Baustellen-Besuch: Beim neuen Klinikum in Harlaching sieht's düster aus – "hinken drei Monate hinterher"

Für 250 Millionen Euro wird in Harlaching ein neues städtisches Krankenhaus gebaut. 2024 soll es fertig sein. Doch klappt das auch?
von  Christina Hertel
Grün sieht das neue Klinikum in Harlaching aus. Von oben wird man einen Blick in die Berge haben, kündigt eine Mitarbeiterin an.
Grün sieht das neue Klinikum in Harlaching aus. Von oben wird man einen Blick in die Berge haben, kündigt eine Mitarbeiterin an. © Sigi Müller

Harlaching - Der Platz ganz oben auf dem Dach, von wo aus Spezialisten in die Lüfte starten, um möglichst schnell zu einem Schlaganfall-Patienten zu kommen, ist schon fast fertig. Bloß die Fußbodenheizung fehlt noch. Schließlich sollen die Helikopter auch im Winter sicher landen, erzählt Silke Fischer. Sie ist bei der München Klinik, also der Gesellschaft der städtischen Krankenhäuser, dafür zuständig, den Neubau in Harlaching zu koordinieren.

Vergangenes Jahr war Richtfest, 2024 soll die Klinik fertig sein – und am Dienstagnachmittag ließ sich die Münchner SPD über die Baustelle führen. Eine Gelegenheit, dass auch die AZ einen Blick hinter die Bauzäune werfen konnte.

So wird das neue Foyer – die Holzvertäfelung fehlt noch.
So wird das neue Foyer – die Holzvertäfelung fehlt noch. © Sigi Müller

Klinikum in Harlaching: In rund sechs Monaten soll der Neubau eröffnet werden

Das Krankenhaus wurde 1899 als eine Lungenklinik eröffnet. In den 60er Jahren kamen Neubauten dazu, damals galt die Klinik als das modernste Krankenhaus Deutschlands. Aber schon seit Jahrzehnten ist klar, dass es mindestens saniert werden muss. Doch lange stockten die Pläne. 2021 wurde schließlich der Grundstein für den Neubau gelegt, dort, wo sich früher eine Kinderklinik und Zufahrten befanden.

Und hier steht inzwischen ein grüner Bau, sogar die Fassade ist an vielen Stellen schon grün gefliest. Die Gerüste, sagt Silke Fischer, werden bald abgebaut. Sie steht dort, wo in etwa einem Jahr die Patienten und die Besucher die Klinik betreten werden. Sie laufen dann über einen Platz, vorbei an dem Brunnen, der schon früher vor dem Krankenhaus stand. "Er wurde in kleine Teile zerlegt und eingelagert", erzählt Fischer.

Auf fünf Stockwerken sollen künftig Patienten behandelt werden

Rechts neben dem Eingang können sich die Besucher einmal auf einer Terrasse niederlassen und einen Kaffee trinken. Die Cafeteria soll Menschen aus dem ganzen Viertel anlocken, sagt Fischer.

Die Fassade wird mit Klinker grün gefliest.
Die Fassade wird mit Klinker grün gefliest. © Sigi Müller

Dann rollt sie ein Plakat aus, ein mannshoher Gebäudeplan. Fünf Stockwerke hat die neue Klinik. Wie übereinandergestapelte Donuts sehen die Gebäudeteile aus, findet Fischer, weil es in der Mitte immer einen Lichthof gibt.

Das Krankenhaus soll ein sogenannter "Maximalversorger" bleiben – es werden also weiterhin alle Krankheiten vom Beinbruch bis zur Krebserkrankung in Harlaching behandelt. Allerdings gibt es so wie jetzt auch eine Spezialisierung. Zum Beispiel ist in Harlaching die Telemedizin angesiedelt. Per Video-Schalte helfen Schlaganfallexperten in Harlaching Ärzten auf dem Land – und, wenn es sein muss, fliegen sie mit dem Helikopter dort hin.

