Investitionen: Großer Streit am Viktualienmarkt

Die Händler zahlen pro Jahr Millionen an die Stadt, die das Geld in den Markt investieren müsste – und fordern jetzt Nachweise.
Michael Graeter |
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Am Viktualienmarkt werden jedes Jahr rund 40 Millionen Euro umgesetzt. Die Stadt kassiert dabei kräftig mit – aber wo sind die Millionen? Links: Die streitbare Markt-Sprecherin Elke Fett.
Schramek/Wolf Am Viktualienmarkt werden jedes Jahr rund 40 Millionen Euro umgesetzt. Die Stadt kassiert dabei kräftig mit – aber wo sind die Millionen? Links: Die streitbare Markt-Sprecherin Elke Fett.

Altstadt – Der Viktualienmarkt, einer der letzten Orte mit Münchner Gesicht und Seele, wogegen so manche geliebte weißblaue Falten in anderen Vierteln erschreckend ausgebügelt wurden, macht im Jahr 40 Millionen Euro. „Das ist der Gesamt-Umsatz aller über hundert Markthändler, die an die Stadt je nach Größe des Standes zwischen vier und zehn Prozent Gebühren pro Monat entrichten“, erklärt Marktsprecherin Elke C. Fett.

Die städtische Satzung schreibt vor, dass der Viktualienmarkt keinen Gewinn machen darf. Elke Fett weiter: „Der Überschuss muss immer in den Markt einfließen. Eine Refinanzierung haben wir nie feststellen können. Niemand hat uns bisher von der Behörde klipp und klar erklärt, wie die Gelder aufgeteilt wurden. Wo blieben die Millionen?“

Der Verband der Markthändler „IGV“ mit Juristin Erika von Heimburg an der Spitze hat jetzt bei der Stadt eine juristische Anfrage gestellt, wofür die ganzen Gewinne in den letzten 20 Jahren verwendet wurden. Boris Schwartz, Chef der Markthallen, kennt die höchst brenzlige Angelegenheit, die vor allem seine Vorgänger im Amt betreffen wird. Auf Anfrage der AZ sagte er: „Das ist ein laufendes Verfahren. Sie werden verstehen, dass wir da vorerst keine Stellungnahme abgeben.“

„Wir haben keinerlei Nachweise und möchten darüber endlich Klarheit haben“, sagt von Heimburg. „Es geht nicht um den sogenannten Werbetopf, eine zusätzliche Abgabe der Markthändler, die vom entbundenen Vorgänger Rainer Hechinger erfunden und als unzumutbar eingestellt wurde. „Es sind allein die Beträge, die durch die Umsatz-Verträge mit den Händlern eingenommen werden. Wir spüren keinen Rückfluss zu Gunsten des Marktes, dem Herzen der Stadt.“

Die Juristin weiter: „Längst hätten die monierten und bereits versprochenen 14 Laternen installiert werden können. Genauso erinnern wir an die Renovierungen der Keller, Bänke zum Rasten für Touristen und den Einbau einer öffentlichen Toilette. Ein einziger Waschraum gehört zum Biergarten – und der ist nicht öffentlich. Wenn das Gartenlokal geschlossen ist, gibt es gar kein Klo auf dem Viktualienmarkt“, so von Heimburg.

Schwartz beschwichtigt: „Wir haben in der letzten Zeit Licht installiert und die Beleuchtung des Markts erheblich verbessert.“ Kritik übt der „IGV“ aber auch am Standl „Pörrer“, das über zwei Jahre leer stand und jetzt für ein paar Monate als „Schaufenster“ von Münchens Partnerstädten herhält. Zur Zeit gastiert dort Edinburgh mit schottischen Produkten. Es wird sogar der Trend-Drink „Hugos’s“ (laut Boris Schwartz mit schottischem Gin) in dem Mini-Lokal ausgeschenkt, das mit Holztischen und Bänken ausstaffiert wurde. Trotz der aufwendig eingebauten Küche soll das Häuschen später ein Geschäft für „gehobenes Merchandise werden, Mitbringsel, aber auch Kochschürzen und Löffel“, so Schwartz.

Laut Kultusminister Ludwig Spaenle kommt der Viktualienmarkt wegen des angestrebten Prädikats „Weltkulturerbe“ in Kürze auf die bayerische und dann auf die nationale Liste. Der Markthändler-Verband „IGV“ hatte ein französisches Schreiben direkt an die UNESCO gerichtet, weshalb ein offizielles Verfahren für das begehrte Prädikat in Deutschland in Gang gekommen ist.

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