Ermittler: Schuss auf bewaffnete Zwölfjährige im Treppenhaus

Warum kam es zum Schuss auf ein zwölfjähriges Mädchen in Bochum? Ermittler schildern dramatische Momente - und sprechen von vielen offenen Fragen.
dpa |
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NRW-Innenminister Herbert Reul äußerte sich zum Vorfall in Bochum, bei dem ein Schuss auf eine Zwölfjährige fiel.
NRW-Innenminister Herbert Reul äußerte sich zum Vorfall in Bochum, bei dem ein Schuss auf eine Zwölfjährige fiel. © Henning Kaiser/dpa
Bochum

Dem Schuss der Polizei auf ein zwölfjähriges Mädchen in Bochum sind nach Angaben der Ermittler dramatische Sekunden vorausgegangen. Die vier eingesetzten Polizisten hätten einen möglichen Messerangriff befürchtet und seien deshalb im Treppenhaus vor der Wohnungstür in Stellung gegangen. Als das Mädchen mit zwei Messern in der Hand erschienen sei, sei der Schuss gefallen, sagte Oberstaatsanwalt Benjamin Kluck in einer gemeinsamen Sondersitzung des NRW-Innenausschusses und des Familienausschusses.

Das Mädchen hatte bei dem Einsatz in der Nacht zum 17. November einen Durchschuss in der Brust erlitten und schwebte in Lebensgefahr. Nach zwei Operationen sei die Zwölfjährige "aktuell wach und ansprechbar", sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU). Es sei aber noch eine dritte Operation in den kommenden Tagen nötig.

Zwölfjährige brauchte lebenswichtiges Medikament

Die Beamten waren ausgerückt, weil die Zwölfjährige in ihrer Wohngruppe für gehörlose Kinder und Jugendliche in Münster vermisst wurde. Sie war zu ihrer Mutter nach Bochum gefahren, der aber das Sorgerecht für das Mädchen entzogen worden war. Gleichzeitig hätten die Beamten unter Zeitdruck gestanden. Es sei klar gewesen, dass die Zwölfjährige noch in der Nacht ein wichtiges Medikament nehmen musste, "weil sonst eine Lebensgefahr entstehen kann", betonte der Minister. In der Wohnung waren auch die Mutter und der Bruder des Mädchens - alle drei sind gehörlos.

Gegen den Polizisten, der mit seiner Dienstwaffe geschossen hat, werde wegen versuchten Totschlags ermittelt, sagte Kluck. Gegen einen Kollegen, der mit dem Taser schoss, ermittele man wegen Körperverletzung im Amt. Beide hätten sich zu dem Einsatz bislang nicht geäußert und machten von ihrem Schweigerecht Gebrauch. Darüber hatte zuvor hatte der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtet.

Anwalt übt Kritik

Der Anwalt des Mädchens, Simón Barrera González, hatte die Darstellung der Ermittler zuletzt als voreilig und manipulativ kritisiert. Polizei und Staatsanwaltschaft versuchten mit ihrer "aggressiven Pressearbeit", die aus seiner Sicht fragwürdige Darstellung zu prägen, der Beamte habe aus Notwehr geschossen.

Besonders schwierig war der Einsatz wohl dadurch, dass Tochter, Mutter und Bruder gehörlos sind. Ob und wie überhaupt eine Kommunikation zwischen den Einsatzkräften und den beiden Gehörlosen möglich war, wird weiter ermittelt. Ein Gebärdendolmetscher war bei dem Einsatz nicht dabei.

Innenminister Reul will deshalb nun prüfen, wie die Polizei für solche Situationen besser geschult werden kann. In der kommenden Woche sei ein Austausch mit mehreren Gehörlosen-Verbänden geplant. Es gelte zu prüfen: "Gibt es vielleicht auch in der Aus- und Fortbildung der Polizei noch Möglichkeiten, auf Fälle wie diese besser vorzubereiten?", sagte Reul.

Viele Fragen noch offen

Dass die Polizei auf ein Kind geschossen habe, sei nicht grundsätzlich falsch. "Der Einsatz der Schusswaffe kann gerechtfertigt sein – auch gegen eine Zwölfjährige. Wir alle wissen, wie gefährlich das Tatmittel Messer sein kann", betonte der Minister. Es seien aber auch noch viele Details ungeklärt.

Hinweis: Diese Meldung ist Teil eines automatisierten Angebots der nach strengen journalistischen Regeln arbeitenden Deutschen Presse-Agentur (dpa). Sie wird von der AZ-Onlineredaktion nicht bearbeitet oder geprüft. Fragen und Hinweise bitte an feedback@az-muenchen.de

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