Rom: Das lange Warten auf den letzten Kardinal
Rom – Auch am Donnerstagvormittag haben die in Rom versammelten Kardinäle noch nicht über den Beginn des anstehenden Konklaves entschieden. Am späten Nachmittag wollten die Purpurträger zu einer weiteren Sitzung zusammenkommen. Ob es dann eine Abstimmung geben sollte, war zunächst unklar, nach Angaben von Vatikan-Sprecher Federico Lombardi aber „nicht wahrscheinlich“. Als mögliches Datum für den Beginn der Papst-Wahl gilt weiter der 11. März.
Am Mittag waren 114 der 115 wahlberechtigten Kardinäle in Rom eingetroffen. Sind alle versammelt, kann ein Datum festgelegt werden. Beobachter gingen weiter davon aus, dass das Konklave am kommenden Montag beginnen könnte. Lombardi widersprach allerdings Medienberichten, wonach die Messe zum Beginn der Wahl des Nachfolgers von Benedikt XVI. bereits für diesen Tag terminiert worden sei.
Am Morgen hätten die 152 Kardinäle unter anderem über die wirtschaftliche Situation des Heiligen Stuhls diskutiert, berichtete Lombardi. Drei für den Bereich zuständige Kardinäle informierten die übrigen Geistlichen über die aktuelle Lage.
Beobachter spekulieren unterdessen auch über Spannungen unter den Kardinälen. Nordamerikanische Purpurträger suchten nach Medienberichten die Unterstützung ihrer afrikanischen und südamerikanischen Kollegen für einen nichteuropäischen Kandidaten für den Stuhl Petri, da aus Europa kein moderner Papst kommen könne. Auch die „Vatileaks“-Affäre um gestohlene Dokumente des Papstes, Intrigen und Korruption im Vatikan beschäftigte die Kardinäle. Es sei „selbstverständlich“, dass sie auch darüber sprächen, sagte Lombardi. Vor allem Purpurträger aus Übersee hatten von der Kurie in Rom mehr über die Affäre wissen wollen. Der zurückgetretene Benedikt hat die Untersuchungsakten dazu für den Nachfolger bereitlegen lassen.
Die Tageszeitung „La Repubblica“ zitierte am Donnerstag eine anonyme Quelle, die zusammen mit mehr als 20 anderen „Maulwürfen“ im Vatikan Auslöser der Publikationen gewesen sein will und neue Enthüllungen ankündigte: „Der "Vatileaks"-Fall ist vor dem Konklave immer noch relevant, der Kampf für Transparenz geht weiter.“ Eine Menge Wahrheit müsse noch ans Tageslicht. Auch die vom Vatikan nicht kommentierten Berichte über homosexuelle Seilschaften und Erpressung am Heiligen Stuhl seien „alle wahr“, sagte die anonyme Quelle.