"Winter-Touristen?" Kosovaren wehren sich
Organisationen und albanische Gemeinde in München fordern ein Ende der Stimmungsmache gegen die Flüchtlinge
München - Vertreter der albanischen Gemeinde in München und der Bayerische Flüchtlingsrat werfen der Staatsregierung vor, Flüchtlinge aus dem Kosovo zu Unrecht als „Winter-Touristen“ und „Asyl-Missbraucher“ darzustellen.
„Die Politik muss auch die Menschen und ihre Gründe ernst nehmen“, sagt etwa Eshref Januzai von der Gesellschaft albanischer Akademiker. „Eine nur auf Abwehr getrimmte Haltung ist keine hinreichende Flüchtlings- und Migrationspolitik.“
Die meisten Kosovaren kämen aufgrund der Perspektivlosigkeit in ihrer Heimat nach Deutschland, sagt Stephan Dünnwald vom Flüchtlingsrat. „Wegen der Kriminalität, den hunderttausenden Waffen, die dort noch immer im Umlauf sind, wegen der Tatenlosigkeit der Regierung und der mafiösen Strukturen im Land.“
Lesen Sie hier: Flüchtlinge aus dem Kosovo versuchen es "wieder und wieder"
Einige der Flüchtlinge hätten Verfolgung und Krieg im Kosovo erlebt und seien in den 1990ern schon einmal hier gewesen, sagt Eshref Januzai. „Sie haben hier Deutsch gelernt, zum ersten Mal Normalität erlebt und sind voller Träume für die Zukunft zurück gegangen.“
Im Kosovo sei Enttäuschung auf Enttäuschung gefolgt. „Auch fünf Jahre nach Beginn der Rechtsstaatlichkeitsmission Eulex ist der Kosovo kein Rechtsstaat“, sagt Dünnwald.
„Was denkt jemand in dieser Situation?“, fragt Januzai. „Er denkt an seine Familie und geht dahin, wo er Normalität erlebt hat und wo er sich verständigen kann.“ Um einen warmen Unterschlupf für die Wintermonate gehe es dabei in der Regel nicht.
Lesen Sie hier: In der Bayernkaserne wird's wieder eng
Der Frust über die Wahlergebnisse, die Neuregelung bei der Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge in Deutschland und die Öffnung der Grenzen zu Serbien hätten nun dazu geführt, dass sich tausende auf den Weg gemacht hätten. Illegal. Weil es extrem schwierig ist, ein Arbeits- oder Studentenvisum zu ergattern.
Die Öffnung von legalen Migrationswegen könnte ein „Ventil“ sein, um dem Massenexodus entgegen zu wirken, glaubt Shref Januzai. „Die Leute wollen arbeiten.“ Doch im Kosovo liegt die Arbeitslosigkeit bei mindestens 50 Prozent.
Auch deshalb appellieren die albanische Gemeinde (in und um München leben etwa 18 000 Kosovaren) und der Flüchtlingsrat für mehr wirtschaftliches Engagement in dem „vergessenen Land“. Und wer schon hier sei, habe ein Recht darauf, dass sein Asylantrag gründlich geprüft werde – zumal unter den Neuankömmlingen auch Angehörige von Minderheiten sind.
- Themen:
- Arbeitslosigkeit
- Bayernkaserne