"Kommt für uns überraschend" Bürgermeisterin Dietl schmeißt bei Münchner Wohnen hin
München - Von Amts Wegen sind die Münchner Bürgermeister Aufsichtsratsvorsitzende von städtischen Beteiligungsgesellschaften. Im Fall der städtischen Wohnbaugesellschaft, der Münchner Wohnen, war das bisher die Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD). Sie war auch verantwortlich dafür, aus den bisher zwei städtischen Wohnbaugesellschaften GWG und Gewofag die Fusion zur Münchner Wohnen umzusetzen.
"Viele Angriffe": Warum Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) ihren Posten bei der Münchner Wohnen abgibt
Am Freitag hat sie nun angekündigt, diesen Aufsichtsratsvorsitz "ab sofort" zur Verfügung zu stellen. Der Fusionsprozess "war nicht zu jedem Zeitpunkt einfach", schreibt Dietl in ihrer Rücktrittsankündigung. "Viele Angriffe gegen die Münchner Wohnen haben sich auch gegen mich persönlich gerichtet, waren politisch motiviert", so Dietl.
Wie geht es nun weiter? Das Vorgehen sei mit der Fraktionsspitze der SPD im Stadtrat und mit dem Oberbürgermeister abgestimmt.

Nach Dietl-Rückzug bei Münchner Wohnen: OB Reiter übernimmt
Es sei zum jetzigen Zeitpunkt richtig, "dass der Oberbürgermeister alle Kompetenzen zum Thema Wohnen und Mieten bei sich bündelt und den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt", lässt sich SPD/Volt-Fraktionschefin Anne Hübner in einer Mitteilung zitieren. Es sei "ganz sicher kein leichter Schritt" für "unsere Bürgermeisterin" gewesen, "da sie in den letzten Jahren sehr viel Herzblut und Engagement in diese Aufgabe gesteckt hat", so Hübner.
Die Fraktionskollegen der Grünen waren in die Entscheidung offenbar nicht eingebunden: "Die Entscheidung kommt für uns überraschend und wir danken Verena Dietl für ihre Arbeit", so der Grüne Co-Fraktionschef Sebastian Weisenburger auf Anfrage der AZ.
"Geschäftsführung trägt Verantwortung": Linken-Chef zu Dietls Rückzug
"Die Sozialbürgermeisterin zieht jetzt Konsequenzen bei der Münchner Wohnen", sagt Linken-Fraktionschef Stefan Jagel zur Entscheidung Dietls. Auch seine Fraktion war es, die in den vergangenen Wochen immer wieder scharfe Kritik an der städtischen Wohnbaugesellschaft geübt hat. Es dürfe aber nicht bei der politischen Ebene enden, findet Jagel: "Die Geschäftsführung trägt die Verantwortung für das Missmanagement". Auch dort erwarte er "klare personelle Veränderungen".
Damit meint er den SPD-Mann Christian Müller, der aktuell als einziger Geschäftsführer die Geschicke der Münchner Wohnen leitet. In den letzten zwei Jahren verlor sie drei Geschäftsführer, einer davon ging nach nur vier Wochen.
CSU überrascht, FDP kritisiert OB Reiter: "Hätte sich nicht vor Verantwortung drücken dürfen"
Auch die CSU/FW-Fraktion im Stadtrat wurde von dem Rückzug offenbar überrascht, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Und an den neuen Aufsichtschef gerichtet: "Wir erwarten nun vom Oberbürgermeister, dass er eines der drängendsten Probleme Münchens – die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum – endlich in den Griff bekommt", so Fraktionschef Manuel Pretzl. "Die Stadt hinkt sämtlichen Zielzahlen beim Wohnungsbau meilenweit hinterher, so darf es nicht weitergehen", sagt Pretzl. Daran werde man den Oberbürgermeister messen.
Die Fraktion der FDP/Bayernpartei begrüßt die "längst fällige Übernahme des Postens des Aufsichtsratschefs der Münchner Wohnen durch den Oberbürgermeister", wie sie in einer Mitteilung schreibt. Sie habe "diesen Schritt bereits vor Wochen gefordert", so der Fraktionsvorsitzende Jörg Hoffmann. Verena Dietl habe "den Posten zu einem Zeitpunkt übernommen, zu dem das Kind schon in den Brunnen gefallen war", so Hoffmann weiter. "Der Oberbürgermeister hatte ihr diese undankbare Aufgabe zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt vor der Fusion übertragen", so seine Einschätzung. Es sei richtig, dass der OB nun selbst Verantwortung übernehme. Aber: "Er hätte sich bereits vorher aus der Deckung wagen müssen und sich nicht zuvor vor der Verantwortung drücken dürfen", sagt Hoffmann.