Ärger um Antifa-Kongress

München - Rechtsextreme, Gewerkschafter und Polizei: Sie alle sind Teil einer Geschichte um einen Kongress, der vor drei Jahren schon einmal friedlich im Haus des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in der Schwanthalerstraße stattgefunden hat und nun abgesagt wurde.
Die AZ dröselt auf, was in der Schwanthalerstraße und im Internet los ist. Vom 3. bis 5. November sollte der Antifa-Kongress Bayern im Gewerkschaftshaus stattfinden. Seit dem G20-Gipfel in Hamburg ist aber der Ruf der Linken mies.
Und Rechten schmeckt sowieso nicht, wenn sich Antifaschisten treffen, um sich – Zitat aus dem Programm – "in Vorträgen und Workshops mit antirassistischer Theorie und Praxis, Feminismus, NSU und rechtem Terror, AfD und dem gesellschaftlichen Rechtsruck" auseinanderzusetzen.
Deshalb ätzte die rechte Webseite Journalistenwatch, die eng verknüpft mit der rechtspopulistischen Freiheits-Partei Thüringen ist, am Montag in einem vielfach geteilten und von anderen rechten Seiten aufgegriffenen Artikel gegen den Kongress und Gewerkschafter.
Antifas werden die Räume gekündigt
Diverse Polizeigewerkschaften bekamen – von welchen Seiten auch immer – Wind von dem geplanten Antifa-Kongress und machten dagegen mobil. Allen voran die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Nordrhein-Westfalen und die Polizeigewerkschaft im Beamtenbund (DPolG). Letztere verwendete in ihrem Facebook-Beitrag eine Fotomontage von Journalistenwatch.
Schließlich mischte sich auch die GdP ein. "Wir haben durch ein Plakat im Netz von der Veranstaltung erfahren und kennen die rechten Artikel nicht", sagt GdP-Vorsitzender Oliver Malchow. "Unsere 183.000 Mitglieder kennen gewaltsame Auseinandersetzungen mit sogenannten Antifaschisten", erklärt Malchow, deshalb habe er sich auch mit dem DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann in Verbindung gesetzt.
Daraufhin wurden den Antifas die Räume gekündigt. Innerhalb der Polizeigewerkschaften scheint es Grabenkämpfe zu geben. Daniel Fritsch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) schreibt der AZ: "Die Meldung von Journalistenwatch hat die DPolG benutzt, um massiv die Gewerkschaft der Polizei (GdP, Polizeigewerkschaft im DGB) anzugreifen und Mitglieder abzuwerben. Als Schutz für eine DGB-Mitgliedsgewerkschaft hat der DGB darum gebeten, nach alternativen Veranstaltungsräumen zu suchen. Trotz der knappen Frist ist es gelungen, drei Veranstaltungsorte in München anzubieten."
Jusos München: "Es ist erschreckend"
Der bayerischen DGB-Jugend wurde ihr Mitwirken am Kongress trotzdem untersagt – behauptet die Antifa. Auch Malchow spricht davon, dass die DPolG die Situation verschärft habe und "wir erwarten, dass die anderen Gewerkschaften unsere Intentionen verstehen und anerkennen".
Das tun sie aber nicht. Die Verdi-Jugend München etwa reagierte in einem Facebook-Beitrag mit einem wütenden Emoji und distanziert sich sehr deutlich von der Entscheidung des DGB-Bundesvorstands und der GdP: "Wir haben nicht von Ihnen erwartet, dass sie sich gegen ein antifaschistisches Projekt stellen und der rechten Hetze, die seit Tagen in den sozialen Medien kursiert, so blind folgen."
Auch die Jusos München kritisieren das Vorgehen. "Es ist erschreckend, dass die Stimmungsmache rechter Medien offenbar fruchtet und dazu führt, dass antifaschistisches Engagement behindert wird", so die Jusos-Chefin Lena Sterzer. Von einer glaubhaften Haltung gegen Rechts könne unter diesen Umständen in keiner Weise die Rede sein.
Die Antifa kündigt an, dass der Kongress stattfinden wird. "Wir sind ein Forum für Austausch und Debatte, das ist in diesen Zeiten mehr als wichtig", sagt einer der AntifaVeranstalter, der hofft, dass der DGB seine Entscheidung nochmal überdenkt. "Antifaschismus ist in den Gewerkschaften kein Nebenwiderspruch oder das Hobby einiger weniger. Antifaschismus ist erklärtermaßen Fundament der Arbeit des DGB."
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