Verschenkte Millionen

Weil in den Finanzämtern Personal fehlt, entgeht dem Fiskus in Bayern bis zu einer Milliarde Euro im Jahr. München verzichtet auf 24 Millionen. Gewerkschaft und SPD fordern mehr Steuerprüfer
von  Abendzeitung
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MÜNCHEN - Weil in den Finanzämtern Personal fehlt, entgeht dem Fiskus in Bayern bis zu einer Milliarde Euro im Jahr. München verzichtet auf 24 Millionen. Gewerkschaft und SPD fordern mehr Steuerprüfer

Land und Kommunen lassen sich pro Jahr bis zu einer Milliarde Euro durch die Lappen gehen – Geld, das Bayerns Fiskus zusteht, er aber nicht eintreibt, weil es an Personal mangelt. Das kritisieren die Gewerkschaft Verdi und die Landtags-SPD.

Nach Berechnungen von Verdi-Chef Josef Falbisoner verzichtet der Freistaat jährlich auf 683 Millionen Euro. Nach Angaben des SPD-Haushaltssprechers Volkmar Halbleib führt der Mangel an Steuerprüfern sogar „pro Jahr zu Steuerausfällen in Höhe von einer Milliarde Euro“.

Eine Arbeitsgruppe der Länder habe laut Falbisoner festgestellt, dass in Bayern 1232 Prüfer fehlen. „Und das ist aus meiner Sicht noch konservativ gerechnet, wir schätzen die Zahl deutlich höher“, so der Gewerkschafts-Vertreter. In den vergangenen drei Jahren sei die Zahl der Steuerprüfer von 3228 auf 3041 gesunken. „Das ist nicht hinnehmbar“, so Falbisoner – und hat sich deswegen am Freitag mit Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) getroffen. Der erklärte, dass derzeit pro Jahr 250 neue Stellen in der Steuerverwaltung geschaffen würden.

Die Überprüfung der Großbetriebe ist im Freistaat laut Ministerium lückenlos. Aber bei Kleinunternehmern werden offensichtlich Millionen verschenkt. Klein- und Kleinstbetriebe würden „über Jahrzehnte nicht“ geprüft, so Verdi-Chef Falbisoner.

Das zeigt das Beispiel München: Hier hat der Oberste Bayerische Rechnungshof die Arbeit der Steuerprüfer für die Jahre 2000 bis 2006 kontrolliert. Das Ergebnis: Die Prüfer kommen mit der Arbeit nicht nach, geschätzte 24 Millionen Euro pro Jahr werden deswegen nicht eingetrieben.

Denn Kleinunternehmer mit einem Umsatz von weniger als 160000 Euro müssen in Bayern statistisch gesehen nur alle 230 Jahre eine Kontrolle fürchten, Mittelständler mit bis zu 6,9 Millionen Euro Umsatz werden im Schnitt nur alle 15 Jahre geprüft.

Die Kleinen lässt man laufen, die Großen hängen drin: „90 Prozent der Mehrergebnisse erzielt die Münchner Betriebsprüfung bei Groß- und Größtbetrieben“, erklärt ein Ministeriums-Sprecher. Außer den Großunternehmen zahlen vor allem die Arbeitnehmer – bei ihnen wird die Steuer automatisch einbehalten: „Es kann nicht sein, dass ehrliche Arbeitnehmer zunehmend zum Alleinunterhalter des Staats werden. Wir brauchen mehr Steuergerechtigkeit“, fordert SPD-Politiker Halbleib.

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