Stadt stellt klar: An der Fraunhoferstraße wird gebaut!
11000 Münchner haben gegen die geplanten Glockenbachsuiten unterschrieben. Stadtbaurätin Elisabeth Merk nimmt Stellung.
Isarvorstadt - Die Empörung über den geplanten Luxustempel an der Fraunhoferstraße war groß, 11000 Münchner haben eine Online-Petition unterschrieben. Bis 2014 entstehen 25 Wohnungen, zwischen 50 und 150 Quadratmeter groß. Bauherr ist das Unternehmen Concept Bau.
Jetzt hat sich Stadtbaurätin Elisabeth Merk an Initiator Andreas Dorsch und die Unterzeichner gewandt: Das Bauvorhaben sei nicht rückholbar, weil die Baugenehmigung bereits erteilt ist. „Ich darf betonen, dass wir inhaltlich nicht weit auseinanderliegen, dass wir uns aber nicht über bestehendes Baurecht hinwegsetzten können“, schreibt Merk.
Lesen Sie hier den Brief von Elisabeth Merk an Andreas Dorsch in Ausschnitten:
„(...) Der Erfüllung der von Ihnen und den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern der Petition festgehaltenen Forderungen nach Erhalt der baukulturellen und sozialen Qualtitäten, nach bezahlbarem Wohnraum, nach Baumschutz und ausreichender Freiflächenversorgung gilt jede Anstrengung meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Stadtentwicklung, der Stadtplanung bis zur Bauaufsichtsbehörde, die den Spagat zwischen Denkmalschutz, Naturschutz und Baurecht bewältigen muss.
(...) Zunächst muss ich darauf hinweisen, dass das konkrete Bauvorhaben in der Fraunhoferstraße nicht rückholbar ist. Ich weiß nicht, ob der Text Ihrer Initiative deutlich genug zum Ausdruck bringt, dass das Bauvorhaben in der Fraunhoferstraße bereits genehmigt ist.
Ich will Ihnen die Historie kurz darlegen: Seit 2008 fanden Anläufe für eine Bebauung dieses Grundstücks statt. Im Jahr 2010 wurde das Baurecht auf dem Grundstück in mehreren Vorbescheidsvarianten abgefragt und von der Lokalbaukommission bestätigt. Dabei mussten wir auf der Basis des bestehenden Baurechts positiv entscheiden, da das Grundstück eindeutig von der hohen Bebauung der Nachbarschaft in der Erhardstraße und in der Baaderstraße geprägt war.
Die dort aufragenden Giebelwände, aber auch das historische Bauliniengefüge zeigen, dass dort von einer so genannten Baulücke ausgegangen werden muss. Es ist richtig, dass das Grundstück bis vor dem Krieg nur im Bereich der Baaderstraße bebaut war, und der Grundstücksteil zur Isar hin von Bebauung frei war. Dies war aber in dieser Tiefe nie eine planerisch gesicherte Grünfläche, sondern auch historisch schon eine Baulücke zwischen zwei Giebelwänden.
Ganz im Sinne Ihrer jetzigen Bemühungen hat die Lokalbaukommission auch 2010 schon entsprechend argumentiert und verschiedene Ansätze engagiert verfolgt, um den ortsbildprägenden Baumbestand vor dem Zugriff zu retten. Die Baurechtslage war aber zu eindeutig, um hier das vorhandene Baurecht in Abrede stellen zu können. Nachdem es sich bei dem Baugrundstück um einen prominenten Ort im Vorfeld eines der Isar-Übergänge und am Eingang zum Gärtnerplatzviertel handelt, hat mein Referat darauf bestanden, dass der Bauherr auf der Grundlage des Vorbescheids einen Realisierungswettbewerb durchführt.
Die jetzt gefundene Lösung war einstimmig als die beste Lösung ausgewählt worden. Ihre Darstellung auf der Internetseite, in der sie das Bauvorhaben zu einem grauen Klotz verfremden, halte ich für sehr problematisch. Sie wird den Qualitäten der Arbeit nicht gerecht. Der Arbeit gelingt es zumindest – bei aller Diskussion über die Gestaltung im einzelnen, über die man immer streiten kann – zwischen der mächtigen Bebauung an der Erhardstraße mit über sieben Geschossen und der zurückhaltenden viergeschossigen Bebauung in der Baaderstraße zu vermitteln.
