Nach über 80 Jahren: Konditorei Kustermann muss schließen

Seit 1931 prägt die Traditions-Konditorei Kustermann das Viertel. Jetzt haben die Besitzer den Pachtvertrag nicht mehr verlängert.
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Im Herz von Solln: Der Pavillon aus den 50er-Jahren ist das markanteste Gebäude an der Wolfratshauser Straße.
Sophie Anfang Im Herz von Solln: Der Pavillon aus den 50er-Jahren ist das markanteste Gebäude an der Wolfratshauser Straße.

Solln – Es sieht nicht nach Ende aus in den hellen Verkaufsräumen der Konditorei Kustermann. Kunden strömen herein, es wird geratscht, Verkäufer dekorieren das Schaufenster um, an der Tür hängt ein Schild: Auszubildende gesucht. Doch ob man die noch braucht, ist fraglich: Nach mehr als 80 Jahren muss das Sollner Traditionsgeschäft schließen. Die neuen Besitzer haben den Pachtvertrag nicht verlängert.

Bis Ende April wird es an der Wolfratshauser Straße noch Kaffee, frisch gebackenes und fein Süßes geben. Dann werden in dem markanten Rundbau die Türen zugesperrt. Die Erbengemeinschaft des langjährigen Verpächters und Ende 2014 verstorbenen Karl Heinz Kustermann will das Objekt mieterfrei verkaufen. Das italienische Restaurant im Hinterhaus und die Konditorei müssen aus ihren Räumen raus.

 

35 Mitarbeiter könnten ihren Arbeitsplatz verlieren

 

Ein wichtiger Teil des Viertels wird dann sterben, ein Ort mit Geschichten. Thomas Ritz, der den Betrieb seit 1994 mit seiner Frau leitet, kann viele davon erzählen: Von den Münchner Herren und Damen, die zum Sonntagsausflug mit der Bahn an den Südzipfel der Stadt fuhren und von den Stehgeigern, die sie unterhielten. So berühmt war der Kustermann, dass lange Jahre die dortige Haltestelle nach dem Betrieb benannt war.

Lesen Sie hier: Die Stadt will den Franziskaner retten

Ritz ist in Solln aufgewachsen, seine Ausbildung hat der Konditormeister hier gemacht. Dass ein Teil des Viertels, aber auch ein Stück weit seines Lebens verschwinden soll, macht ihn traurig: „Weil man hier so viel Zeit verbracht hat, aber noch mehr für die Mitarbeiter.“ 55 Menschen beschäftigt der 49-Jährige in Solln und im Stammhaus der Konditorei an der Lindwurmstraße. 35 von ihnen wird Ritz wohl entlassen müssen. Ihn schmerzt das, schließlich seien es langjährige und gute Mitarbeiter.

Für die Räume in Solln gibt es keinen Ersatz. Zum einen wegen der Backstube, die es braucht, um frisch zu produzieren, aber die es in anderen Immobilien nicht ohne weiteres gibt. Zum anderen, weil die meisten Kunden Stammkundschaft sind, die man nicht einfach aus Solln weg verpflanzen kann – aber die am Geschäft im Viertel hängt.

Seit die Gerüchteküche um die Zukunft der Konditorei brodelt, hätten ihn zahlreiche Kunden angesprochen und angeschrieben, erzählt Ritz. Viele seien betroffen über das Ende des Betriebs. Eine ältere Dame hätte ihm sogar einen Mietrechtsanwalt empfohlen. Da muss der 49-Jährige sogar schmunzeln, obwohl ihm eigentlich gar nicht danach ist.

 

Jahrelange Verhandlungen - ohne Erfolg

 

Seit drei Jahren habe er versucht, eine Vertragsverlängerung zu erreichen, sagt Ritz: „Wir haben immer gedacht, dass es weitergeht.“ Doch die Erbengemeinschaft scheint sich festgelegt zu haben.

Zu dem Grundstück an der Ecke zur Frans-Hals-Straße gehört neben dem runden Flachbau noch eine denkmalgeschützte Villa, die von einem Neubau umschlossen ist. Sie wird in jedem Fall stehenbleiben. Was mit dem Rundbau aus den 50er-Jahren nach dem Besitzerwechsel passieren wird, weiß er nicht. Im Viertel sprechen manche schon von Abriss, aber solange nicht verkauft ist, ist das Spekulation.

Nach Mehl und süßen Schmankerl wird es im Sollner Zentrum künftig aber nicht mehr riechen.

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