Online-Petition: Soll der Kolumbusplatz in München umbenannt werden?

Au - Eines Tages wird eine Gottheit kommen, hellhäutig, mit Haaren im Gesicht und dann wird alles gut werden. Diesen Mythos erzählte sich die indigene Bevölkerung Lateinamerikas. Doch statt einem Gott legten zukünftige Kolonialisten an.
Studentin fordert Kolumbusplatz-Umbenennung
Diese Geschichte erzählte der Vater von Lena C. (Name geändert) immer wieder, seit sie ein kleines Kind war. Er ist in Mexiko geboren. Inzwischen ist sie 23 Jahre alt, studiert Soziale Arbeit und fordert, dass der Kolumbusplatz und die Kolumbusstraße umbenannt werden.
Gemeinsam mit ihrer Schwester und fünf anderen gründete sie dafür die Initiative Cambio. Bereits im Oktober starteten sie eine Online-Petition. Mit Kolumbus, so lässt es sich dort nachlesen, habe der Kolonialismus - und die erzwungene Christianisierung - begonnen. "Diese brachten Leid, Hass und Schmerz über ganz Amerika." 1.247 Menschen unterschrieben bis jetzt (Stand: 30.05.). Doch in vier Monaten läuft die Petition aus – und bis dahin müsste die Initiative noch fast sechsmal so viele Unterschriften sammeln.
Ärger über MVG-Angebot "KolumBus"
Nun allerdings ist neuer Schwung in die Debatte gekommen. Denn vor Kurzem hat die Gruppe einen offenen Brief verfasst. Darin fordert sie, dass die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) ihr Angebot "KolumBus" umbenennen soll. Unter diesem Namen wirbt die MVG damit, dass Schulen mit ihr eine Klassenfahrt unternehmen und "stressfrei" auf "Entdeckungstour" gehen können. Lena hat das noch wütender gemacht als der Name Kolumbusplatz. "Stressfrei – das suggeriert, alles sei gar nicht so schlimm gewesen", sagt sie.
Ihren Brief haben eine ganze Reihe an Münchner Institutionen unterschrieben. Darunter sind der Münchner Migrationsbeirat, und der Bayerische Flüchtlingsrat. Auch Florian Roth, der Chef der Grünen im Stadtrat, hält den Slogan für unsensibel. "Schließlich wurde Amerika nicht entdeckt, sondern erobert", sagt er. Inzwischen lenkte die MVG ein: Sie nehme die Kritik sehr ernst, antwortet Sprecher Johannes Boos auf eine AZ-Anfrage. Die MVG werde prüfen, ob der Name "modifiziert" werden kann.

Kommission berät über Umbenennung
Ihre Haltestellen will die MVG allerdings erst dann umbenennen, wenn der Kolumbusplatz einen anderen Namen bekommt. Doch eine solche Entscheidung trifft der Stadtrat – und das kann lange dauern. Vorher berät eine Kommission, die sich aus Stadträten, Rathausmitarbeitern und Historikern zusammensetzt. Diese Kommission arbeitet gerade eine Liste mit Hunderten Straßennamen ab, die womöglich umbenannt oder mit Hinweistafeln versehen werden.
Allerdings tagt das Gremium im Geheimen. Über welche Straßennamen aktuell gestritten wird, ist also gar nicht bekannt. Florian Roth, der auch in der Kommission sitzt, verrät aber: Die Namen reichen nur 100 bis 200 Jahre zurück. Kolumbus kann also nicht draufstehen.
Er sei sehr offen, die Liste zu erweitern, sagt Roth. Doch je weiter man in die Vergangenheit zurückgehe, desto schwieriger werde es, unbelastete Persönlichkeiten zu finden. Sogar die Frau von Martin Luther - Katharina von Bora - sei eine große Antisemitin gewesen.
"Historiker sollten das Ganze bewerten"
Doch auch Micky Wenngatz von der SPD, die den Verein "München ist bunt" leitet, will, dass sich die Stadt mit dem Kolumbusplatz beschäftigt. "Historiker sollten das Ganze bewerten", sagt sie. Am Ende müsse sich München fragen, ob man Straßen lieber nach einem Kolonialisten benennen wolle – oder nach Menschen, die unter ihnen litten.
In eine ähnliche Richtung geht der Vorschlag, den Lena für den Kolumbusplatz hat: Er könnte Taíno-Platz heißen. Das ist ein indigenes Volk, das als ausgestorben galt, aber wohl nie ganz verschwunden war.
Sollte der Kolumbusplatz umbenannt werden? Schicken Sie uns Ihre Meinung an leserforum@az-muenchen.de oder machen Sie mit bei untenstehender Umfrage!

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