Stationäre Grenzkontrollen wegen illegaler Flüchtlinge: Im Freistaat Bayern regt sich Widerstand

Kritiker halten die Schleierfahndung für die wirksamere Methode – und sprechen sich gegen stationäre Grenzkontrollen an der bayerischen Grenze aus.
Ralf Müller |
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Bitte stehenbleiben und rechts ranfahren: ein deutscher Polizist an einem der Grenzübergänge zu Polen.
Bitte stehenbleiben und rechts ranfahren: ein deutscher Polizist an einem der Grenzübergänge zu Polen. © picture alliance / Sven Hoppe/dpa

München - Zusätzliche stationäre Grenzkontrollen? Dieser Vorstoß hat bei weitem nicht nur Befürworter – auch nicht in Bayern. Der Präsident der Paneuropa-Union Deutschland und frühere CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt erinnerte an die Zusage von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), an der Grenze zur Tschechischen Republik weiterhin keine stationären Grenzkontrollen zu errichten. Bei dieser unter anderem auf dem Sudetendeutschen Tag abgegebenen Zusicherung von Bayerns Regierungschef sei es bisher "trotz massiven Drucks" geblieben, sagte Posselt der AZ.

Posselt und die Paneuropa-Union kritisieren seit Jahren die festen Grenzkontrollen an drei Autobahn-Grenzübergängen von Bayern nach Österreich als Verstoß gegen das Schengener Abkommen über die Freizügigkeit in der Europäischen Union. Posselt, der als Vorsitzender der Union der Vertriebenen auch dem CSU-Parteivorstand angehört, spricht von "Symbolpolitik", die noch dazu "völlig ineffizient" sei.

Auch die Polizei-Gewerkschaft lehnt die Grenzkontrollen zwischen Bayern und Österreich ab

Es gebe wirksamere Möglichkeiten zur Sicherung der Grenzen wie vor allem die Schleierfahndung. Auf dieser Basis funktioniere die Zusammenarbeit zwischen der bayerischen und der tschechischen Polizei auch ohne Grenzkontrollen "hervorragend" und "ohne dieses nationalstaatliche Imponiergehabe", sagte Posselt. Es gebe "überhaupt keinen Grund, stationäre Grenzkontrollen zu errichten" und damit "die damit verbundene Errungenschaft" wieder zu beseitigen.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) steht zusätzlichen stationären Grenzkontrollen ablehnend gegenüber. Die in einem 30 Kilometer breiten Grenzstreifen praktizierte Schleierfahndung sei "wesentlich effektiver und zielführender" als die seit 2015 durch Bundespolizei mit Unterstützung der Bayerischen Grenzpolizei praktizierten stationären Kontrollen, sagte der GdP-Landesvorsitzende Florian Leitner.

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Bisher kann Bayerns Grenzpolizei nur im grenznahen Raum tätig werden 

Der "Hauptteil der illegalen Migration und Schleuserkriminalität" finde "nicht an den Autobahnen statt, wie die Aufgriffszahlen der sehr effektiv arbeitenden Grenzpolizei zeigen", so der Polizeigewerkschafter. Die Bayerischen Grenzpolizei wurde erst 2018 gegründet. Mangels Zuständigkeit kann sie aber nicht an den Grenzkontrollstellen aktiv werden, wo die Bundespolizei das Sagen hat, sondern betätigt sich im grenznahen Raum.

Die von dieser Landespolizeitruppe im vergangenen Jahr gemeldeten 3068 "Aufgriffe" im Bereich der unerlaubten Einreisen und die 191 Fälle der Schleuserkriminalität sind ausschließlich der Schleierfahndung zuzuschreiben, wie auch das bayerische Innenministerium bestätigt.

Innenminister Joachim Herrmann will die Grenzpolizei personell verstärken

Im Zeitraum von Januar bis August sind diese Zahlen um 26,4 beziehungsweise 52,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nochmals erheblich gestiegen. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte am Dienstag eine Verstärkung der Bayerischen Grenzpolizei durch zusätzliche Einsatzkräfte für mehr Kontrollen im Grenzraum zu Österreich und Tschechien an.

Ab Oktober werde die Bereitschafts- der Grenzpolizei jede Woche bis zu 75 Einsatzkräfte für "Schwerpunktkontrollen" bereitstellen. "Wir setzen auf einen möglichst hohen Kontrolldruck im Grenzgebiet, um gerade menschenverachtende Schleuser aus dem Verkehr zu ziehen", so Herrmann.

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Ein europäischer Bundesgrenzschutz wurde blockiert – auch von Deutschland

Paneuropa-Präsident Posselt wertet die Erfolge der Grenzpolizei mit Hilfe der Schleierfahndung auch als Argument gegen personalintensive feste Grenzkontrollen. Der Verweis nationaler Regierungen auf den lückenhaften Außengrenzschutz der Europäischen Union durch "Frontex" falle auf die Nationalstaaten selbst zurück, so der Europapolitiker. "Frontex" sei durch die nationalen Regierungen personell so unterversorgt, dass die Grenzschutzorganisation ihre Aufgabe gar nicht erfüllen könne.

"Lückenlose" Grenzkontrollen habe es im Übrigen nicht einmal zu Zeiten des Eisernen Vorhangs gegeben. "Frontex ist viel zu schwach", stellt der Paneuropa-Präsident fest. Bereits vor 25 Jahren hatte er im Europaparlament mit dem "Posselt-Bericht" einen "europäischen Bundesgrenzschutz, der diesen Namen verdient" gefordert. "Eine kleine Staatengruppe hat's blockiert", erinnert sich Posselt, "darunter Deutschland".

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10 Kommentare
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  • Dimpfe am 29.09.2023 14:07 Uhr / Bewertung:

    Die Grenzkontrollen kann man sich komplett schenken. Jeder, der illegal einreist und den Polizeibeamtren gegenüber das Wort "Asyl" sagt, wird aufgenommen und versorgt. Und er kann - selbst bei Ablehnung des Asylantrages - oft noch viele Jahre als "Geduldeter" bleiben.

  • muc_original_nicht_Plagiat! am 26.09.2023 22:55 Uhr / Bewertung:

    Ein Hinterbänkler bekommt so einen großen Platz hier? Bitte informieren über Posselt, bevor er hier zu einer Größe hochgejazzt wird.

  • Geradeaus-Denker am 27.09.2023 13:38 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von muc_original_nicht_Plagiat!

    Warum nicht einmal ein Hinterbänkler. Söder und Herrmann bekommen es ja offensichtlich nicht hin.

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