Toter Waffennarr: So wollte er sein Haus sprengen

Glockenbachviertel - Dominic H. war eine tickende Zeitbombe. In seinem zur Festung ausgebauten Apartment am Glockenbach hortete er Waffen und zehn Brandbomben.
Mit ihnen hätte er den gesamten Wohnblock in die Luft jagen und niederbrennen können. Die Nachbarn entgingen nur knapp einem Inferno.
Der 32-Jährige hauste auf rund 25 Quadratmetern: Ein Zimmer mit Balkon, spartanisch eingerichtet, ein Bett, zwei Schränke, zwei Kommoden und links eine kleine Kochnische. Die Tür zu seiner Wohnung im ersten Stock des Mietshauses hatte er mit drei Koffern verbarrikadiert, damit ihn in seiner Festung niemand überrumpeln konnte.
Zudem hatte er sich eine Kampfausrüstung bereitgelegt, ähnlich wie sie Actionhelden in Hollywoodfilmen tragen. Dazu gehörte eine Spezialweste, in der er Pistolen, Magazine und Messer verstauen konnte, Knie- und Ellbogenschützer sowie einen Armeehelm, den er mit einem speziellen Nachtsichtgerät und einer Lampe ausgerüstet hatte.
Die ganze Kampfausrüstung hatte Dominic H. griffbereit fein säuberlich in einem der Schränke.
Neben zwei großkalibrigen Pistolen mit rund 1000 Schuss Munition hatte er eine Machete, rund ein Dutzend Gas- und Gotchawaffen, jede Menge Chinaböller sowie die vorbereiteten Brandbomben: Zehn Plastikkanister, gefüllt mit je fünf Litern Spiritus – insgesamt 50 Liter unverdünnten Spiritus, genug um ein Flammeninferno in dem Mietshaus auszulösen. Als Zünder waren Signalfackeln an den Seiten der Kanister platziert.
„Er hatte offenbar geplant, eine Explosion auszulösen und das Mietshaus niederzubrennen“, sagt Polizeisprecher Wolfgang Wenger. Nur durch einen glücklichen Zufall scheiterte der wahnwitzige Plan.
Eine seiner Brandbomben hatte Dominic H. neben dem Bett platziert, damit ihn auch im Schlaf niemand überrumpeln konnte.
Dominic H., geboren in Nordirland, galt als Einzelgänger – keine Freundin, keine Freunde, die ihn besuchten. Nachbarn erzählte er von einem Job bei einer Versicherung. Angeblich war er Informatiker. Doch in seiner Wohnung wurde weder ein PC noch ein Laptop gefunden. Auch Telefon oder Handy besaß er laut Nachbarn nicht.
Seine Kampfausrüstung, seine Waffen und seine Brandbomben hielt er bis zuletzt geheim. Er wusste, dass sein Arsenal früher oder später entdeckt würde, deshalb verbarrikadierte er sich in seiner Festung.
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Das KVR saß ihm seit rund eineinhalb Jahren im Nacken. Der Münchner sollte seine beiden großkalibrigen Pistolen abgeben.
Dominic H. war seit 2011 Sportschütze und Mitglied in einem Verein. Deshalb durfte er die zwei Pistolen vom Typ Glock besitzen. Zum 31. Dezember 2012 endete seine Mitgliedschaft. Damit verlor er auch die Berechtigung für den Waffenschein.
Der Verein informierte wie vorgeschrieben das KVR.„Wir haben ihn mehrmals aufgefordert, die Pistolen abzugeben oder sie vernichten zu lassen“, sagt KVR-Sprecherin Kristin Nettelnbrecher. Immer wieder waren Beamte des KVR bei Dominik H. Zuhause: seit dem 18. März drei Mal zu unterschiedlichen Tageszeiten.
Doch jedesmal öffnete der Münchner nicht. Er reagierte auch nicht auf behördliche Schreiben und gesetzte Fristen. Er bekam Zwangsgelder aufgebrummt, die er aber nie bezahlte.
Mittwochmorgen standen erneut zwei KVR-Beamte unangemeldet vor der Tür. Diesmal wollten sie sich nicht so leicht abwimmeln lassen. Sie hatten zwei Polizisten und einen Mann vom Schlüsseldienst dabei. Der lang erwartete Showdown für Dominic H..
Er zündete eine Brandbombe im Gang, gleich hinter der Tür. Zwei weitere in der Wohnung. Die Signalfackeln brachten den Kunststoff zum Schmelzen, Spiritus lief aus, entzündete sich aber nicht. Das Gemisch war, wie Fachleute es nennen, zu fett. „Das Mischungsverhältnis stimmte nicht“, so Siegbert Reder, stellvertretender Chef des K13.
Während sich Rauch und Qualm im Apartment ausbreiteten, legte sich der 32-Jährige auf sein Bett, hielt sich die Mündung seiner Waffe an den Kopf und drückte ab.
Nur Sekunden später stürmte ein Sondereinsatzkommando die Wohnung. Die Männer brachten Dominic H. runter in einen Rettungswagen. Ein Notarzt versuchte den 32-Jährigen wiederzubeleben. Ohne Erfolg.
Die inzwischen durchgeführte Obduktion belegt, dass Dominic H. Suizid begangen hatte. Das Motiv für die Wahnsinnstat ist noch immer unklar.
„Er war nicht vorbestraft“, sagt Staatsanwalt Peter Preuß. Auch von psychischen Problemen ist nichts bekannt. Andernfalls hätte er auch keinen Waffenschein bekommen. Einen politischen Hintergrund schließen die Ermittler aus.