Verlobter gegen Tierfreundin

Im Stimmkreis 103 treten die SPD-Landtagskandidatin Adelheid Rupp und der CSU-Politiker Andreas Lorenz gegeneinander an. 127 141 Wahlberechtigte dürfen ihr Kreuzerl machen.
von  Abendzeitung

GIESING - Im Stimmkreis 103 treten die SPD-Landtagskandidatin Adelheid Rupp und der CSU-Politiker Andreas Lorenz gegeneinander an. 127 141 Wahlberechtigte dürfen ihr Kreuzerl machen.

Viel Zeit, seine direkt bevorstehende Hochzeit zu planen, hatte Andreas Lorenz (37) in den vergangenen Wochen nicht. Der Wahlkampf ging vor. Seine Verlobte sähe es ihm nach, erzählt der CSU-Kandidat. „Sie wusste ja, worauf sie sich einlässt.“

Und worauf lassen sich die Wähler ein, die am 28. September „Ja“ zu Lorenz sagen? „Ich will im Landtag meine wirtschaftliche Kompetenz einbringen“, erklärt der selbstständige Unternehmensberater. Das sind für ihn die zentralen Themen: Wirtschaft. Finanzen. Bildung. „Bayern ist da im Ländervergleich überall vorn. Aber nichts ist so gut, dass man es nicht noch besser machen könnte.“

Zwölf Jahre lang war Lorenz Stadtrat. Um sich auf den Landtagswahlkampf konzentrieren zu können, verzichtete er auf eine weitere Kandidatur. Im Stimmkreis München-Giesing trifft er auf eine SPD-Kandidatin, die programmatisch meilenweit von ihm entfernt ist. Adelheid Rupp (50), bekennende linke SPDlerin.

"Viele Leute haben Angst, sich München nicht mehr leisten zu können."

„Für mich ist das wichtigste Thema Arbeit“, sagt sie. Ein Mindestlohn von 7,50 Euro sei in München ein prima Einstieg, reiche aber nicht aus. „Wer Vollzeit arbeitet, soll davon gut leben können“, fordert Rupp. In Gesprächen würde sie merken: „Viele Leute haben Angst, sich München nicht mehr leisten zu können.“

Gerade im Stimmkreis 103 mit seinen 127 141 Wahlberechtigten haben soziale Themen große Brisanz. Denn hier ist das Gefälle besonders groß. Das ärmere Giesing gehört dazu, genauso wie das reiche Harlaching und Solln. „Ich liebe diesen Stimmkreis“, schwärmt Rupp. Er habe etwas typisch Münchnerisches. „Viel Natur. Schöne Biergärten. Aber er ist nicht so glatt. Keine Puppenstube.“

An kaum einem Punkt wird der Unterschied zwischen den beiden Landtagskandidaten deutlicher als beim Streitthema Moschee. Ein repräsentatives Gotteshaus am Gotzinger Platz müsse sein, findet Rupp, die stellvertretende Landesvorsitzende der Bayern-SPD ist. „Das gehört zu einer Weltstadt dazu. München ist schließlich keine Provinz.“

Andreas Lorenz kann sich für die aktuelle Planung dagegen überhaupt nicht begeistern. „Ich finde die Moschee weiterhin zu groß“, kritisiert er. 41 Meter hohe Minarette – das sei natürlich zu hoch. Wenn es nach ihm ginge, gäbe es lediglich „ein kleines, stilisiertes Minarett.“

Noch eineinhalb Wochen, dann wird angestimmt. Danach haben die Wahlkämpfer Rupp und Lorenz wieder ein wenig mehr Zeit. Die eine für ihr Pferd Korbinian und den Hund Paul. Der andere, um in Windeseile noch seine standesamtliche Trauung zu organisieren.

Schwarz-grüne Familien-Koalition

Ausgerechnet eine Tochter der Landtagsvizepräsidentin Barbara Stamm (CSU) kandidiert im Stimmkreis Giesing für die Grünen: Claudia Stamm, 38 Jahre alt. "Meine Mutter ist in einer Partei, mit der ich überhaupt nichts anfangen kann“, sagte die Redakteurin im AZ-Interview. „Deswegen kann ich trotzdem stolz auf sie sein, wenn man ihren Lebenslauf anschaut – wie sie es geschafft hat, sich in dieser Männerpartei zu behaupten.“ Claudia Stamm will sich für den Ausbau von Kitas einsetzen. „Ich stehe für gelebte Gleichstellung.“ Als Mutter zweier Kinder erlebe sie ständig, wie schwierig es sei, Beruf und Familie zu vereinbaren.

Julia Lenders

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.