Vom Sackleinen zum Edelmöbelhaus: Böhmler im Tal feiert 150-Jähriges

Das Familienunternehmen Böhmler im der Altstadt gibt es schon seit 1875. Welche Promis in dem Traditionshaus ein- und ausgegangen sind, wer heute die Chefs sind – und wie sich das Haus über die Jahrzehnte gewandelt hat.
von  Nina Job
Thomas Böhmler (60) und sein Neffe Matthias Böhmler (39) führen das Einrichtungshaus im Tal in der vierten und fünften Generation. Das riesige Sofa, auf dem die beiden sitzen  – und von dem auf dem Bild nur etwa ein Fünftel zu sehen ist – kostet über 30.000 Euro.
Thomas Böhmler (60) und sein Neffe Matthias Böhmler (39) führen das Einrichtungshaus im Tal in der vierten und fünften Generation. Das riesige Sofa, auf dem die beiden sitzen – und von dem auf dem Bild nur etwa ein Fünftel zu sehen ist – kostet über 30.000 Euro. © Hannes Magerstädt

In der Fußbodenabteilung tanzte einst Marika Rökk, die legendäre Schauspielerin und Sängerin. Sie testete die Tanztauglichkeit der verschiedenen Linoleumböden. Jopi Heesters bestellte sich eine maßgeschneiderte Küche für sein Haus in Starnberg und Heidi Klum nahm beim Böhmler eine limitierte Edel-Vase mit. Damit flog sie nach Dubai und schickte von sich und dem dick verpackten Stück Fotos in die Welt - also in die sozialen Medien.

Der Name des Firmengründers steht wie eh und je an der Fassade: 1875 gründete Johann Georg Böhmler das Unternehmen.
Der Name des Firmengründers steht wie eh und je an der Fassade: 1875 gründete Johann Georg Böhmler das Unternehmen. © Böhmler
Erst auf den zweiten Blick zu erkennen: In der Eingangshalle bilden USM-Haller-Büromöbel die Zahl 150.
Erst auf den zweiten Blick zu erkennen: In der Eingangshalle bilden USM-Haller-Büromöbel die Zahl 150. © Hannes Magerstädt

Viele Promis und noch viel mehr Nicht-Promis waren in den vergangenen Jahrzehnten Kunden bei Böhmler im Tal. Das Einrichtungshaus ist jedem Münchner ein Begriff - und auch weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. In diesem Jahr feiert das Einrichtungshaus 150-jähriges Jubiläum.

Am Freitag haben die Geschäftsführer Thomas und Matthias Böhmler und Anna Weber mit ihren rund 200 Mitarbeitern, außerdem Ehemaligen, Lieferanten und Kunden sich und ihre gemeinsame Geschichte hochleben lassen. Beim großen Fest im Kunstkraftwerk trat Hajo von Hadeln mit seiner Band auf, auch Günther Sigl von der Spider Murphy Gang sang.

„Gefeiert haben wir immer schon viel. Auch wenn die Zeiten nicht immer rosig waren“, sagt Thomas Böhmler (60).

Er ist der Urenkel des Firmengründers Johann Georg Böhmler. Mit seinem Neffen Matthias Böhmler (39) führt er heute das Familienunternehmen in der vierten und fünften Generation. Und obwohl der Urgroßvater einst bestimmt hatte, dass nur Söhne Geschäftsführer werden sollen, ist mittlerweile auch eine Frau in die Chefetage einzogen: Anna Weber (34). Ihr Vater war bei Böhmler auch schon Geschäftsführer.

Die Geschäftsführer Matthias Böhmler und Anna Weber. Sie ist die erste Frau in der Chefetage.
Die Geschäftsführer Matthias Böhmler und Anna Weber. Sie ist die erste Frau in der Chefetage. © Böhmler

Anna Weber ist Chefin einer eigenständigen Firma und zuständig für die Büro- und Objekteinrichtung im ganzen Unternehmen.


