Wohnen am Oktoberfest: Wiesn-Wahnsinn von früh bis spät

AZ-Redakteur Karl Dittrich wohnt gleich neben der Wiesn und berichtet von Besuchern, die Schäferstündchen zwischen seinen Mülltonnen abhalten, von morgendlichem Sturmläuten und ekligen Hinterlassenschaften. Dennoch will er nicht wegziehen.
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AZ-Redakteur Karl Dittrich wohnt direkt an der Wiesn
Ronald Zimmermann AZ-Redakteur Karl Dittrich wohnt direkt an der Wiesn

MÜNCHEN - AZ-Redakteur Karl Dittrich wohnt gleich neben der Wiesn und berichtet von Besuchern, die Schäferstündchen zwischen seinen Mülltonnen abhalten, von morgendlichem Sturmläuten und ekligen Hinterlassenschaften. Dennoch will er nicht wegziehen.

Die Entscheidung, an den Kaiser-Ludwig-Platz zu ziehen, geschah freiwillig. Das muss ich vorausschicken. Vieles sprach und spricht dafür: tolle Lage, schöner Altbau.

Das ändert sich nur einmal im Jahr Mitte September. Nur 100 Meter sind es bis zur Theresienwiese, und schon im Morgengrauen kommen sie daher, die Wiesn-Besucher. Ich sehe ihnen gern vom Fenster aus zu – und ahne, was kommt. Nachmittags, so ab 18 Uhr, mäandern müde Helden am Reiterstandbild des Kaiser Ludwig vorbei. Es erinnert mich an Gemälde, die den Rückzug von Napoleons Soldaten nach dem Russland-Feldzug zeigen.

Zwischendurch genießen wir als Wiesnanwohner die schönen Seiten: In der Luft hängt der Duft gebrannter Mandeln, die donnernde Achterbahn liefert das Hintergrundgeräusch. Während der Woche gehen wir fast täglich kurz auf einen Spaziergang hin, Freude uns am Schmäh vom Schichtl und drehen ein paar Runden auf der Krinoline.

Zurück zum alltäglichen Wahnsinn: Unser Hausmeister schließt zwar die Einfahrt zum Hof – was aber nicht heißt, dass Verirrte oder Verwirrte nicht trotzdem versuchen, hereinzukommen. Manche schaffen es sogar – wie das frischverliebte Pärchen, das im letzten Jahr im Hinterhof ein Schäferstündchen zwischen den Mülltonnen hielt. Eigentlich nicht so schlimm. Schlimmer sind die Zeitgenossen, die frühmorgens Sturm läuten oder sich in den Hausflur niederlegen und das hinterlassen, was mal eine frisch gezapfte Maß Bier oder ein resches Hendl war. Und dann der anschwellende Lärm der abziehenden Massen. Die Schlachtrufe und -gesänge werden nur noch von den Martinshörnern der Krankenwagen übertönt, die ihre Patienten in die Notaufnahme der benachbarten Uni-Klinik an der Nussbaumstraße chauffieren.

Wie gesagt: Wir sind freiwillig hierher gezogen, und ab Sonntagabend kehrt auch wieder Normalität ein. Wir Freude uns darauf. Auf die nächste Wiesn aber auch. Irgendwie.

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