Yoga im Lockdown: Sonnengrüße ohne Soforthilfe

Yoga ist populär wie nie, doch wegen des Lockdowns haben die Studios nichts davon. Sie ächzen unter hohen Mieten und der Konkurrenz im Netz.
Conie Morarescu |
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Mia Damyanova hatte sich als Yogalehrerin selbstständig gemacht. Jetzt arbeitet sie doch wieder in einem Büro.
Mia Damyanova hatte sich als Yogalehrerin selbstständig gemacht. Jetzt arbeitet sie doch wieder in einem Büro. © Bernd Wackerbauer

München - Mia Damyanova hat sich im Januar 2020 dazu entschlossen, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Sie wurde freiberufliche Yogalehrerin. Bis dahin hatte sie einen Teilzeitjob im Büro und unterrichtete nur nebenberuflich.

Natürlich konnte sie damals nicht ansatzweise ahnen, was geschehen würde. Damyanova gehört zu den vielen Menschen, die bei den staatlichen Coronahilfen durch das Raster gefallen sind: diejenigen, die sich gerade frisch selbstständig gemacht hatten und kein Einkommen aus dem Vorjahr nachweisen konnten. Ihr Antrag auf Soforthilfe wurde abgelehnt. Während sie wieder eine Teilzeitbeschäftigung im Büro gefunden hat, geht es vielen ihrer Berufskollegen sehr schlecht: "Ich kenne einige, die jetzt von Hartz IV leben müssen", berichtet die 32-Jährige.

Soforthilfe für Yogastudio war schnell verbrannt

Die wirtschaftliche Lage ist für die meisten Yogastudios in München sehr schlecht. Zwar können Online-Kurse angeboten werden, doch das deckt in der Regel nicht die hohen Miet- und Betriebskosten ab, welche durch die Studios entstehen. "Wir verlangen weniger Gebühren für die Onlinekurse", sagt Armiena Zylla-Schwarz. Sie betreibt seit 2005 ihr eigenes Yoga-Studio. "Die Kosten sind aber gestiegen." Zylla-Schwarz bietet ein vielseitiges Online-Programm an, gestreamt wird aus ihrem etwa 200 Quadratmeter großen Studio in der Müllerstraße. Dafür musste sie Scheinwerfer, Kameras und Mikrofone anschaffen.

Auch die technische Umsetzung des Buchungssystems war kostenaufwendig. "Dann kommt noch dazu, dass wir den ganzen Winter über stärker heizen mussten. Ohne Teilnehmer kostet es viel Energie, das große Studio für unsere Lehrer warm zu halten." Obwohl sie bereits lange selbstständig ist, hat auch sie nicht ausreichend Hilfe vom Staat erhalten. Die Soforthilfe war schnell verbrannt. Mehr sei bisher nicht angekommen: "Wir halten uns durch das Online-Angebot momentan gerade so über Wasser. Wie lange das noch gut geht, kann ich nicht sagen."

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Für Veronika Rössl ist es bereits zu spät. 20 Jahre lang führte sie das Mahashakti Yoga Studio. In München war es eine Institution. Im Oktober kam dann das Aus. Obwohl sie sehr viele Stammkunden hat, reichten die Einnahmen aus den Online-Kursen nicht aus, um die Mietkosten zu stemmen. Ihr Vermieter kam ihr nicht entgegen. "Ohne Perspektive auf lange Sicht macht es keinen Sinn, das Studio zu halten", erklärt Rössl.

Selbst, wenn die Studios wieder öffnen dürfen, bei Einhaltung der Abstandsregeln würde sich der Betrieb nicht lohnen: "Mein Studio war mit 80 Quadratmetern relativ klein, wir haben es immer Wohnzimmer genannt. Ich hätte dort maximal sechs Personen untergebracht, etwa die Hälfte von der normalen Belegung." Nun hat Veronika Rössl auf Online-Kurse umgestellt, denn dazu braucht sie kein Studio. "Wenn es wieder warm ist, werde ich auch versuchen, draußen zu unterrichten, vorausgesetzt es ist erlaubt. Letzten Sommer war es verboten, auf öffentlichen Freiflächen Kurse zu geben."

Online-Angebot hat nur anfangs gut funktioniert

Dass der Sommer ohnehin nicht die Hochsaison für Yogalehrer ist, macht die Situation nicht einfacher. "Der Januar ist der Lieblingsmonat der Yogalehrer", sagt Thomas Meinhof. "Der Monat der guten Vorsätze." Auch er hat zum Jahresanfang 2020 seine Selbstständigkeit begonnen. Mit seinem Shiva Shiva Yoga Studio, einem Blog und Podcasts geht er seiner neuen Berufung nach. "Zum Yoga bin ich gekommen, weil ich ganz schlimmen Stress im Beruf hatte." Die ersten Monate seien super gelaufen, dann der Lockdown. "Das Online-Angebot hat bei uns nur am Anfang gut funktioniert. Dann ist die Nachfrage sehr abgeflaut."

Thomas Meinhof hat erst seit einem Jahr ein eigenes Studio.
Thomas Meinhof hat erst seit einem Jahr ein eigenes Studio. © Bernd Wackerbauer

Gerade für Studios, die sich noch keine große Stammkundschaft aufgebaut haben, sei es sehr schwierig, Kunden online zu gewinnen oder zu binden. Außerdem gebe es ein unheimlich großes Online-Angebot an privaten Kursen von Lehrern, die kein Studio bezahlen müssen. Mit den November- und Dezemberhilfen habe er gerade eine Monatsmiete zahlen können.

"Wir haben eine Crowdfunding-Aktion gestartet, und der Vermieter ist uns im Sommer entgegengekommen. Normalerweise wäre es jetzt im März vorbei gewesen." Doch auch bei Thomas Meinhof ist es nur eine Frage der Zeit, bis die letzten Reserven verbraucht sind.

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  • AllesBesser am 17.03.2021 09:08 Uhr / Bewertung:

    Ich hätte mein Yoga-Studio gerne weiter unterstützt. Aber leider war die Übertragen der Onlinekurse derart miserabel, dass ich die Lust verloren habe. Einfach nur einen Laptop aufstellen und einen Zoom-call starten, reicht leider nicht.

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