Mutter und Sohn erwürgt: Prozess gegen Doppelmörder vom Ammersee beginnt

Vor dem Landgericht Augsburg hat der Prozess gegen Alain A. begonnen, der im Augsut 2016 seine frühere Lebensgefährtin und den gemeinsamen siebenjährigen Sohn erwürgte.
Eching - Vor dem Landgericht Augsburg hat gestern der Prozess gegen einen 52-jährigen Franzosen wegen Doppelmordes begonnen. Laut Anklage hat der Journalist Alain A. am 16. August vergangenen Jahres in Eching am Ammersee aus Eifersucht seine frühere Lebensgefährtin Anna V. (37) und den gemeinsamen, schlafenden Sohn (7) erwürgt.
Kurz vor der Tat hatte Anna V. dem Journalisten erklärt, dass sie mit ihrem neuen Freund (35), einem Münchner Feuerwehrmann, zusammenziehen werde. "Es war, als wenn sich etwas meiner bemächtigt hätte", sagte Alain A., der mit einer Dolmetscherin erschienen war, vor Gericht. "Das Ganze ging sehr schnell. Ich hatte keine Kontrolle. Da war etwas über mir", sagte er mit leiser, weinerlicher Stimme.
Mutter und Kind pendelten zwischen Oberbayern und Frankreich
Anna V., die ebenfalls als Journalistin arbeitete, hatte den 14 Jahre älteren Franzosen 2005 in Südfrankreich kennengelernt. "Sie verließ ihren damaligen Freund und kam zu mir. Wir arbeiteten und lebten zusammen", berichtete Alain A. Ihm gefiel ihre zurückhaltende Art: "Sie war anders als französische Frauen. Sie ist sehr ruhig, hübsch, liest gern, ist ernsthaft, nicht aufgeschminkt, trägt keinen Minirock, kein auffallendes Dekolletee", beschrieb er sie - als würde sie noch leben.
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Anna V. wurde schwanger, kurz vor der Geburt reiste sie zurück nach Deutschland, Anton kam in Starnberg zur Welt. In den darauffolgenden Jahren pendelten Mutter und Kind mehrmals zwischen Frankreich und Oberbayern."Von den siebeneinhalb Jahren, in denen mein Enkel gelebt hat, waren sie 27 Monate in Frankreich", sagte ihre Mutter (70), die zusammen mit Annas jüngerer Schwester Nebenklägerin ist.
Alain A. hielt regelmäßig Kontakt zu seinem Sohn in Deutschland. Beide telefonierten häufig über Skype. "Ich habe Anna immer noch geliebt. Ich hatte Hoffnung, eines Tages nach Deutschland zu kommen und mit ihr hier zu leben", sagte er. Zwischendurch fing er aber eine Beziehung mit seiner Deutschlehrerin in Frankreich an.
Anna V. hatte Vorahnungen
Annas Mutter und ihre jüngere Schwester beschrieben gestern vor Gericht, dass Anna V. Angst gehabt habe vor dem Vater ihres Sohnes. Er sei cholerisch gewesen, habe sie wegen Kleinigkeiten drangsaliert. "Sie hat mir von einer Drohnung berichtet. Sie hatte ziemliche Angst, dass er sie und das Kind umbringen würde, wenn sie zurück nach Deutschland ginge. Ich habe daraufhin bei einer Beratungsstelle angerufen", sagte die Mutter (70).
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Im August 2016 brachte Alain A. die 37-Jährige und den kleinen Anton nach einem kurzen Urlaub in der Bretagne mit dem Auto nach Eching. Kurz vor der Ankunft am Ammersee habe sie ihm von dem neuen Mann in ihrem Leben erzählt. "Ich war sehr traurig, ich habe gefragt, warum, sie mir das nicht vorher gesagt hat." Am Tag darauf sei sie zu ihrem neuen Freund gegangen und mit Knutschflecken am Hals zurückgekommen. Alain A.: "Das hat mich ziemlich angegriffen."
