ARD-Gremium wirft Polizei Ausspähen von Journalisten vor
Ein Gremium der Hörfunk-Chefredakteure der ARD wirft der Thüringer Polizei vor, zwei MDR-Journalisten unzulässig ausgespäht zu haben.
Erfurt – In einem Brief an Thüringens Innenministerium, der der Berliner „tageszeitung“ („taz“) und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, kritisiert die Arbeitsgemeinschaft Information der Hörfunk-Chefredakteure einen „gravierenden Eingriff in den Kernbereich der journalistischen Arbeit“. Es gebe Grund zur Sorge, dass die Ermittler den Schutz journalistischer Berichterstattung aus den Augen verloren hätten. Die Beamten hatten nach einem Leck in den eigenen Reihen gesucht. Die „taz“ hatte am Donnerstag über das Schreiben des Gremiums berichtet.
Es ging bei den Ermittlungen um eine undichte Stelle, aus der Informationen über das Sicherheitskonzept zum Papstbesuch im vergangenen Jahr an den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) gekommen waren. Dazu hatten sie den Facebook-Account eines beschuldigten Beamten ausgelesen und seine Kontakte zu den Journalisten ausführlich analysiert. Im Brief ist von „tiefer Sorge“ über eine „grundsätzliche Ausspähung“ der Journalisten und ihrer Recherchewege die Rede.
Der Fall hat in Thüringen bereits Schlagzeilen gemacht, weil auch eine Nachricht einer Linke-Landtagsabgeordneten in dem Material des Polizisten enthalten war. Das „Auslesen“ der Kommunikation sei rein rechtlich zulässig gewesen, weil es bei der Aktion nicht „zielgerichtet um Abgeordnetenkontakte“ ging, hatte Justizminister Holger Poppenhäger (SPD) im Landtag nach Bekanntwerden des Vorgangs gesagt. Der Einsatzbefehl lag mehreren hundert Beamten vor.