Uli Hoeneß im Alten Botanischen Garten: Nicht länger "ein Schandfleck für unsere Stadt"
Eigentlich ist längst schon von allen alles gesagt, und das mehrfach, aber einen Uli Hoeneß in Plauderlaune sollte man als Reporter natürlich nicht auslassen. Hören wir also ruhig nochmal rein in das gefühlt 17. Interview an diesem Samstagmittag, und da sagt der Bayern-Boss in eins der vielen Mikrofone vor ihm gerade den schönen Satz "Wir haben beschlossen, vernünftige Dinge zu machen."
Na, davon wollen wir doch mal stark ausgehen, schließlich hat er mit Oberbürgermeister Dieter Reiter, Polizeipräsident Thomas Hampel und Andreas Voelmle von der Dominik-Brunner-Stiftung gerade die neuen Sportangebote im Alten Botanischen Garten und am Karl-Stützel-Platz sowie das Fußballturnier "Ein Raum für alle" eröffnet. Um aus dem Park, der jahrelang ein Kriminalitätsschwerpunkt war, wieder einen für die Bürger lebenswerten öffentlichen Raum werden zu lassen. Was anders als vernünftig sollte das wohl sein?
Uli Hoeneß: "Ein Schandfleck für unsere Stadt"
Doch der Hoeneß-Satz ist völlig aus dem Zusammenhang gerissen, wie sich gleich herausstellt. Der Ober-Bayer spricht nämlich gerade über Fußball, über Nick Woltemade und die linke Seite seines FC Bayern, also über mögliche und eher unmögliche Transfers des Rekordmeisters. "Leao war nie ein Thema", sagt er noch, aber das hat nun wirklich nichts mehr mit dem Alten Botanischen Garten zu tun.
Die vier unter Denkmalschutz stehenden, Anfang des 19. Jahrhunderts vom Landschaftsarchitekten Friedrich Ludwig von Skell angelegten Hektar sollen nicht länger "ein Schandfleck für unsere Stadt" sein, sagt Hoeneß, "wir wollen, dass unsere wunderschöne Stadt wieder davon profitiert".
Alter Botanischer Garten: ein friedliches Miteinander
Was vor ein paar Monaten noch wie ein frommer Wunsch klang, scheint nun tatsächlich durchaus im Bereich des Möglichen zu liegen: ein friedliches Miteinander im öffentlichen Raum, in einer Grünanlage voll dekorativ blühender Flora, wo sich in der einen Ecke eine bunt gemischte Yoga-Runde dehnt und reckt, ein paar Meter weiter eine Gruppe Jugendlicher mit dicken Rucksäcken in der Wiese flackt, die offenbar vom nahen Hauptbahnhof zum Chillen rübergekommen ist und die Kicker auf dem Kunstrasenplatz nebenan anfeuert, während vorne zum Luisen-Gymnasium hin Streetball gespielt und Skateboard gefahren wird. Ein Hauch von Central Park, und das mitten in der Ex-Schmuddelecke – wer hätte das gedacht?

Dieter Reiter: "Ich lobe meine Verwaltung ja wirklich nicht jeden Tag"
Wie’s kommt? Da lassen wir gern den Oberbürgermeister zu Wort kommen: "Ich lobe meine Verwaltung ja wirklich nicht jeden Tag", sagt Dieter Reiter, "aber man sieht, was möglich ist, wenn alle an einem Strang ziehen." Und fügt an: "Das ist jetzt eher der neue Botanische Garten – mit dem alten hat das nicht mehr viel zu tun. Wir haben ein Stück München zurückgewonnen. Sensationell, was ihr da auf die Beine gestellt habt!"
Mit "ihr" darf sich eine Taskforce bestehend vor allem aus KVR und Polizeipräsidium gemeint fühlen. Seit Mai 2024 hat sie an einer Verbesserung der desaströsen Situation gearbeitet, ämterübergreifend, was leider nicht die Regel ist. Wie also legt man einen Sumpf aus Drogen-, Sexual- und Gewaltdelikten trocken?
Polizeipräsident Thomas Hampel nennt da zuvorderst die vier B: Bebauung, Beleuchtung, Bewuchs und Belebung.
OB Dieter Reiter: "Wir werden weiter machen müssen"
Neben den neuen Sportangeboten wurde für eine bessere Beleuchtung sowie Videoüberwachung gesorgt, Bäume wurden zurückgeschnitten, um mehr Licht in den Park zu bekommen, und um den anständigen Münchnern die Angst vor den weniger anständigen Bürgern zu nehmen, legte die beinahe omnipräsente Polizei eine hohe Kontrolldichte an den Tag. Der neue Alte Botanische Garten ist nun eine Messerverbotszone, wie auf einem gelben Hinweisschild am Neptunbrunnen zu sehen ist.

Ein Kiosk und WCs sind geplant, Sozialarbeiter des Vereins Condrobs sollen für Jugendliche täglich als Ansprechpartner da sein, kostenlose Zivilcourage-Seminare für Lehrer und Schüler angeboten werden. Seit Januar gelte im Park zudem ein Alkohol- und Cannabis-Verbot, sagt der Polizeipräsident: "Hier waren schon sehr viele mit 24,9 Gramm unterwegs …" Bis Januar war der Besitz von 25 Gramm Cannabis legal.
Zu wirklich jedem Bürger scheinen die neuen Regeln allerdings noch nicht durchgedrungen zu sein: Hoeneß, Reiter & Co. haben ihre Statements noch nicht final abgeschlossen, als ein junger Bursche in Baggy-Jeans mit einer Palette Dosenbier im Arm tiefenentspannt mitten durch die Festgesellschaft marschiert, sich im Schatten auf einer Parkbank einrichtet und das erste Bier zischen lässt. Wie sagte der Oberbürgermeister: "Wir werden weiter machen müssen." Aber der Anfang ist gemacht. Gut so.
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