Einst an der TU München gestartet, jetzt eingestellt: Wenn der Traum von der eigenen Brauerei platzt

Das Unternehmen aus Freising stellt seine Bierproduktion ein. Mit der AZ sprechen die beiden Geschäftsführer über ihre Anfänge, die Gründe für das Ende und wie es mit der eigenen Kneipe weitergehen soll.
Heinrich Ueberall |
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Rainer Pieknik (l.) und Simon Klur (r.) posieren vor den Kästen ihres Isarkindl-Biers. Ihr Bier ist aus einem Innovationswettbewerb der TU München im Jahr 2014 entstanden. Elf Jahre später haben die beiden die Produktion ihres Bieres eingestellt.
Rainer Pieknik (l.) und Simon Klur (r.) posieren vor den Kästen ihres Isarkindl-Biers. Ihr Bier ist aus einem Innovationswettbewerb der TU München im Jahr 2014 entstanden. Elf Jahre später haben die beiden die Produktion ihres Bieres eingestellt. © Isarkindl

Begonnen hat alles 2014: Bei einem Innovationswettbewerb für Getränke und Lebensmittel der TU München, erinnern sich Simon Klur und Rainer Pieknik, die Geschäftsführer der Brauerei Isarkindl. Nun soll der Traum enden. Die Freisinger Unternehmer stellen die Produktion ein.

Dabei startete damals alles so vielversprechend: Aus dem Wettbewerb ist laut Pieknik ein marktreifes Bier entstanden. "Das Produkt war fertig und einfach so gut, dass wir gesagt haben, okay, dann müssen wir es eigentlich jetzt auch mal probieren", sagt der inzwischen 34-Jährige über den Entschluss, die eigene Brauerei zu starten.

Als damaliger BWL-Student war er fortan für den Vertrieb zuständig. Klur studierte damals Brauwesen und kümmerte sich ums Handwerk.

Über Kunden zum Großhändler

"Wir haben mit knappen 100 Hektolitern angefangen", sagt Pieknik, also mit so viel Bier, dass man es auch auf der besten Studentenfeier nicht auf einmal wegbekomme.  Mit viel Kaltakquise und einem geliehenen Transporter hätten sie ihr Bier verkauft, bis sie ein Kunde zu einem Großhändler führte, der daraufhin die Logistik übernahm.

Die Brauerei Isarkindl verabschiedet sich vom Markt. Die letzten Flaschen kann man jetzt noch in München bekommen.
Die Brauerei Isarkindl verabschiedet sich vom Markt. Die letzten Flaschen kann man jetzt noch in München bekommen. © Isarkindl

"Das ist eigentlich nicht der normale Weg, dass man im selben Jahr, in dem man als vollkommen unbekannter Produzent in den Markt eintritt, noch bei einem Großhändler landet", reflektiert Klur.

Das sei damals auch dem allgemeinen Bier-Hype geschuldet gewesen. Seitdem produzierte Isarkindl bis zu 1300 Hektoliter Bier im Jahr. Das eigene beschreibt Klur als ein bisschen herber als die großen Industriebiere aus München. Dieses "Bier mit Charakter" sei sehr gut angekommen.

"Wir wollten ein Produkt, mit dem sich Bier-Enthusiasten beschäftigen können, das aber auch einfach zur Gartenfeier im Schrebergarten kastenweise getrunken werden kann", sagt der heute 35-Jährige.

Nach dem schnellen Aufstieg in den ersten Jahren kamen dann die ersten Probleme. Der Großhandel habe sich laut den beiden Isarkindl-Gründern kostentechnisch so schlecht entwickelt, dass sie davon nicht mehr leben konnten.

Dort bekomme man laut Pieknik im besten Fall eine Marge von 20 Prozent, wenn es schlecht laufe eher von fünf Prozent. Sollten die Flaschen und Kästen nicht zurückgebracht werden, müsse man sogar draufzahlen.

Veranstaltungen und Kneipe folgen

Deshalb sind die beiden dazu übergegangen, ihr Bier auch in einem Bier-Truck auf Veranstaltungen zu verkaufen, etwa auf Straßenfesten, Firmenfeiern und Geburtstagen. Dort bekommt man laut Pieknik viel mehr für sein Bier als im Handel und könne auch ein bisschen Werbung machen.

