Sensationsfund: Die Überreste der ersten Pasinger
München - Dass sie auf dem Baugrundstück ein paar Gräber finden würden, das wussten die Archäologen, als sie Ende März mit den Grabungen begannen. Aber dann: Kamen zwischen den Wohnhäusern an der Josef-Retzer-Straße nicht nur immer mehr Knochen zutage, sondern auch wertvolle Waffen, Schmuck und Perlen. Den Experten dämmerte: Zwei Meter unter der Erdoberfläche liegen Reihengräber einer Adels-Elite aus dem 6. Jahrhundert nach Jesus Christus. Ein riesiger frühmittelalterlicher Reichen-Friedhof!
„Eine Sensation“, frohlockt Generalkonservator Mathias Pfeil vom Landesamt für Denkmalschutz. „Hier ist vor 1500 Jahren Pasing entstanden – 200 Jahre, bevor es 763 nach Jesus Christus erstmals urkundlich erwähnt wurde. Dieser Fund wird einer der Fixpunkte der künftigen Bayuwarenforschung sein.“ Was die Archäologen auf dem 1000-m²- Grundstück der „Heimstätten-Baugenossenschaft Pasing“ bislang ausgegraben haben, ist nur ein kleiner Teil einer riesigen Anlage. Unter den Nachbarhäusern dürften bis zu 1000 Ur-Pasinger begraben sein.
Wer waren diese Ur-Ahnen?
„Vorläufer der Bayuwaren“, erklärt der Archäologe Jochen Haberstroh vom Landesamt der AZ. „Ein buntes Völkchen mit römischen und germanischen Wurzeln. Sie wohnten wohl in großen aus Holz gebauten Gutshöfen mit steilen Dächern.“ Darin – oder angebaut – waren Ställe für Schweine, Rinder, Hühner. Bis zu 25 Höfe haben damals Dörfer gebildet, in denen es es auch Schmieden, Schnitzer und Webereien gab. „Beim jeweiligen Gutsherren und seiner Familie wohnten auch halbfreie Personen und Sklaven mit im Haus“, erklärt der Experte weiter. „Hier in Pasing ist wohl eine Elite ansässig gewesen, die an der Entstehung des bayuwarischen Herzogtums mitgewirkt hat.“
Was sind die Highlight-Funde?
Elektrisiert hat die Forscher der beauftragten Grabungsfirma X-Cavate der Fund eines Toten, der neben seinem Pferd bestattet wurde. „Eine Art Ritter“, erklärt Haberstroh. Bei ihm lagen sein Langschwert, eine Lanzenspitze und Sporen. „Ein Pferd war absolutes Luxusgut, dass ein Pferd bestattet wird, ist ungewöhnlich in Südbayern.“
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Im Grab eines kleinen Mädchens fand man Perlenschmuck und Amulettanhänger. Und bei einer Dame lagen ihr Kamm, Armreifen und 344 Perlen aus buntem Glas und Bernstein – ein Zeichen beeindruckenden Reichtums.
Wie lange wird noch gegraben?
Bis Ende der Woche wollen die Forscher die letzten Skelette auf dem Baugrundstück bergen. Sie kommen in die Anthropologische Staatssammlung, wo sie weiter ausgewertet werden. Im September rollen dann die Bagger – dann geht’s los mit dem Bau der Tiefgarage und der Wohnungen.
Wem gehören die Funde?
Nach bayerischem Recht: dem Grundeigentümer, also der Heimstättenbaugenossenschaft (die auch die Ausgrabung selbst bezahlen musste). Haberstroh: „Wir hoffen aber sehr, dass die Funde der Staatssammlung überlassen werden.“ Dann wird man sie irgendwann im Museum bewundern können.
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- Mathias Pfeil