Ralf Fleischer und Joseph Bastian geben ihre Wiesn-Tipps: "Da ist es richtig gemütlich"
Die Münchner Symphoniker sind so münchnerisch wie das Oktoberfest. Und wie die Stadtsparkasse. Die wiederum unterstützt das kleinste Münchner Symphonieorchester seit 2004. Wir haben den Chefdirigenten und künstlerischen Joseph Bastian und den Vorstandsvorsitzenden Ralf Fleischer zu einem münchnerischen Wiesn-Gespräch getroffen ‒ aus Termingründen allerdings bereits ein paar Tage vor dem ersten Anstich.
AZ: Herr Fleischer, Herr Bastian, gehen Sie überhaupt auf die Wiesn oder vermeiden Sie diesen Rummel lieber?
JOSEPH BASTIAN: Ich lebe seit 20 Jahren in München und mag das Oktoberfest. Mit Freunden oder meinen Kindern gehe ich schon ein-, zweimal hin. Die Klischee-Wiesn, bei der alle auf den Tischen tanzen und sich maßlos betrinken, ist nicht so mein Fall. Daher freue ich mich, dass es die Oide Wiesn gibt. Da ist es ruhiger und die Musik entspricht dort auch mehr meinem Geschmack. Mein Geheimtipp ist allerdings der Münchner Biergärten während der Wiesnzeit: Da ist es richtig gemütlich.

RALF FLEISCHER: Ich bin häufig berufsbedingt dort, weil es während der Wiesn-Zeit viele Events gibt, die ich aufgrund meiner Tätigkeit besuche. Am schönsten ist für mich der Einzug der Wiesnwirte. Ich habe das Glück, in der Kutsche der Familie Kuffler mitfahren zu dürfen. Darauf freue ich mich das ganze Jahr. Danach nimmt meine Leidenschaft eine Spur ab.
Spüren Sie die Wiesn in der Bank?
Definitiv, weil in dieser Zeit die Anzahl der Kolleginnen und Kollegen, die Tracht tragen, maximal nach oben schnellt. Sonst merken wir es eher weniger, weil unsere Kundinnen und Kunden in diesen zwei Wochen nicht so viel Zeit für Geldgeschäfte haben. Wir spüren die Wiesn allerdings an unseren drei Geldautomaten auf der Festwiese: Da gab es im vergangenen Jahr 25.000 Auszahlungen. Dass die Wiesn durch die vielen Besucherinnen und Besucher ein gewaltiger wirtschaftlicher Faktor ist, von der die Gastronomie, die Hotels und der Einzelhandel profitieren, ist ja bekannt.
Herr Bastian, warum beginnt die Konzertsaison so richtig erst nach der Wiesn?
Das ist nicht nur in München so. Die erste Zeit nach den großen Ferien ist für viele Eltern hektisch. Erst, nachdem das Leben sortiert ist, kann man sich wieder auf Abendveranstaltungen konzentrieren. Aber ich verstehe das als Chance: Wir machen in dieser Zeit CD-Aufnahmen.

Womit geht es bei den Symphonikern los?
Am 10. Oktober im Prinzregententheater mit Hans Zimmers "Interstellar"-Suite und der Orgelsymphonie von Camille Saint-Saëns. Solist ist Christian Schmitt auf einem elektronischen Instrument. Außerdem dirigiere ich Prokofjews Symphonie Nr, 4 in der Urfassung und ein Stück, das in Zusammenarbeit mit Künstlicher Intelligenz komponiert wurde.
FLEISCHER: Das ist, was ich an den Symphonikern so schätze: dass sie nicht nur die klassischen Standardwerke spielen, sondern auch überraschende Dinge ausprobieren. Auch in Zusammenarbeit mit uns gab es schon Konzerte, in denen das Orchester mit Musikern ganz anderer Stilrichtung aufgetreten ist, wie etwa Dreiviertelblut. Ein Mega-Konzert!

Musikkritiker mögen solche Crossover-Konzerte weniger. Wie stehen Sie dazu, Herr Bastian?
Auf der ganzen Welt wird davon geredet, dass sich die klassische Musikszene neu erfinden müsse. In Deutschland und München passiert da noch wenig, bei den Münchner Symphonikern aber vergleichsweise viel.
Das war für mich ein Grund, als Chefdirigent zu diesem Orchester zu gehen. Crossover ist nur ein Weg. Filmmusik steht weltweit auf den Programmen aller großen Orchester. Ich finde es auch wichtig, mehr Komponistinnen zu spielen ‒ und nicht nur kurze Stückchen am Konzertanfang. Auch das KI-Projekt verstecken wir nicht, sondern platzieren es prominent in unserem ersten Abo-Konzert im Prinzregententheater.
Apropos KI: Welche Rolle spielt sie in der Bank?
FLEISCHER: Es ist ein wichtiges Thema, bei dem wir erst am Anfang stehen: etwa bei der Erstellung von Protokollen. Demnächst wird KI unsere Beraterinnen und Berater bei Themen unterstützen, die nicht so oft nachgefragt werden.
Auch bei der Dokumentation von Beratungsgesprächen kann KI helfen, Formulare richtig auszufüllen und ihre Stimmigkeit zu prüfen. In den kommenden Jahren wird das unsere Arbeit verändern und zugleich erleichtern.
Die Stadtsparkasse hat die Symphoniker früher viel stärker unterstützt. Warum wurde das zurückgefahren?
FLEISCHER: Das war in der Negativzinsphase vor zehn Jahren, als uns dadurch Erträge weggebrochen waren. Daher mussten wir dieses Engagement reduzieren ‒ aber nie mit der Absicht, es ganz zu beenden. Das ist eine stabile, langjährige und gegenseitig befruchtende Zusammenarbeit.

Was haben Sie denn von den Symphonikern gelernt?
Man kann sich von der Haltung vieler Dirigenten etwas abschauen: Sie stellen die Musik in den Vordergrund und nehmen sich persönlich zurück. Diese Leidenschaft braucht es auch, um ein Unternehmen zu führen. Denn es geht nicht um Zahlen, sondern um Menschen.
Herr Fleischer, Sie verlassen im April aus gesundheitlichen Gründen die Stadtsparkasse. Bleiben Sie der Wiesn erhalten?
Mit Sicherheit, aber nicht mehr so oft. Und vor allem nur dann, wenn ich es möchte.
Herr Bastian, wo stehen die Symphoniker in fünf Jahren?
Ich hoffe, dass wir endlich die Gehälter der Musikerinnen und Musiker anpassen können. Da sind vor allem die Stadt und der Freistaat gefragt. Es macht viel Spaß, mit diesem hoch motivierten Orchester zu arbeiten. Durch die Entwicklung von neuen Konzertformaten hoffen wir, die Welt der Klassischen Musik weiter aktiv mitzugestalten.
Die Symphoniker starten am 10. Oktober mit dem Programm "Sternenweiß" in die neue Saison.
Infos und Karten unter muenchner-symphoniker.de
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