"Wann, wenn nicht jetzt?" Tausende in München fordern AfD-Verbot

Unter dem Motto "AfD-Verbot jetzt" haben Initiativen zu Kundgebungen in ganz Deutschland aufgerufen. In 60 Städten wurde demonstriert – auch in München.
von  Myriam Siegert, Daniel von Loeper
Tausende kamen zur Demo für ein AfD-Verbot auf dem Königsplatz.
Tausende kamen zur Demo für ein AfD-Verbot auf dem Königsplatz. © Daniel Loeper

München - Wann wenn nicht jetzt?" ,"AfD verbot jetzt!" und "Alle zusammen, gegen den Faschismus, gegen die AfD"  - diese und andere Slogans waren am Sonntagnachmittag auf dem Königsplatz zu hören und zu lesen. In ganz Deutschland, und so auch in München, hatten sich Menschen versammelt, um für ein Verbot der AfD zu demonstrieren.

Die Kampagne "AfD-Verbot jetzt!" und "Zusammen gegen Rechts" hatte zu dem bundesweiten Aktionstag aufgerufen. In mehr als 60 Städten waren Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für ein AfD-Verbot angekündigt. In München strömten unter dem Motto "Keine Ausreden mehr - AfD-Verbot jetzt!" laut den Veranstaltern 3200 Menschen, laut der Polizei 2500 Teilnehmer zur Kundgebung auf den Königsplatz.

"Gegen Lügen, Hass und Hetze"

Das erklärte Ziel: politischen Druck aufbauen für ein AfD-Verbotsverfahren. "Wer die Demokratie von innen heraus zersetzen will, darf nicht weiter von ihr profitieren", erklärte Jana Häfner, Sprecherin der Münchner Kampagne im Vorfeld der Demonstration. "Die AfD bedroht mit ihrer Hetze gezielt Minderheiten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt." 

Tim Conradi und Michaela Conradi bei der Demo zum Aktionstag für ein AfD-Verbot.
Tim Conradi und Michaela Conradi bei der Demo zum Aktionstag für ein AfD-Verbot. © Daniel Loeper

Häfner, die sich schon länger gegen Rechtsextremismus engagiert, sieht die offizielle Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextrem" als Warnschuss: "Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun", sagte sie am Sonntag. "80 Jahre nach dem Ende des Holocaust heißt das, die Mittel unseres Rechtsstaates zu nutzen, um unsere Demokratie gegen ihre Feinde zu verteidigen. Es geht hier nicht darum, welche politische Meinung man vertritt, sondern darum, unsere Grundprinzipien, Freiheiten und Diskussionskultur gegen diejenigen zu verteidigen, die gefährliche Lügen verbreiten und mit Hass und Hetze spalten."

"Parteiverbot darf kein Tabu sein"

Die Rechtslage ist für die Veranstalter klar: "Parteien, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung arbeiten, müssen verboten werden." Luca Barakat, ebenfalls Sprecher der Münchner Kampagne, ergänzt: "Die AfD hat sich längst vom demokratischen Spektrum verabschiedet. Es reicht nicht mehr, sie nur politisch zu bekämpfen - es braucht klare juristische Konsequenzen. Ein Parteiverbot darf kein Tabu sein, wenn die Verfassung in Gefahr ist."

Auf dem Königsplatz gab es Reden, Musik und Schweigeminuten für Lorenz A. und die kürzlich verstorbene Holocaustüberlebende Margot Friedländer. Angemeldet waren eigentlich 10.000 Teilnehmer.  

Trotz der niedrigen Teilnehmerzahl als erwartet betonte die SPD-Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge, dass es wichtig sei, für ein AfD-Verbot einzutreten. "Es geht darum, unsere Demokratie zu schützen", so Wegge. Es fühle sich dennoch gut an, auf der Kundgebung zu sein. "Zu sehen, dass es so viele Menschen heute deutschlandweit gibt, die auf die Straße gehen - das gibt auf jeden Fall Power und macht Mut."

Demo-Teilnehmer Tim Conradi sagte zur AZ: „Jetzt, wo es vom Bundesverfassungsgericht bestätigt ist, dass die AfD gesichert rechtsextrem ist, müssen wir das weitertreiben. Ich finde, wir müssen wehrhaft sein und uns versammeln und müssen gegen die AfD vorgehen. Die AfD vertritt nicht die Werte, für die ich in diesem Land leben will.“ Illustratorin Michaela Conradi ergänzte: „Mich nervt, dass die AfD immer wieder eine Bühne in Talkshows bekommt. Es darf keinen Millimeter zusammen mit der AfD geben.“

Carmen Wegge (SPD), Bundestagsabgeordnete, hält einen Aufkleber zum Thema AfD-Verbot bei einer Demonstration im Rahmen eines bundesweiten Aktionstags unter dem Motto "Keine Ausreden mehr - AfD-Verbot jetzt!".
Carmen Wegge (SPD), Bundestagsabgeordnete, hält einen Aufkleber zum Thema AfD-Verbot bei einer Demonstration im Rahmen eines bundesweiten Aktionstags unter dem Motto "Keine Ausreden mehr - AfD-Verbot jetzt!". © Tobias Hase/dpa

Der Jurist Markus Laymann zeigte sich in seiner Rede davon überzeugt, dass ein Verbotsantrag große Chancen auf Erfolg hat und appelliert an die Bundestagsabgeordneten: "Brandmauern bieten nur auf eine begrenzte Zeit Schutz. Sie machen gar keinen Sinn, wenn man nicht versucht, das Feuer auf der anderen Seite zu löschen. Deshalb mein Appell an alle, die in diesem Land Verantwortung tragen: Nehmt den Brandstiftern endlich die Feuerzeuge und Brandbeschleuniger weg - und setzt Euch aktiv und im Rahmen Eurer Möglichkeiten für einen AfD Parteiverbotsantrag ein."

"So viele Menschen hier zu sehen, macht Mut"

Sprecher Etienne Denk zog ein positives Fazit: "So viele Menschen unterschiedlichen Alters hier zu sehen, macht Mut. In Zeiten, in denen sich Krisen und schreckliche Nachrichten überschlagen, kann man leicht in eine Schockstarre verfallen, oder resignieren. Doch die Zivilgesellschaft hat verstanden, unsere Demokratie ist zu wertvoll, um sie nicht mit allen Mittel zu schützen, die wir haben. Das schließt ein Verbotsverfahren einer verfassungsfeindlichen Partei wie der AfD ein." 

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Zur Teilnahme an der Demonstration hatten im Vorfeld zahlreiche Initiativen und Organisationen aufgerufen, darunter DGB-Jugend München, die Initiative #ichbinarmutsbetroffen München und die Kampagne Offen!. Bundesweit fanden zahlreiche Demonstrationen unter anderem in Berlin, Hildesheim, Freiburg und Essen, aber auch in kleinen Städten wie Hofheim am Taunus statt.

Eine Demonstrantin hält ein Plakat mit der Aufschrift "AFD verbieten!"
Eine Demonstrantin hält ein Plakat mit der Aufschrift "AFD verbieten!" © Tobias Hase/dpa

Die Organisatoren fordern die Bundesregierung auf, umgehend ein Verbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufte die AfD Anfang Mai zur "gesichert rechtsextremistischen Bestrebung" hoch. Dagegen setzt sich die Partei mit einem Eilantrag zur Wehr. Bis zu einer Entscheidung des zuständigen Verwaltungsgerichts Köln legt der Inlandsgeheimdienst die neue Einstufung auf Eis und führt die AfD daher erst einmal weiter nur als sogenannten Verdachtsfall.

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