Zehnjähriges Jubiläum: Das jüdische Zentrum München feiert ein Bürgerfest
Als 2007, vor zehn Jahren, alles fertig war, ging für Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, ein Traum in Erfüllung: Jüdische Hauptsynagoge, Schulen, Restaurant, Kultureinrichtungen, Jugendzentrum, Museum – alles an einem Ort, und zwar mitten in München, am Jakobsplatz gleich hinterm Viktualienmarkt.
Heute ist das Zentrum nicht nur der Treffpunkt für die 9500 Juden Münchens, sondern auch für Flaneure, Kulturfreunde, Jugendliche und Familien. Allein die Synagoge haben seit ihrer Eröffnung (schon 2006) rund eine Viertelmillion Menschen besucht.
Am Sonntag feiert die Gemeinde das Jubiläum nun mit einem großen Bürgerfest am Jakobsplatz – mit viel Musik, Tanz, Ausstellungen und Aktionen. Alle Münchner Bürger sind herzlich zum Mitfeiern eingeladen. Dazu hier ein kleiner Rückblick in die Geschichte und ein paar Kuriositäten über den Platz.
Zur Grundsteinlegung 2003 kommen am Jakobsplatz alle Unterstützer zusammen: Edmund Stoiber, Paul Spiegel (Zentralrat der Juden), Hans-Jochen Vogel, Christian Ude und Charlotte Knobloch (v.l.). Foto: imago/Schmidbauer
Wie lange gibt es schon Juden in München?
Die ersten siedelten sich schon kurz nach der Stadtgründung 1158 in München an. 1381 ist erstmals eine Synagoge erwähnt. 1229 taucht der Name "Abraham de Municha" auf, eine "Judengasse" hat es nahe dem Marienhof gegeben. Nach Pogromen wegen angeblicher "Ritualmorde" und "Brunnenvergiftungen" wurden 1442 alle Juden aus München und Oberbayern vertrieben, noch 1616 herrschte ein Aufenthalts-, Handels- und Gewerbeverbot.
Die erste Rückkehr
Erst im 18. Jahrhundert durften Juden nach und nach wieder an die Isar zurück. Die jüdische Gemeinde gründete 1815 die erste "Israelitische Kultusgemeinde München". 1824 begann der Bau der Synagoge an der Westenriederstraße, die damals noch am Stadtrand lag. Es war der bayerische König Ludwig II., der 1882 den Münchner Juden gegenüber der Maxburg ein Grundstück für den Neubau einer Hauptsynagoge zur Verfügung stellte.
Von 9000 Juden zu nur noch einer Handvoll
In der Nazizeit ging die jüdische Gemeinde in München zugrunde. Von 9000 Juden blieb nach dem Zweiten Weltkrieg nur eine Handvoll übrig. 1938 befahl Adolf Hitler den Abriss der Hauptsynagoge in der Herzog-Max-Straße. Die Nazis brannten in der Herzog-Rudolf-Straße die Synagoge "Ohel Jakob" nieder. Die Synagoge an der Reichenbachstraße wurde schwer verwüstet.
Wie kehrte jüdisches Leben zurück?
München wurde nach dem Weltkrieg Auffangstation für Nazi-Verfolgte. 1945 gründete sich die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) und weihte 1947 die Synagoge in der Reichenbachstraße neu ein. Später entstanden Einrichtungen über die Stadt verteilt – wie eine Grundschule und ein Jugendzentrum in Bogenhausen.
Wie kam die neue Synagoge mit Gemeindehaus an den Jakobsplatz?
Ab 1985 kämpfte Charlotte Knobloch dafür, in zentraler Lage Münchens die verstreuten Einrichtungen zusammenzuführen. Der Stadtrat, der damalige SPD-OB Christian Ude und CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber unterstützten die Vision. Schließlich stellte die Stadt das Grundstück am Jakobsplatz zur Verfügung. 2006 war die neue Hauptsynagoge fertig, 2007 auch das Gemeindezentrum. Es gibt einen unterirdischen Verbindungsgang: den "Gang der Erinnerung". Dort sind die Namen von 4500 Juden zu lesen, die in München Opfer der NS-Verfolgung wurden.
Bis 2002 ist der Jakobsplatz vor dem Stadtmuseum (und Stadtcafé) noch eine ungeordnete Brache mitten in der Stadt. Mit einem Spielplatz samt Wiese und Bäumen und sogar einem Parkplatz. Foto: imago
Wie oft kommen Gläubige zusammen?
Drei Mal am Tag in der kleinen Betstube. Am Freitagabend und Samstag ist Gottesdienst in der Synagoge. Zu den großen Festen (wie dem Neujahrsfest) strömen die Münchner Juden in Scharen.
Und was genau befindet sich hinter den Mauern des Gemeindezentrums?
Ein Kindergarten, die Sinai-Grundschule, ein Gymnasium und Jugendzentrum. Außerdem ein Kulturzentrum mit jüdischer Volkshochschule und Bibliothek. Dazu eine Sozialabteilung, die jüdischen Bürgern und Neubürgern in allen Belangen hilft, und das koschere Restaurant "Einstein".
Lesen Sie hier: Charlotte Knobloch: "Eine Heimat im Herzen der Stadt"