Tödliche Gardasee-Bootsfahrt: "Ich hoffe, sie bezahlen dafür, was sie getan haben"
München - Nach dem tödlichen Bootsunfall auf dem Gardasee in Norditalien beschäftigt die Schuldfrage Ermittler und Angehörige der Opfer. Zwei 52 Jahre alte Deutsche stehen im Verdacht, mit ihrem Motorboot gegen das kleine Boot eines italienischen Pärchens gekracht zu sein.
"Diese beiden sind in Deutschland und ich hoffe, sie bezahlen dafür, was sie getan haben", sagte der Vater der 25 Jahre alten Frau, die bei dem Vorfall vor gut zwei Wochen starb, im italienischen Fernsehen nach der Beisetzung seiner Tochter.
Haftbefehl gegen Münchner beantragt
Den Verdächtigen wird vorgeworfen, nicht angehalten zu haben, um zu helfen. Die junge Frau und ihr 37 Jahre alter Begleiter kamen beide ums Leben.
Die beiden Münchener durften zwar kurz nach dem Unfall wieder nach Deutschland zurückreisen, doch die italienische Justiz will einen von ihnen per europäischem Haftbefehl nun wieder nach Italien holen. Das berichteten italienische Medien am Wochenende.. Es soll sich um denjenigen handeln, der das Boot gesteuert hatte.
Laut "Bild"-Zeitung wurde ein EU-Haftbefehl erlassen. Damit droht dem Münchner die Auslieferung nach Italien - auch gegen seinen Willen. Der EU-Haftbefehl muss nun allerdings erst noch ans hiesige Oberlandesgericht übermittelt werden.
Die Staatsanwaltschaft im norditalienischen Brescia verlangte den Berichten zufolge die Anordnung wegen der Gefahr einer Wiederholung der Tat und des Fluchtrisikos. Der Ermittlungsrichter gab demnach bereits grünes Licht.
EU-Haftbefehl gegen Münchner beantragt
Die Richter am hiesigen OLG prüfen nun die Formalia. Die justizielle Entscheidung für den Haftbefehl, also die vorgeworfene Tat des EU-Mitglieds gegen die Betroffenen, wird in diesem Rahmen "nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung" meist vom ersuchten Mitgliedstaat anerkannt und die gesuchte Person festgenommen sowie zwecks Strafverfolgung oder Vollstreckung "übergeben".
Die vorgeworfene Straftat muss also nicht zwangsläufig im Herkunftsland der Gesuchten - in diesem Fall also Deutschland - auch eine Straftat sein - strittig wäre das im vorliegenden Fall aber wohl ohnehin nicht.
Münchner können nach Italien ausgeliefert werden
Sollten Patrick K. (52) und Christian T. (52) ihrer Auslieferung nicht zustimmen, müssen die italienischen Behörden allerdings zunächst die Ermittlungsakten ans OLG schicken. Dann können die Richter erneut entscheiden, ob sie der Auslieferung stattgeben. In den allermeisten Fällen geben die Gerichte solchen EU-Haftbefehlen statt.
Tödlicher Unfall auf dem Gardasee: Waren die Münchner betrunken?
Das Motorboot mit den Deutschen war Ermittlungen zufolge in der Nacht von Samstag (19. Juni) auf Sonntag mit einem Kahn kollidiert, in dem ein italienisches Pärchen aus der Region um Salò, am Westufer des Gardasees, saß. Ein Mann hatte am Sonntag das kleine Boot mit dem toten 37-Jährigen darin entdeckt. Stunden später bargen Taucher die 25 Jahre alte Frau tot aus den Tiefen des Gardasees. Rechtsmediziner untersuchten ihre Leiche, um die Todesursache festzustellen. Laut Medienberichten kamen sie zu dem Ergebnis, sie sei ertrunken.
Die beiden Münchner hatten später angegeben, den Zusammenprall nicht bemerkt zu haben, wie es aus dem Büro ihres Anwalts hieß. Einer der beiden machte einen Alkoholtest, der negativ ausfiel. Der andere verweigerte das, da er nicht dazu verpflichtet war.
Zuletzt sorgte das Video einer Überwachungskamera, mutmaßlich aus der Tatnacht, für Aufregung. Darauf soll zu sehen sein, wie einer der beiden Verdächtigen beim Anlegen in einem Hafen ins Wasser fiel. Seinem Anwalt nach war der Mann durch ein abruptes Manöver ausgerutscht. Einige Medien spekulierten hingegen, dass er betrunken war. Er soll auch derjenige gewesen sein, der den Alkoholtest verweigert hatte.
Die Staatsanwaltschaft in Italien ermittelt gegen die Deutschen wegen Totschlags und unterlassener Hilfeleistung. Die beiden wurden kurz nach dem Unfall auf freien Fuß gesetzt und reisten wieder nach München zurück. Die Familien der Opfer forderten Maßnahmen gegen sie, wie Ansa unter Berufung auf die Anwältinnen der Familien berichtete. Die Juristinnen begrüßten den Erlass des europäischen Haftbefehls und sagten der Nachrichtenagentur, dies sei eine "wirksame Antwort" auf das verantwortungslose Verhalten der beiden Deutschen.
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