Wiesn-Wirt zu 22 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt

München Wiesn-Wirt Sepp Krätz (59) wird immer wieder ein sonniges Gemüt, eine nicht tot zu kriegende gute Laune bescheinigt. Aber es gibt auch bei ihm Ausnahmen. Gestern war so ein Tag. Mit versteinerter Miene verfolgte der „Vollblutgastronom“ den letzten Verhandlungstag in seinem <strong>Steuer-Prozess</strong>.
Dabei wusste er bereits, worauf es für ihn hinausläuft. Die Beteiligten hatten sich zu Prozessbeginn im Falle eines Geständnisses auf eine Bewährungsstrafe plus hoher Geldstrafe geeinigt. Allein die zu veranschlagende Höhe des Tagessatzes war am Freitag nochmal das große Thema. Sprich: Wie viel verdient ein Wiesn-Wirt eigentlich?
Netto 1,5 Millionen im Jahr, sagt Staatsanwältin Andrea Wagner und forderte dementsprechend eine Geldstrafe von 300 Mal 4200 Euro, also 1,26 Millionen Euro. Das könne man nicht machen, erklärten die Verteidiger. Denn dass Krätz noch einmal auf der Wiesn als Wirt auftritt, sei „zweifelhaft“. Krätz selber erklärte , dass er auch um seinen Job in der Waldwirtschaft und dem Andechser am Dom fürchte.
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Tatsächlich gewährte die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht dem geständigen Steuersünder einen großzügigen Abschlag. Richterin Jutta Zeilinger begründete dies damit, dass „nicht klar ist, wie es weitergeht“. Gemeint war vor allem das Hippodrom. Statt 4200 Euro wie sie die Staatsanwaltschaft forderte, veranschlagte sie am Ende daher eine Tagessatzhöhe von 1900 Euro. Immer noch die stattliche Summe von 570000 Euro.
Krätz-Anwalt Peter Gauweiler hätte die Öffentlichkeit bei der Erörterung der Vermögensverhältnisse seines Mandanten gerne außen vor gesehen. Das Gericht lehnte nach kurzer Beratung aber ab. Das Interesse der Öffentlichkeit überwiege.
Das Gericht fand Krätz in 36 Fällen der Steuerhinterziehung schuldig. Er hatte im Hippodrom und im Andechser am Dom mit schwarzen Kassen etwa 1,1 Millionen Euro am Finanzamt vorbeigeschleust. Nur die Hälfte der Tageseinnahmen von Hippodrom-Champagner-Bar und des Andechser-Freibereichs wurden regulär verbucht. Und das über viele Jahre. Außerdem hatte Krätz seinen persönlichen Fitnesstrainer als Betriebskosten verbucht.
Nach dem Urteil erklärte Sepp Krätz schmallippig: „Ich nehme das Urteil an.“ Mehr nicht. Seine Anwälte sprangen ihm bei. Krätz habe nicht nur die Steuerschuld komplett wieder gut gemacht, sondern auch Maßnahmen ergriffen, die einen solchen Steuerbetrug künftig verhindern und weit über das hinausgehen was vom Gesetzgeber gefordert wird und in der Branche üblich sei, erklärte der Steuerjurist Sascha König.
Gauweiler ist überzeugt: Wer durch den „Kernspin“ eines solchen Verfahrens gehe, wer sich in den nächsten drei Jahren nichts zu Schulden kommen lassen darf, wenn er die Haftstrafe vermeiden will, der muss schon deswegen besonders zuverlässig sein.
Und Krätz selber? Hat er noch Hoffnungen, das Hippodrom zu halten? „Kein Kommentar.“