Tabakwerbung soll komplett verschwinden

In den vergangenen Jahren ist viel passiert, um den Zigarettenkonsum zu reduzieren. Jetzt will der Ernährungsminister eine letzte Lücke schließen
von  Verena Lehner / Lokales

In den vergangenen Jahren ist viel passiert, um den Zigarettenkonsum zu reduzieren. Jetzt  soll es noch mehr werden

Keine Werbespots mehr mit einsam in den Sonneuntergang reitenden Cowboys, die eine Fluppe im Mund haben. Keine Plakate mehr, die einem in übermächtig großen Buchstabend besten und einzigartigen Geschmack versprechen: So will es Ernährungsminister Christian Schmidt. Er will Tabak-Werbung auf Plakaten und im Kino und damit bundesweit komplett verbieten.

„Deutschland ist neben Bulgarien das einzige Land in der Europäischen Union, in dem die Außenwerbung für Zigaretten noch erlaubt ist“, sagte der CSU-Politiker der „Bild“-Zeitung (Samstag). „Dies konterkariert unsere intensiven Bemühungen in der Tabakprävention gerade bei Kindern und Jugendlichen.“

Die Warnhinweise auf den Packungen werden größer

Die Bundesregierung ist verpflichtet, eine neue EU-Richtlinie für Tabakprodukte bis Mai 2016 in deutsches Recht umzusetzen. Mit dem geplanten Werbeverbot gehe Schmidt aber über die geforderten Anpassungen hinaus, sagte ein Ministeriumssprecher am Samstag. Die Richtlinie schreibt unter anderem vor, dass die Warnhinweise auf Zigaretten- und Tabakpackungen künftig 65 Prozent der Vorder- und Rückseite einnehmen sowie Text und Bild kombinieren müssen. Aromen wie Menthol und andere Zusatzstoffe werden EU-weit verboten. Erstmals gibt es auch Vorschriften für E-Zigaretten, die keinen Tabak, meist aber Nikotin enthalten. Beim Ziehen am Mundstück wird eine Flüssigkeit vernebelt und inhaliert.

Aktuelle Studie: Fast jeder Vierte ab 15 Jahren raucht

In Deutschland sterben nach Ministeriumsangaben jedes Jahr schätzungsweise 110 000 bis 140 000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Die Politik hat darauf in den vergangenen Jahren mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen reagiert. In öffentlichen Verkehrsmitteln, Bahnhöfen und Behörden ist bundesweit das Rauchen verboten. Für Gaststätten, Universitäten, Kitas und andere Einrichtungen der Länder oder Kommunen gelten seit Juli 2008 in allen Bundesländern Nichtraucherschutzgesetze mit unterschiedlichen Ausnahmeregelungen. Seit 2009 dürfen Zigaretten und Tabak außerdem nicht mehr an Jugendliche unter 18 verkauft werden. Laut aktuellem Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung raucht fast jeder Vierte ab 15 Jahren (24,5 Prozent). Bei den Jugendlichen zwischen 12 und 17 ging der Anteil der Raucher nach Daten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zwar seit 2001 von 27,5 auf 9,7 Prozent im Jahr 2014 zurück. Als neue Gefahr sehen Experten aber die E-Zigaretten oder E-Shishas. Jugendministerin Manuela Schwesig (SPD) will deshalb den Verkauf dieser Produkte an Minderjährige noch in diesem Jahr verbieten.

Der Zigarettenverband kritisiert die Pläne aufs Schärfste

Von dem vollständigen Werbeverbot muss Schmidt zunächst seine Kabinettskollegen überzeugen. Der Gesetzentwurf befinde sich seit Freitag in der Ressortabstimmung, sagte der Sprecher. Der Deutsche Zigarettenverband kritisierte die Pläne. „Erstmals dürfte damit in Deutschland für ein legales Produkt nicht mehr geworben werden“, erklärte Geschäftsführer Jan Mücke. „Damit würde für eine ganze Branche eine beispiellose Wettbewerbsbeschränkung in Kraft treten.“

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