Verkehr in München: Fleckerlteppich Mittlerer Ring
München - Reine Luft, verträumte Stille und eine idyllische Aussicht – all das hat der Ortskern von Ramersdorf nicht. Eingequetscht zwischen Autobahn, Rosenheimer Straße und Innsbrucker Ring erstickt die alte Dorfmitte um die Wallfahrtskirche Maria Ramersdorf in Lärm und Staub. Und die Aussicht ist trüb: Genau hier droht die schlimmste Staufalle am Mittleren Ring.
Dabei ist das Gebiet um den Ramersdorfer Ortskern ein Schatz. Das sieht man aus der Luft. Hier eine Wiese, da ein Stück unbebaute Fläche, dort liegt was brach. Was man da alles Schönes machen könnte. Aber der Verkehr, der Lärm, der Dreck, die miese Aussicht.
Das ärgert Michael Piazolo. Der Münchner Professor und Generalsekretär der Freien Wähler (FW) schimpft: „Der Innsbrucker Ring ist nur eine Stelle, an der man sieht, dass die Probleme sich nur verschieben, wenn man immer nur Ausschnitte anschaut und nicht das Ganze.“
Mitte der 90er-Jahre stimmten die Münchner dafür, den Richard-Strauss-Tunnel zu bauen, weil der Verkehr hier stockte. 2009 war der Tunnel fertig. Und jetzt stockt der Verkehr halt ein Stückerl weiter auf dem Innsbrucker Ring.
„Die Hälfte aller Staus werden sich künftig auf den Innsbrucker Ring konzentrieren“, sagt der Verkehrsplaner Martin Vieregg. Das zeige eine Prognose des Stadtplanungsamts (siehe Abbildung rechts). Das könne man verhindern. Und man könne auch verhindern, dass sich die Probleme wieder verschieben. Wenn man sich gleich mehrere kritische Stellen auf dem Mittleren Ring anschaut.
Deshalb hat Vieregg im Auftrag von Michael Piazolo eine Studie zum kreuzungsfreien Ausbau des Mittleren Rings angefertigt, die gleich sechs problematische Zonen betrachtet. Die vorgeschlagenen Projekte würden insgesamt etwa eine Milliarde Euro kosten, schätzt Martin Vieregg.
Doch die Kosten seien wesentlich höher, wenn man sich immer nur von Projekt zu Projekt hangle und dann nachbessern müsse. Die AZ fasst die wichtigsten Vorschläge zu den sechs Abschnitten zusammen.
Innsbrucker Ring
Einen durchgehenden Tunnel brauche es hier nicht, weil bereits andere Maßnahmen für Lärmschutz sorgen. Deshalb lautet der Vorschlag hier: Mehrere kurze Tunnel kombiniert mit Trog-Abschnitten, also Strecken, die nicht komplett eingetunnelt sind, aber abgesenkt und mit Lärmschutzelementen versehen werden. Die Ampelkreuzung an der Rosenheimer Straße soll verkleinert werden. Und von der A 8 soll es künftig ohne Ampel auf den Ring Richtung Norden gehen. Insgesamt werden für alles 200 Millionen Euro veranschlagt.
Englischer Garten
Seit Jahren wird debattiert, das Ring-Stück hier zu untertunneln. Das wäre sehr teuer. Deshalb schlägt Martin Vieregg eine Landschaftsbrücke vor: Das ist ein Tunnel, der auf Bodenhöhe angelegt und dann mit einem Hügel bedeckt wird (siehe unten). „Das kostet nur ein Drittel der anderen Variante“, sagt er. Auch die Bauzeit wäre deutlich kürzer.
In einer Machbarkeitsstudie hat die Stadt bereits eine Tunnelvariante angedacht – doch die ist extrem teuer. 1040 Meter Tunnel würden gut eine halbe Milliarde Euro kosten. Martin Vieregg sagt: „Wir haben zwei Varianten für die nördliche und vier Varianten für die südliche Landshuter Allee ausgearbeitet, bei der der bestehende Tunnel weiterhin genutzt wird. Hier würden die Kosten bloß bei 200 bis 300 Millionen Euro liegen. Der Verkehrsfluss würde aber genauso gefördert.
Candidstraße
Die Brücke an dieser Stelle wird voraussichtlich 2030 baufällig und muss ohnehin erneuert werden. Deshalb soll sie gleich ersetzt werden. Vieregg schlägt vor, den Candidtunnel weiterhin zu nutzen. Das gehe, wenn man vom Isar-Hochufer bis zur Westseite des Auer Mühlbachs eine im Gefälle liegende Brücke baut. Die Pilgersheimer Straße könnte dann im Tunnel unterfahren werden. Der Tunnel von der Pilgersheimer bis zur Gerhardstraße wäre gut 500 Meter lang. Die Kosten würden bei etwa 100 Millionen Euro liegen.
Tegernseer Landstraße
Hier lähmen überkreuzte Spurwechsel den Verkehr: Weil sich die Autos beim Wechsel zwischen Tegernseer Landstraße und McGraw-Graben in die Quere kommen. Deshalb schlägt Vieregg hier einen Tunnel vor, der wie bisher acht Spuren hat, auf dem sich die Einfädler aber nicht mehr kreuzen. Das sei für rund 200 Millionen Euro umsetzbar.
Chiemgaustraße
An dieser Stelle kommt noch der parallele Verkehr in der Ständlerstraße dazu. Ein klassischer Tunnel mit vier Spuren sei kaum umsetzbar, sagt Vieregg. Die Lösung sei ein doppelstöckiger Tunnel, bei dem die gegensätzlichen Fahrbahnen je zweispurig übereinander verlaufen würden. In Deutschland gebe es so etwas noch nicht, im Ausland aber bereits vielerorts. Kosten: rund 200 Millionen Euro.