Im August 2020 kam die eigene Kneipe "Sammamera" in Freising hinzu. "Mittlerweile ist das Sammamera für viele Freisinger auch so ein bisschen ein zweites Wohnzimmer geworden", sagt Pieknik.

Die Kneipe "Sammamera" in Freising wird trotz des Isarkindl-Aus auch weiterhin öffnen, verkauft dann aber anderes Bier.
Die Kneipe "Sammamera" in Freising wird trotz des Isarkindl-Aus auch weiterhin öffnen, verkauft dann aber anderes Bier. © Isarkindl

Doch all das konnte die Probleme im Handel nicht lösen. "Nachdem die Absätze die letzten Jahre auch deutlich heruntergegangen sind, gab es jetzt einfach den Zeitpunkt, wo wir uns eingestehen mussten, dass man den Handel, so wie es gerade ist, nicht mehr weiter betreiben kann", sagt Klur.

Der Wegfall des Handels führt aber auch zum Sinken der Bierauflage von Isarkindl, was die Produktion pro Bier deutlich teurer machen würde. "Wenn wir jetzt sagen, wir lassen den Handel weg und machen nur noch Veranstaltungen, dann wäre das Bier in dieser kleinen Menge so absurd teuer, dass wir auf einmal auf der Veranstaltung nichts mehr daran verdienen könnten", erklärt Klur. Die Geschäftsführer entschieden sich, die Bierproduktion einzustellen.

Reaktion auf Aus "überwältigend"

Das Aus für Isarkindl teilten sie auf ihren Social-Media-Kanälen mit, was zu einer Vielzahl an Reaktionen führte. "Wir hätten nicht gedacht, dass es so viele Leute interessiert”, sagt Pieknik. Das sei ziemlich überwältigend gewesen.

Die Berichterstattung in Teilen der Presse ärgerte Pieknik allerdings: "Da wurde Quatsch erzählt. Was uns tatsächlich am meisten gestört hat, ist die Behauptung, dass wir pleite wären. Wir haben aus wirtschaftlichen Gründen die Bierproduktion eingestellt, also sind wir nicht pleite."

Und wie geht es weiter? Das Brauen, Klurs Aufgabe, fällt weg, was für ihn bedeutet, dass er aussteigt. Er möchte weiter in der Lebensmittelbranche arbeiten. Pieknik wird sowohl die Kneipe weiterführen als auch mit dem Bier-Truck auf Veranstaltungen aktiv sein. In beiden Fällen wird er aber das Bier eines anderen Lieferanten verkaufen. Er befinde sich dafür in Verhandlungen.

Schnitzeltag verbindet die Freunde weiter

Und auch wenn ihre Geschäftsbeziehung endet, bleiben Klur und Pieknik in Zukunft weiter in Kontakt. "Wir kennen uns ja schon seit der fünften Klasse, daran wird sich auch, glaube ich, nichts ändern", sagt Pieknik. Zudem hätten sie einen gemeinsamen Freundeskreis und zum Schnitzeltag in der Kneipe wolle Klur weiter immer vorbeikommen.

Wer ein letztes Mal in den Genuss des Isarkindl-Biers kommen möchte, kann das im "Sammamera". Außerdem sei der Abverkauf der Restbestände zu einem fairen Preis bei einem kleinen Getränkemarkt in Schwabing geplant. Genauere Infos wollen die Gründer noch auf Social Media geben. Ein letztes rauschendes Fest mit dem Bier werde es nicht geben – zu wenig Restbestände.

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  • JerryH vor 8 Stunden / Bewertung:

    Trotzdem Schod der ganze Aufwand und jetzt wieder das ganze Kaputt.

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  • FredC2 vor 14 Stunden / Bewertung:

    Das sieht man überall, dass leere Bierflaschen lieber wild abgestellt, als ordentlich zurückgebracht. Diese Flaschen gehen dann größtenteils auf Geh-/Radwegen oder in Grünanlagen oder Bushaltestellen kaputt, es sei denn, dass sich ein Flaschensammler 8 (!) Cent verdienen mag.

    Was den Ausstoß angeht:
    1.300 Hektoliter sind 130.000 Liter , also 260.000 Flaschen. Wenn man an jeder 30 Cent verdient, bleiben also knapp 90.000 Euro brutto. Abzüglich Rohstoffe und Herstellungskosten bleibt da nicht viel bzw. wenn überhaupt was übrig zum Leben.

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