Drei tote Babys in Kühltruhe waren Mädchen

WENDEN - 20 Jahre lang lagerten sie in der Tiefkühltruhe: Weil die Babyleichen aus dem sauerländischen Wenden langsam auftauen mussten, konnte ihre Identität erst jetzt festgestellt werden.
Nach der Entdeckung von drei Babyleichen im sauerländischen Wenden rechnen die Ermittler noch am Dienstag mit ersten Hinweisen auf die Todesursache. Vorläufigen Erkenntnissen zufolge handele es sich bei den toten Neugeborenen um Mädchen, sagte Staatsanwalt Johannes Daheim am Dienstag.
Es sei möglich, dass es bereits erste Ergebnisse der Obduktion in der Dortmunder Gerichtsmedizin gebe, sagte ein Sprecher der ermittelnden Siegener Staatsanwaltschaft. Allerdings könnten sich die Untersuchungen auch verzögern, da die möglicherweise seit Jahrzehnten in der Eiseskälte liegenden Körper ohne technische Hilfsmittel aufgetaut würden.
Fund beim Pizzaholen
Am vergangenen Samstag hatte der 18 Jahre alte Bruder der Neugeborenen bei der Suche nach einer Tiefkühlpizza den grausigen Fund gemacht. Am Sonntag hatte sich die Familie daraufhin bei der Polizei gemeldet.
Das Amtsgericht Olpe erließ am Montag Haftbefehl gegen die 44 Jahre alte Mutter der Babys. Die Mutter von drei 18, 22 und 24 Jahre alten Kindern steht im Verdacht, drei weitere Schwangerschaften selbst vor ihrem 47 Jahre alten Ehemann geheim gehalten zu haben. Es gebe Hinweise darauf, dass die Frau die drei Kinder zu verschiedenen Zeitpunkten lebendig zur Welt gebracht habe, sagte der Staatsanwalt. Sie soll die Babys bereits Ende der 80er Jahre zur Welt gebracht, in Plastiktüten verpackt und eingefroren haben. Die Frau sei weiterhin nicht ansprechbar, sagte Daheim.
Die Frau habe zugegeben, die Kinder nach deren Tod in der Truhe abgelegt zu haben. Die Familie aus dem Dörfchen Möllmicke bei Wenden war bisher völlig unauffällig. «Es gibt bei uns keinerlei Akten», sagte der Fachdienstleiter des Olper Jugendamtes, Thomas Droste.
Forderung nach mehr Kinderschutz
Schleswig-Holsteins Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) räumte Schwächen im Kinderschutz ein. Es habe deutliche Fortschritte in den vergangenen 20 Jahren gegeben, sagte Trauernicht am Dienstag im Deutschlandradio Kultur. «Auf der anderen Seite kennen wir die Schwächen des Systems nur zu genau.» Die Zahl der Kindstötungen habe in den letzten 25 Jahren um mehr als die Hälfte abgenommen. Allerdings sei das Risiko für die unter Einjährigen sehr groß. «Die Hälfte aller Kindstötungen betrifft diese kleinen Kinder.» Für sie müsse es mehr Schutz geben, und die einzelnen Kinderschutzangebote müssten besser miteinander verbunden werden. Deshalb gebe es in Schleswig-Holstein und anderen Bundesländern neue Kinderschutzgesetze: «Wir versuchen das Netz einfach dichter zu knüpfen, damit kein Kind durchfällt.» (dpa/AP)