Die Geschichte des Hauses ist eng verwoben mit der Geschichte der Stadt - und auch mit der Stadtentwicklung. „Wenn ich durch München fahre, erzähle ich immer: Das haben wir gemacht - und das - und das!“, erzählt Thomas Böhmler beim AZ-Besuch. „Meine Frau kann es schon nicht mehr hören.“

Das olympische Dorf, der BMW-Zylinder am Mittleren Ring, die Allianz Arena, die Highlight Towers, das ADAC-Hochhaus oder auch die Rheingoldbar in der Staatsoper - alles Gebäude, die Böhmler ausgestattet hat: von den Böden bis zur Inneneinrichtung. Kürzlich gab’s für ein Parkett-Projekt in den Fünf Höfen den Preis für das „Bodenprojekt des Jahres“. Der größte Auftrag, den das Familienunternehmen je hatte? „Das war ein Riesenprojekt in Abu Dhabi“, erzählt Thomas Böhmler.

„Für Dein Heim, geh stets zu Böhmler“: Werbung aus den 1950er Jahren.
„Für Dein Heim, geh stets zu Böhmler“: Werbung aus den 1950er Jahren. © Böhmler
Wohntraum aus den 1950er Jahren.
Wohntraum aus den 1950er Jahren. © Böhmler


Angefangen hatte alles damit, dass sein Urgroßvater Johann Georg Böhmler aus der Nähe von Esslingen nach München zog. Er machte eine Ausbildung zum Handlungsbuchhalter und fand eine Anstellung in einem Federbetten- und Möbelgeschäft in der Altstadt. Dort verliebte er sich in Katharina Maerz, die neun Jahre jüngere Tochter des Hauses.

Die beiden heirateten und eröffneten mit ihrer Mitgift von 1800 Talern in der Herrnstraße einen Laden für Drell, Sackleinen und Seile. Wenig später eröffneten sie im „Thal“ ihren „Münchner Möbelbazar“. Nach mehreren Umzügen kaufte Böhmler 1884 den „Hammerthaler Hof“ im Tal. Das Gebäude ließ er abreißen und ein neues bauen. An dieser Stelle ist bis heute der Sitz des Münchner Traditionsunternehmens.


Als ab den 80ern die Konkurrenz mit Billig-Möbelhäusern zu groß wurde, wandelte sich das Familienunternehmen zum hochpreisigen Einrichtungshaus mit exklusiven Designermarken. Heute gehört Böhmler zu den führenden deutschen Inneneinrichtern, der alles aus einer Hand bietet: von Designer-Möbeln bis zum kompletten Innenausbau mit Licht und Akustiksystem. „Unser Hauptgeschäft ist die Planung und Realisierung ganzer Räume und Häuser exklusive Marken“, sagt Thomas Böhmler. „Unsere Strahlkraft ist immer noch da. Unsere Kunden kommen sogar aus Florida.“

Und wie ist er selbst zu Hause eingerichtet? „Modern, gradlinig, nüchtern“, sagt Thomas Böhmler. Die Einrichtung stammt, freilich, vom Böhmler. Im Tal.


Mehr zur Geschichte von Böhmler im Tal : 

Bis Anfang der 1980er ist's eher preiswert im Möbelhaus 

Alles beginnt mit einer Liebesgeschichte: Johann Georg Böhmler verliebt sich in Katharina Maerz, die Tochter eines Münchner Federbetten- und Möbelhändlers. Nach der Hochzeit meldet der 28-Jährige am 18. Mai 1875 ein Gewerbe für „Rohproduktenhandel“ an. Im Haus der Schwiegereltern in der Herrnstraße eröffnet er das erste Geschäft mit Stoffen und Seilen. Da es schon nach wenigen Monaten zu klein wird, zieht Böhmler um ins Tal, bietet nun auch Teppiche, Vorhänge und Möbelstoffe an.

Böhmler wird bald zum Hoflieferanten, lässt in der Klenzestraße eine Möbelfabrik bauen. 1894 kauft er das Grundstück, auf dem seither das Stammhaus steht. 1897 eröffnet Böhmler hier das modernste Geschäft der Stadt. Auch Prinzregent Luitpold schaut vorbei. 1927 stirbt der Firmenchef, Sohn Georg übernimmt. Im Zweiten Weltkrieg wird das Haus zerstört. 1955 eröffnet die Böhmler-Passage: damals eine Sensation.

Nach dem Tod von Georg Böhmler übernehmen 1976 seine Söhne Alfred, Fritz und Georg. Das Sortiment bleibt bis in die 80er Jahre eher preiswert. 1993 rückt die vierte Generation nach: die Cousins Georg, Stephan, Thomas. In den 2000er Jahren eröffnet Böhmler Standorte in Nürnberg, Stuttgart und Frankfurt. 2022 rückt Matthias Böhmler in die Geschäftsführung auf.


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