Die Wettbewerbsarbeiten waren in meinem Referat ausgestellt, um die Öffentlichkeit über das Ergebnis zu informieren. Im Vorbescheidsverfahren und bei der Auslobung des Wettbewerbes wurde darauf Wert gelegt, dass der Baukörper soweit von der historischen Bauflucht abgerückt wird, dass neben Fuß- und Radweg auch ein Baumgraben Platz findet. Der Bauantrag basiert im Wesentlichen auf dem Ergebnis des Wettbewerbs und musste im Juni 2013 genehmigt werden.
Da für das Grundstück in der Fraunhoferstraße 43 Baurecht bereits gegeben ist, hat die Stadt hier keinen Einfluss auf das Preisgefüge. Der Preis bildet sich am Markt. Diese Gesetzmäßigkeiten kann man beklagen, sie sind aber dort, wo die Grundstücke nicht im Besitz der Stadt sind, nicht zu ändern. Sie wissen, dass die Stadt alle erdenklichen Anstrengungen unternimmt, damit bei Neuplanungen immer auch ein Anteil an erschwinglichem Wohnraum entsteht. Die Stadt München liegt hier im bundesweiten Vergleich an der Spitze.
(...) Ich möchte schließlich noch auf Ihren Vorschlag eingehen, in vergleichbaren Situationen mit Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (zum Erhalt der städtebaulichen Eigenart etc.) zu reagieren. Wir haben diese Möglichkeit in der Vergangenheit an verschiedenen Orten der Stadt immer wieder untersucht. Ich will es ganz deutlich sagen: Diese Satzung ist in derartigen Fällen nicht geeignet, vorhandene Baurechte zu beschneiden oder Baulücken dauerhaft freizuhalten.
Es wäre etwas anderes, wenn entlang der Erhardstraße eine homogene Pavillionbauweise als Abfolge von Villen und Grünflächen gegeben wäre. Dann könnte man diese Abfolge als ,städtebauliche Eigenart’ betrachten. Dies ist aber überhaupt nicht der Fall. Die Erhard- und die Baaderstraße sind durch ihre geschlossene Blockrandbebauung geprägt. Eine Erhaltungssatzung scheidet daher beim besten Willen als Lösung aus. Wir können in solchen Fällen auch keine Bebauungspläne aufstellen und Baurechte entziehen.
Selbst wenn eine städtebauliche Rechtfertigung gelingen würde, müssten die Bestandbaurechte millionenschwer entschädigt werden. Diesen Präzedenzfall können und wollen wir nicht schaffen: es wäre nun wirklich niemandem zu vermitteln, setzten wir die – auch in München begrenzten – finanziellen Ressourcen dazu ein, zusätzlichen Wohnungsbau zu verhindern. Wir müssen uns in der Stadtentwicklung auf die Bereiche konzentrieren, in denen die Kommune über die Baurechtsschaffung oder über eigene Grundstücke Einfluss nehmen kann.
Ich darf abschließend nochmals betonen, dass wir inhaltlich nicht weit auseinanderliegen, dass wir uns aber nicht über bestehendes Baurecht hinwegsetzen können. Da im konkreten Baufall Fraunhoferstraße 43 die Baugenehmigung bereits erteilt ist, nehmen wir für künftige Fälle Ihre Initiative Rathaus Umschau Seite 8 als Appell und Ansporn, gemeinsam weiter an einer verträglichen Entwicklung der Stadt zu arbeiten.
Ich kündige an, dass wir zu diesen Themen im Rahmen der Arbeiten zur ,Langfristigen Siedlungsentwicklung’ und im Rahmen der „PERSPEKTIVE MÜNCHEN“ immer wieder Gespräche und Veranstaltungen mit der Öffentlichkeit durchführen werden, zu der wir Sie und die Unterstützerinnen und Unterstützer der Petition gerne einladen möchten.“
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