US-Wahlparty im Maximilianeum: Trump-Schock in München - "Jetzt wird die Angst konkret"

Im Münchner Landtag verfolgten in Bayern lebende US-Amerikaner die Wahlnacht in ihrem Heimatland - als sich die trump'sche Sensation abzeichnete, herrschten gespenstische Stille und Fassungslosigkeit. Die AZ war dabei.
Anja Perkuhn |
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Stilleben im Bayerischen Landtag: Popcorn am Boden
ape Stilleben im Bayerischen Landtag: Popcorn am Boden

Im Münchner Landtag verfolgten in Bayern lebende US-Amerikaner die Wahlnacht in ihrem Heimatland - als sich die trump'sche Sensation abzeichnete, herrschten gespenstische Stille und Fassungslosigkeit. Die AZ war dabei.

Am Ende legte ein Kerl im karierten Hemd einen Schalter um und es wurde sehr hell im Saal, ganz so, als wäre er ein verlegener Gastgeber, der die Party jetzt mit drastischen Mitteln beenden muss, weil sie eskaliert ist. Dabei hatte sich niemand danebenbenommen auf der US-Wahlparty im Maximilianeum - eher im Gegenteil: Es war beinahe totenstill, als kurz nach halb 5 die Lichter angingen.

Das aufgeregte Murmeln, das geschäftige Tuscheln, das nervöse Kichern der vergangenen Stunden: vorbei. Auf dem Boden kleine US-Flaggen, halbzerknüllt, und einige Häuflein Popcorn, das unter den Augen des Königs von Bayern an der Wand frisch zubereitet worden war - Popcorn auf dem Boden sieht je nach Kontext ja immer nach ausgelassener Feier aus oder tieftraurig.

Die Präsidentschaftswahl zum Nachlesen im Liveticker

 

Wie wird eine Welt aussehen, in der Donald Trump US-Präsident ist?

"Ich habe schon die ganze Zeit Angst gehabt", sagt eine junge Frau, auf deren Shirt gleich neun US-Flaggen glitzern, "aber das waren allgemeine Befürchtungen. Jetzt wird die Angst konkret." Die Angst, erzählt Angela, die schon lange in München lebt aber noch in Ohio wählen darf, wie eine Welt aussehen wird, in der Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist. "Das kann man natürlich schwer vorhersagen, was sich da ändern wird. Aber ich glaube nicht, dass Trump sich Gedanken gemacht hat, wie seine Präsidentschaft aussehen würde, was er da jeden Tag tun müsste." Man müsse auf jeden Fall befürchten, glaubt Angela, "dass er wirklich dumme Entscheidungen trifft."

Die stelzenbeinige grün angemalte Freiheitsstatue und Uncle Sam, die vor wenigen Stunden noch die mehr als 300 Gäste zum Aaah-en und Oooh-en gebracht haben, sind schon lange weg und auch alle anderen fröhlichen Dinge, die am Anfang des Abends noch suggerierten, es gehe in der Nacht zu Mittwoch ein bisschen um die Wahl, aber vor allem um das gemeinsame Feiern der amerikanischen Kultur.

Wer soll jetzt noch helfen? Foto: ape

Die US-Generalkonsulin Jennifer Gavito hatte eine Sonnenbrille mit Stars and Stripes aufgesetzt und Selfies mit sich machen lassen, ein paar Mädels sich mit den Philosophen-Büsten auf dem Treppenabsatz fotografiert, in einer Ecke gab es Pappfiguren von Hillary und Donald und nicht nur ein Mensch war an diesem Abend so einfallsreich, sich ablichten zu lassen mit der Hand auf dem Papp-Schritt des Republikaners.

Erst mal ein paar Schnäpse oder sowas trinken

Gegen zwei Uhr hörte selbst die junge, dunkelhaarige Frau mit der aus Pailletten geformten Aufforderung "Smile" auf ihrem Shirt auf, zu lächeln - als die Hochrechnungen zugunsten Trumps kippten. Kevin, der sich als modisches Statement einen FC-Bayern-Fanschal über die Schultern gelegt hat, will für das Foto von sich aber unbedingt lächeln, sagt er: "Ach was, Angst habe ich keine. Noch ist das Ergebnis ja gar nicht klar. Und wenn es dann da ist, dann kann man sich überlegen, was man tut."

Für eine weitere Anwesende ist das schon klar: "Sobald das Ergebnis offiziell ist, muss ich erstmal ein paar Nächte darüber schlafen", sagt die junge dunkelhäutige Frau. "Dann ein paar Schnäpse oder sowas trinken. Und dann wird sich schon alles einrenken, egal, welcher Kandidat ins Amt kommen wird. Es muss ja."

Das Restpopcorn knistert leise, als die letzten 20, 30 Wahl-Zuschauer über das Parkett im großen Saal des Maximilianeums schlurfen. Den Klang ihrer letzten Schritte verschluckt der rote Teppich auf der Freitreppe. Drei Pubertierende mit dicken Brillengestellen und feinen Stoffhosen überlegen, eine der großen Flaggen mitzunehmen, überlegen es sich dann aber anders und lassen sie halbzerknüllt auf einem Tisch liegen. Die Party ist wirklich vorbei.

AZ-Meinung: Mit dem Trump-Beben Richtung Zeitenwende

Jetzt ist es also tatsächlich passiert. Wer gehofft hatte, der Alptraum einer unwürdigen Schlammschlacht würde mit der Wahl des kleineren Übels enden, mit der Kür von Hillary Clinton zur US-Präsidentin, der wacht in einem noch viel schlimmeren Alptraum auf. Hier geht's zum AZ-Kommentar zum Wahlsieg von Donald Trump

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