Loveparade in Duisburg: Das zwanzigste Todesopfer

In einem Krankenhaus ist der zwanzigste Mensch an den Folgen des Duisburger Dramas gestorben. Der Polizeipräsident warnte schon 2009 vor der Loveparade - was das CDU-Establishment unmöglich fand. Der Beamte ging in den Ruhestand, das Fest konnte beginnen.
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Kerzen, Rosen und ein Schild stehen in dem Tunnel - der Eingang, der für viele Menschen zum Verhängnis wurde
dpa Kerzen, Rosen und ein Schild stehen in dem Tunnel - der Eingang, der für viele Menschen zum Verhängnis wurde

DUISBURG - In einem Krankenhaus ist der zwanzigste Mensch an den Folgen des Duisburger Dramas gestorben. Der Polizeipräsident warnte schon 2009 vor der Loveparade - was das CDU-Establishment unmöglich fand. Der Beamte ging in den Ruhestand, das Fest konnte beginnen.

Sie haben gewarnt und gewarnt - es nutzte aber nichts. Die Polizei in Duisburg hat im Vorfeld der Loveparade offenbar gegenüber dem Veranstalter und der Stadt immer wieder Kritik am Sicherheitskonzept geübt, ist dabei aber auf massiven politischen Widerstand gestoßen. Das dokumentiert die Süddeutsche Zeitung. In Duisburg ist unterdessen das zwanzigste Todesopfer der Massenpanik zu beklagen.

Eine Frau, die sich bisher noch in Lebensgefahr befunden hat, ist im Krankenhaus gestorben. Nach Angaben der Polizei handelt es sich um eine 21-Jährige aus Deutschland.

Offenbar hat es während der Planungsphase aus Reihen der Duisburger Polizei immer wieder Warnungen an die Verantwortlichen gegeben. "Die Polizei in Duisburg hat ihre Bedenken in mehreren Workshops und Besprechungen deutlich gemacht", sagt ein Beamter - doch der Veranstalter habe darauf nicht reagiert.

Vor allem der mittlerweile in Ruhestand gegangene Polizeipräsident Rolf Cebin hatte sich wegen Sicherheitsbedenken heftig gegen die Austragung der Loveparade gewandt. Daraufhin habe der Duisburger CDU-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Thomas Mahlberg nach SZ-Informationen in einem Brief an den damaligen FDP-Innenminister Ingo Wolf die Absetzung des Polizeipräsidenten gefordert.

"Die Duisburger Polizei ließ erklären, eklantante Sicherheitsmängel stünden der Durchführung der Loveparade entgegen. Eine Negativberichterstattung in der gesamten Republik ist die Folge", heißt es in dem Schreiben aus dem Jahr 2009. "Der Eklat veranlasst mich zu der Bitte, Duisburg von einer schweren Bürde zu befreien und den personellen Neuanfang im Polizeipräsidium Duisburg zu wagen", schrieb der Christdemokrat Mahlberg.

Eine Pressestelle taucht ab

Unterdessen ist die Pressestelle der Stadt Duisburg praktisch abgetaucht, die Homepage von CDU-Oberbürgermeister Adolf Sauerland im Netz abgestellt: Zwei Tage nach der Katastrophe geht auf die Verantwortlichen ein Trommelfeuer der Kritik mit Rücktrittsforderungen und teils wüsten persönlichen Drohungen nieder.

Von der Stadt war dazu den ganzen Montag über kaum ein Lebenszeichen zu hören. Am Nachmittag meldete sich dann Oberbürgermeister Sauerland mit einer persönlichen Erklärung und äußerte zwar Verständnis für Rücktrittsforderungen - einen Rückzug lehnte er dennoch ab.

Die Katastrophe soll nach der Sommerpause auch im nordrhein-westfälischen Landtag aufgearbeitet werden. Anfang September wird sich der parlamentarische Innenausschuss in Düsseldorf in seiner ersten Sitzung mit ihr beschäftigen. Das sagte die Parteichefin der NRW-Grünen und Innenexpertin der Landtagsfraktion, Monika Düker. Gleichzeitig kritisierte sie die Stadtoberen von Duisburg. Die vorliegenden Erkenntnisse zeigten, dass in Duisburg "schwere Planungsfehler" gemacht worden seien, sagte Düker. Das Schleusenkonzept habe nicht funktioniert. Auch Düker forderte Sauerland zum Rücktritt auf.

Als Polizeichef Cebin, der Ruhestörer, in Rente ging, konnte das Prestigeprojekt Loveparade ungestört beginnen, es war als großer Event im Rahmen von Ruhr 2010, der Kulturhauptstadt Europas geplant. Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) hoffte auf einen Publikumsmagneten.

Und tatsächlich kamen viele, viele Techno-Fans - zu viele für das umzäunte Veranstaltungsgelände. Die Polizei hatte danach alle Hände voll zu tun, ihre Warnungen hatten sich erfüllt.

Jetzt hat Duisburg tatsächlich eine schwere Bürde.

Quelle: sueddeutsche.de
Das zwanzigste Todesopfer

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