"Am Hals gepackt und zugedrückt"
Am Mordtag, dem 16. August, war Alain A. tagsüber mit seinem Sohn allein, sie arbeitete. "Ich habe immer mehr Dinge entdeckt, die mir sehr zugesetzt haben." Er spielte mit Anton Fußball und Minigolf. Der Bub habe zu ihm gesagt: "Mama sagt mir immer, ich muss dich anlügen." Er brachte sein Kind ins Bett. "Wir haben zusammen gebetet, dann ist er eingeschlafen."
Als Anna V. nach Hause kam, habe er mit ihr Antons Geburtstag im November planen wollen. Da soll Anna V. zu ihm gesagt haben: Wenn sie ihm gestatte, dass er kommt, müsse er in der Küche bleiben. Sie wolle Antons Geburtstag mit ihrem neuen Freund feiern. "Das hat in mir etwas ausgelöst, das ich gar nicht erklären kann", so Alain A. "Da habe ich sie am Hals gepackt und zugedrückt. Und dann habe ich das Gleiche mit Anton gemacht."
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Nach den beiden Morden trank Alain A. eine Flasche Whisky und schluckte etwa 12 Schlaftabletten. Mit einem Küchenmesser verletzte er sich an den Armen. "Ich war wie von Sinnen. Ich wollte sterben", sagte er vor Gericht. "Ich bin erst wieder zu mir gekommen, nachdem ich gespuckt hatte. Ich dachte nur: Wann hat der Albtraum ein Ende, wann kann ich sterben?", übersetzte die Dolmetscherin.
"In der Wohnung war überall Blut"
Am nächsten Tag, als Anna V. nicht zur Arbeit erschienen war, alarmierte eine besorgte Kollegin die Polizei. Ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich. Ein Polizist als Zeuge: "Wir sahen den Angeklagten blutend mit tiefen Schnittwunden in den Armbeugen. In der Wohnung war überall Blut. Er hat auf Englisch gesagt, dass er sie umgebracht hat, weil sie einen anderen Mann gehabt hat."
Auch der Mann, mit dem Anna V. ein neues Leben beginnen wollte, sagte vor Gericht aus. Sie hatte den Feuerwehrmann aus München übers Internet kennengelernt: "Mitte Oktober haben wir uns das erste Mal geschrieben. Für uns war sehr schnell klar, dass das passt mit uns", berichtete Kai G. (36). Sie erzählte ihm, dass die Beziehung zu Alain seit vier Jahren vorbei war. Und sie erzählte ihm, dass sie panische Angst vor ihm habe.
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"Er stresste immer rum, wenn er den Kleinen mal nicht sah. Wenn es mit dem Skypen mal nicht klappte, war immer sie schuld. Jedes Mal, wenn sie mit ihm telefonierte, hatte sie Weinkrämpfe." Anna V. habe zudem immer Angst gehabt, dass Alain A. seinen Sohn entführt. Kai G.: "Anna hatte kein Selbstwertgefühl mehr. Sie war 37 Jahre alt, aber sie durfte keine eigene Meinung haben, sie hat sich benommen wie eine 12-Jährige."
Neuer Lebensgefährte befürchtete Schlimmstes
Erst mit ihm sei sie allmählich selbstbewusster und fröhlicher geworden. Am 17. August 2016 fuhr Kai G. auf dem Weg zur Arbeit an ihrer Wohnung vorbei, klemmte ihr einen Zettel unter den Scheibenwischer. Schon den ganzen Tag hatte er ein mulmiges Gefühl gehabt. "Ich habe ihr geschrieben, dass ich ihr einen schönen Tag wünsche und dass ich sie liebe", sagte er zur AZ.
Er wünschte sich ein Kind von ihr. "Sie war schon schwanger von mir, aber sie hat es verloren." Als Kai G. den Zettel hinterließ, hatte er keine Ahnung, dass die Frau seines Lebens bereits seit Stunden tot im Kinderzimmer lag, neben ihrem Leichnam lag ihr ebenfalls ermordeter kleiner Sohn. Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt.