Vorsicht: Gift im Spielzeug

MÜNCHEN - Eine Mütter-Initiative warnt vor Schwermetallen, Weichmachern und anderen Chemikalien in Spielzeugen - manche der Schadstoffe stehen sogar in dem Verdacht, Krebs zu erregen.
Teddy Nepomuk sieht schon ziemlich mitgenommen aus: „Er gehört meinen Nichten“, sagt Trudel Meier-Staude. Die Tante lässt die Lieblingsstofftiere von Zoe (6) und Lola (5) auf Schadstoffe testen. Die Untersuchung geht gut aus: Nepomuk ist gesund. Er enthält keine Giftstoffe. Bei vielen anderen Spielsachen ist das anders. Die jüngsten Skandale beunruhigen Eltern und Großeltern.
Wolfgang Döring ist Diplom-Biologe, und er untersucht auf dem Marienplatz Spielzeuge aller Art auf Schadstoffe. Die Veranstalter der Aktion, „WECF“ (Women in Europe for a Common Future), warnen vor Schadstoffen wie beispielsweise Formaldehyd, das häufig in Holzspielzeug enthalten sei. Mit ihrer Aktion „Spielverderber“ wollen sie Verbraucher sensibilisieren.
Mitte Dezember, zum Höhepunkt des Weihnachtsgeschäfts, entscheidet das Europäische Parlament über die neue EU-Spielzeugrichtlinie. Die soll verschärft werden, nachdem vergangenes Jahr mehrere Fälle von chemisch belastetem Spielzeug aus China bekannt geworden waren. Der Hersteller Mattel musste 2007 Spielzeug zurückziehen, das mit bleihaltiger Farbe lackiert war. Die Novelle sieht das völlige Verbot von Schwermetallen wie Blei oder Kadmium vor, das unter anderm in Puppen vorkommt. Auch allergene Duftstoffe sollen verboten werden.
Den Aktivisten auf dem Marienplatz geht die Verschärfung nicht weit genug. So genannte Sentiziser, Duftstoffe, die zu den allergenen Duftstoffen gehören, würden nicht berücksichtigt. Zwar werde die Anzahl der verbotenen Stoffe von 38 auf 64 erhöht, Spuren davon seien jedoch immer noch erlaubt.
Viele kritische Inhaltsstoffe könnte man durch unschädliche ersetzen
„Der Vorschlag zur neuen Richtlinie ist eine Katastrophe.“ sagt eine Sprecherin der Initiative: „Sämtliche gefährlichen Chemikalien müssen aus dem Verkehr gezogen werden. Weichmacher, Flammschutz und allergene Duftstoffe sollen verboten werden.“ Für die meisten Substanzen gebe es unschädlichen Ersatz.
„Von den Schadstoffen, die im Spielzeug enthalten sind, fällt keiner sofort tot um“, sagt Experte Döring. „Allerdings wirken die Stoffe längerfristig.“ Auf dem Marienplatz testet er das Spielzeug, so auch ein Holzpuzzle: „Das gibt’s in jedem Supermarkt.“ In einer Messkammer weist er an den Teilen Formaldehyd nach. Formaldehyd ist Bestandteil von Leim und wird von der Weltgesundheitsorganisation WHO als krebserregend eingestuft.
Mutter Magdalena Black ist mit ihrer drei Jahre alten Tochter Coral auf dem Marienplatz: „Ich schaue darauf, dass Spielzeug keine Schadstoffe enthält.“ Allerdings ist das gar nicht so einfach. Die Verbraucherzentrale Bayern warnt vor PVC. Dieses, oft verwendet in „Weichgummi“, enthält so genannte Phthalate: Weichmacher, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Ebenso in der Kritik steht das Bindemittel Perfluoroctansäure, das in Stofftieren nachgewiesen wurde.
Die Mütter-Initiative sorgt sich generell um Chemikalien, deren Wirkung unklar ist. Beispiel: bromierter Flammschutz. Niemand wisse, wie viel von dem Stoff im Spielzeug ist, sagt eine Aktivistin auf dem Marienplatz.
Francesca Matthey