf Nachfrage eine Liste mit Namen von zehn angeblichen Geldgebern vor.

Wann das Gericht seine Entscheidung verkünden wird, war nach dem Ende der mündlichen Verhandlung am Mittag noch unklar. Theoretisch hat die Kammer dafür zwei Wochen Zeit. Dass eine der beiden Parteien in Berufung geht, gilt als wahrscheinlich.

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