Besondere Särge und Urnen aus Ebersberg: Trauer hat viele Formen
Ebersberg - Schwer, sperrig, aus Holz und meistens kastenförmig – daran denken wohl die meisten, wenn sie gebeten werden, sich einen Sarg vorzustellen. Doch der Trend zum Individualismus macht auch vor dem Geschäft mit dem Sterben nicht Halt. Das weiß auch Manfred Zoss aus Ebersberg.
"Durch die 3D-Technik ist mittlerweile alles möglich"
Vor 15 Jahren begann er damit, Urnen anzufertigen. Damals war die Branche rund um das Thema Bestattung noch recht bieder, sagt Zoss der AZ.
Das hat sich geändert, was sich auch im Portfolio des Unternehmers zeigt. Auf der Internetseite: bunt bemalte Urnen, herzförmige, sogar hängende in Heißluftballon-Form. "Im Grunde genommen ist durch die 3D-Technik mittlerweile alles möglich" so der Ebersberger.
Mehr Individualität
Die Wünsche der Kunden haben sich im Laufe der Zeit verändert: "Die Menschen sehnen sich nach mehr Individualität." Besonders deutlich wird das bei einer einzigartigen Anfertigung für die letzte Ruhestätte: Ein befreundeter Tischler, erzählt Zoss, der kurz vorher seinen Sohn verloren hat, wandte sich 2020 an ihn.

Der Freund hatte bei seiner Suche keinen geeigneten Sarg gefunden, der die Liebe zu seinem Sohn wirklich zum Ausdruck brachte. Zusammen mit Zoss entwickelte er die Idee, einen Sarg in Form eines Herzens zu gestalten. "Das war etwas ganz Besonderes", sagt der Urnenhersteller.
Die Botschaft fand er so schön, dass er den Sarg seit kurzem in Serie produziert. Dieser besondere Wunsch brachte ihn dann auch auf die Idee, Urnen in Herzform anzufertigen – ein Erfolgsmodell: Die Nachfrage für die besonderen Urnen sei groß, sagt Zoss und auch für den herzförmigen Sarg gäbe es schon diverse Anfragen.

"Generell suchen die Menschen heutzutage nach immer neuen Wegen, ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen", sagt er. Auch die Bestattungsbranche habe sich hierfür immer mehr geöffnet.
Individuell bemalte Särge und Urnen
Den Wunsch, die letzte Reise persönlicher zu gestalten, beobachtet auch der Künstler Alfred Opiolka aus Lindau. In seiner Galerie "Sargladen" bemalt er Särge und Urnen in Handarbeit. Die Särge sind sowohl für Erdbestattungen als auch für Einäscherungen geeignet. Jede Arbeit ist ein Unikat. Der Künstler, der eigentlich auf Wandmalerei spezialisiert war, arbeitet schon seit über 20 Jahren im Bestattungsbereich.
Angefangen hat alles mit dem Auftrag, in einem Bestattungsinstitut die Räume umzugestalten. Dabei habe er sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt.

"Die Themen Tod, Trauer und Verabschiedung haben mich dann so sehr fasziniert, dass ich damit weiter machen wollte", sagt Opiolka. Durch einen Todesfall in seinem persönlichen Umfeld entstand dann der erste Sarg.
Für das optimale Motiv den Verstorbenen kennenlernen
Es habe Zeiten gegeben, da wurde ihm Müll vor seinen ehemaligen Laden in Kempten gekippt, erinnert sich der Künstler. Manche Menschen hätten die teilweise bunten Motive nicht verstanden. "Mittlerweile hat sich das aber sehr verändert", sagt er.
Es gebe zwar immer noch eine gewisse Scheu, aber die Menschen seien generell offener geworden mit ihren Gefühlen. Am wichtigsten sei für ihn als Künstler, die Menschen zu berühren, sie zum Lächeln oder Weinen zu bringen.
In seiner Arbeit sieht er sich daher auch als Trauerbegleiter. Opiolka sagt, er müsse den Verstorbenen kennenlernen, nur so könne er dann das Motiv auswählen. Er fordert meist ein Foto der Person an und bittet auch die Hinterbliebenen, Dinge zu fotografieren, die sie mit dem Verstorbenen verbinden.
Gitarrenseiten für einen Musiker
Ein besonderes Modell einer Urne, erinnert sich der Lindauer, entstand für einen Vater, der Musiker war. Er habe leidenschaftlich Saxofon und Gitarre gespielt. Die Kinder kamen auf Opiolka zu und baten ihn dies bei der Gestaltung abzubilden.

Das Saxofon habe er auf die Urne gemalt. Für die Gitarre kam ihm eine andere Idee - er ging in einen Musikladen und kaufte Gitarrensaiten und spannte diese um die Urne herum. "So konnte man die Urne quasi spielen", so Opiolka.
Während der Trauerfeier hätten die Leute dann beim Hinausgehen einige Töne auf der Urne gespielt und sich so von dem Verstorbenen verabschiedet.
"Das sind die Momente, für die ich arbeite"
Besonders in Erinnerung ist ihm auch die Arbeit für die Beerdigung eines neunjährigen Buben, der schwer erkrankt und verstorben war. Durch die Krankheit habe er die Schule nicht mehr besuchen können, seine Klassenkameraden hätten davon gewusst. Gemeinsam mit den Eltern des Kindes entwickelte Opiolka einen Sarg, der einerseits die Bienen-Leidenschaft des Buben abbildete, andererseits eine besondere Funktion hatte: Opiolka baute einen Briefkastenschlitz in den Sarg ein. Die Idee war, dass sich die Klassenkameraden, Freunde und Angehörige des Buben direkt bei ihm verabschieden können.
Die Trauernden malten zahlreiche Bilder, schrieben Briefe und konnten diese bei der Beerdigung direkt in den Sarg einwerfen. Die Erinnerung an diesen Augenblick berührt Alfred Opiolka noch heute. "Das sind die Momente, für die ich arbeite."
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