Wegen Winnenden: Bayern rüsten ab

Immer mehr Bayern geben ihre Waffen bei Behörden ab. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann wertet diesen Trend als direkte Reaktion auf den Amoklauf in Winnenden.
von  Abendzeitung
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MÜNCHEN - Immer mehr Bayern geben ihre Waffen bei Behörden ab. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann wertet diesen Trend als direkte Reaktion auf den Amoklauf in Winnenden.

Immer mehr Bürger in Bayern wollen keine Waffen im Haus haben. Allein in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres wurden mehr Waffen bei den Behörden abgegeben als im gesamten Jahr 2008, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Freitag in München mitteilte. Er sieht die erhöhte Abgabe als direkte Reaktion auf den Amoklauf von Winnenden nahe Stuttgart, bei dem ein 17-jähriger Schüler am 11. März dieses Jahres 15 Menschen und sich selbst erschoss.

Bis Ende Juli wurden in Bayern heuer 3354 Gewehre abgeliefert, im gesamten Vorjahr waren es nur 2214. Von Januar bis Ende Juli dieses Jahres wurden außerdem 5713 Revolver und Pistolen abgegeben – damit ist die Zahl des gesamten Vorjahres mit damals 5731 Kurzwaffen schon jetzt fast erreicht.

Bei diesen abgegebenen Waffen handelte es sich den Angaben zufolge weitgehend um geerbte Waffen oder um sogenannte Altbesitzwaffen, die unter Altfallregelungen früherer Änderungen des Waffengesetzes fielen und die von ihren Besitzern deshalb legal behalten werden durften. Die Zahl der legalen Schusswaffen in Bayern etwa von Jägern und Sportschützen gab Herrmann mit gut 1,4 Millionen Stück an. Darunter seien rund 140 000 ererbte Waffen und 300 000 Altbesitzwaffen – diese kommen zusammen also auf einen Anteil von rund 30 Prozent aller legalen Waffen. Herrmann appellierte an alle Besitzer legaler Waffen zu überdenken, ob sie diese wirklich brauchen.

Zugleich rief Herrmann alle Bürger, die irgendwann einmal illegal Waffen erworben haben, zu deren Abgabe bei der Polizei oder aber bei den Landratsämtern beziehungsweise den städtischen Kreisverwaltungsreferaten auf. All diese Waffenbesitzer seien gut beraten, die dazu im Waffengesetz geschaffene Amnestieregelung zu nutzen. Nach dieser am 25. Juli in Kraft getretenen Regelung ist eine straffreie Abgabe illegaler Waffen bis Ende dieses Jahres möglich, sofern mit ihnen keine Straftaten begangen wurden.

„Bei 96 Prozent der mit Waffen begangenen Straftaten werden illegale Waffen verwendet“, betonte Herrmann. Jede illegale Waffe sei deshalb eine zuviel. „Darum schafft die neue Amnestie mehr Sicherheit.“ Die Amnestie gehöre zu den Änderungen des Waffengesetzes, die nach dem Amoklauf von Winnenden beschlossen worden seien. Die Abgabe von Waffen sei kostenfrei, es würden nur die Personalien aufgenommen.

Die abgegebenen Waffen gehen in der Regel zunächst an das Bayerische Landeskriminalamt (LKA). Möglicherweise bei Straftaten eingesetzte Waffen werden dort vorsorglich ballistisch überprüft. Kriminalistisch oder kulturgeschichtlich bedeutsame Waffen könnten in Einzelfällen an Museen oder andere Polizeidienststellen als Ausstellungsobjekte abgegeben werden, hieß es. Jagdwaffen leitet das LKA an das bayerische Landwirtschaftsministerium weiter, das sie an Jäger verkauft. Der Großteil der Waffen wird aber in Einzelteile zerlegt und vernichtet.

dpa

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