"Wohnen für alle": Die ersten Mieter sind schon da
Aubing - Ganz glückselig sieht Julia Trostowski aus mit ihrem Baumarkt-Farbeimer. Die Wände in ihrem Apartment sind schon geweißelt, nur noch ein paar Tage, bis die Küche geliefert wird, dann kann die Zeitungsausträgerin daheim bei ihrer Mama in Pasing ausziehen und in die erste eigene Wohnung ein. Mit 24.
Damit ist sie eine der ersten Mieterinnen im nagelneuen Schnellbau-Wohnhaus für Geringverdiener an der Bodenseestraße in Aubing. Es ist das zweite nach dem Pilotprojekt, dem Stelzenbau am Dantebad, das die Stadt im Rahmen des „Wohnen für Alle“-Programms im Turbotempo errichtet hat, um gegen die Wohnungsnot in München anzugehen. Im September wird Nummer Drei in der Lerchenau (45 Wohnungen) fertig.
Neun Monate Bauzeit für 81 Wohnungen
Der Zeitplan ist tatsächlich straff gewesen. In neun Monaten Bauzeit sind die 81 Wohnungen fertig geworden (61 davon sind Ein-Zimmer-Apartments). Die zwei Gebäude in Hybridbauweise (drei und fünf Geschosse) stehen in U-Form zueinander. Insgesamt 2.800 Quadratmeter Wohnfläche einschließlich Gemeinschafts- und Veranstaltungsräumen für alle Bewohner, dazu eine Innenhofanlage mit Sitzbänken und ein Garten, in dem die Bewohner Kräuter und Gemüse anbauen können. Gesamtkosten: rund zehn Millionen Euro.
"Das hat funktioniert, weil wir keinen Keller gebaut haben – und Fassade, Zwischenwände und Decken fertig haben anliefern lassen", erklärt Projektleiter Florian Lippmann, der für die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag den Bau koordiniert hat. Nur bei den Bädern kam der Zeitplan mal kurz ins Stocken. Auch die hätten fertig ankommen sollen. "Aber die Stückzahl hat keine der wenigen Firmen im deutschsprachigen Raum, die überhaupt Fertigbäder herstellen können, geschafft." Es mussten normale Handwerker anrücken – fertig geworden ist alles trotzdem.

Die neuen Mieter: Vom Rentner bis zum Flüchtling
60 der neuen (Sozial-)Wohnungen hat das Wohnungsamt bisher vergeben. Zur einen Hälfte an Münchner Rentner, Azubis, Familien und Alleinerziehende mit geringen Einkommen, zur anderen an anerkannte Flüchtlinge. "Das ist eine schöne Mischung geworden", erklärt der Gewofag-Immobilienverwalter Thomas Ottl, der sich mit zwei Sozialpädagogen die interessierten Mieter vorab angeschaut hat: "Wir haben alles dabei, von der 78-jährigen Münchner Rentnerin über einen alleinstehenden Handwerker Mitte 50 bis zur Single-Mama und der syrischen Familie mit drei Kindergartenkindern." Für die letzten 21 Mieter (ein Großteil hat sich über die städtische Sozialwohnungs-Onlineplattform „Sowon“ beworben) läuft die Vergabe noch.
Und wer den Zuschlag bekommt, kann sich glücklich schätzen. Zwar liegt der Grundpreis für die Miete, die alle bezahlen müssen, bei 9,40 Euro pro Quadratmeter. Je nach Einkommen aber können die Bewohner Zuschüsse von der Stadt beantragen – bis zu 3,65 Euro pro Quadratmeter. Damit sinkt der Preis auf bis zu minimale 5,75 Euro – ein Schnäppchen, gemessen an Quadratmeterpreisen von rund 15, oft sogar 18 Euro in München.
Das Haus soll eine Brücke ins Viertel sein
Letztes Jahr haben 12.500 Münchner Anträge auf eine Sozialwohnung gestellt, rund 8.000 davon haben die höchste Dringlichkeitsstufe – aber nur rund 3.000 Sozialwohnungen kann die Stadt im Schnitt pro Jahr vergeben. "Da sieht man, wie groß die Not in unserer Stadt ist", sagt Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD) bei der Schlüsselübergabe an die Mieter. Und hofft, dass das neue Haus "eine Brücke ins Viertel“ sein wird mit seinen Gemeinschafts- und Veranstaltungsräumen, die auch andere Anwohner aus dem Viertel nutzen können. Und dass die Alteingesessenen Aubing "sich freuen werden über ihre neuen Nachbarn".

Julia Trostowski jedenfalls, die neue Mieterin, freut sich jetzt schon an ihren neuen Mitbewohnern im Haus. "Mein direkter Nachbar und seine Kinder sprechen noch nicht so viel Deutsch, aber der Papa lacht immer freundlich und hat mir schon viel beim Tragen geholfen. Ich mag ja eine bunte Nachbarschaft, und ich bin sicher, dass wir hier bald schon ganz tolle Feste zusammen feiern können." Ob die AZ dann wieder zu Besuch kommen darf, und nachschauen, wie es so läuft? "Na klar", sagt die 24-Jährige, "herzlich willkommen."