Die Geburtsklinik des städtischen Krankenhauses wird ausgebaut

Außerdem gibt es in Harlaching eine Geburtenstation. Ziel der München Klinik ist, diese auszubauen. Im Neubau wird es sechs statt vier Kreißsäle geben, die Station soll auf 4.000 Geburten pro Jahr wachsen. Bisher sind es etwa 3.500. Kreißsaal und OP trennt nur eine Tür, sodass es im Notfall schnell geht.

Noch geht es auf der Baustelle recht duster zu.
Noch geht es auf der Baustelle recht duster zu. © Sigi Müller

Auch eine Kinderklinik und eine Palliativstation wird es im neuen Harlachinger Krankenhaus geben. Für beide Stationen bittet die Klinik um Spenden. Freistaat und Stadt München finanzieren den Neubau mit 250 Millionen Euro. Klingt nach viel Geld – ist aber, so schildert es Fischer, knapp kalkuliert, besonders, wenn man den Patienten eine schöne Ausstattung bieten möchte.

Die Münchner können also für bequeme Sessel, für dimmbares Licht, für besondere Badewannen und andere Einrichtung spenden, die das Krankenhaus wohnlicher machen sollen.

Neubau der München Klinik in Harlaching hat nur 550 statt 750 Betten

Könnte nicht die Stadt noch etwas Geld locker machen? Festlegen will sich SPD-Stadtrat Christian Vorländer bei dieser Frage nicht. "Aber natürlich nehmen wir das noch mal mit", meint er.

Vorländer nennt die Klinik ein echtes "Leuchtturmprojekt". Silke Fischer erzählt aber auch, dass die Pläne im Vergleich zu früheren Planungen ziemlich zusammengeschrumpft seien – zu einem "praktischen Kubus", der zu einem möglichst geringen Baupreis erstellt werden könne. Statt etwa 750 Betten gibt es in der neuen Klinik nur noch 550. Auch heute würden nicht alle Betten belegt. Weil Pfleger fehlen, sei das gar nicht möglich, schildert Fischer.

Der Ukraine-Krieg hat Bauleiter Rudolf Schmid Sorgen gemacht.
Der Ukraine-Krieg hat Bauleiter Rudolf Schmid Sorgen gemacht. © Sigi Müller

Die neue Klinik verbraucht weniger Energie

Ein Vorteil der kompakten Bauweise: Es werde viel weniger Energie verbraucht als heute. Tatsächlich ist es, wenn man die Klinikbaustelle betritt, angenehm kühl. Und das soll, so Fischer, auch so bleiben, wenn einmal alles fertig ist. Noch liegen im Foyer Holzplatten stapelweise auf Paletten. Mit ihnen sollen die Wände zum Teil verkleidet werden. Auch die Decke wird abgehängt, um die Technik zu verstecken. Noch sieht es auf der Baustelle ziemlich duster aus – aber das werde sich ändern, wenn erst einmal die weiße Farbe an der Wand ist, versichert Bauleiter Rudolf Schmid.

Wie viel Einfluss die Weltpolitik auf eine Münchner Baustelle haben kann, erlebte er in den vergangenen Monaten: "Den Rohbau konnten wir noch einen Monat früher fertigstellen. Jetzt hinken wir drei Monate hinterher."

Und was passiert mit dem Altbau in Harlaching?

Etwa in einem Jahr, wenn die neue Klinik fertig und die Bauten aus den 60ern abgerissen sind, muss sich die Stadt noch mit einer weiteren Frage beschäftigen. Der Altbau ist denkmalgeschützt und bleibt deshalb stehen.

Wenn die Klinik ausgezogen ist, geht er an die Stadt zurück. Was dann aus ihm wird? Zumindest die SPD-Stadträte Christian Vorländer und Micky Wenngatz, die für den Landtag kandidiert, wissen das noch nicht.

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