Spar-Diskussion im Münchner Stadtrat: Auf der Suche nach den fehlenden 100 Millionen

Im Dezember muss der Spar-Haushalt stehen, sonst droht die Regierung von Oberbayern das Ruder zu übernehmen. Wie die Stadt das abwenden will.
von  Jan Krattiger
Ein "Schuldenberg" am Marienplatz: Die CSU macht Stimmung vor der großen Haushaltsdebatte im Stadtrat.
Ein "Schuldenberg" am Marienplatz: Die CSU macht Stimmung vor der großen Haushaltsdebatte im Stadtrat. © CSU

Der Wahlkampf für die anstehenden Kommunalwahlen am 8. März 2026 nimmt schon Fahrt auf. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die CSU die Gelegenheit ergreift und mit Unterstützung der Jungen Union vor der Vollversammlung am Marienplatz publikumswirksam einen großen (mit Luft gefüllten) Schuldenberg aufstellt und in die Kameras den Daumen nach unten zeigt.

CSU: "Haben ein Ausgabenproblem"

Drinnen tönt das dann so, wenn CSU-Stadtrat Hans Hammer am Rednerpult steht: "Wir haben nach wie vor kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem" – eine Erkenntnis, die im Verlauf der Debatte von allen Fraktionen wiederholt wird.

Die Einnahmen sprudeln wie noch nie, die Stadt rechnet mit rund 9,5 Milliarden Euro. Davon sollen aber wegen der vielen Ausgaben am Ende nur sechs Millionen Euro übrig bleiben. Man bewegt sich planmäßig "hauchzart" über der Genehmigungsfähigkeit, so Kämmerer Christoph Frey (SPD) am Mittwoch.

Stark steigende Schuldenlast

So hoch wie noch nie ist aber auch der Schuldenstand der Stadt, er liegt für 2025 bei 7,5 Milliarden Euro, Tendenz für die folgenden Jahre weiter steigend.

Wer dafür verantwortlich ist, ist aus der Sicht der CSU klar: Seit Grün-Rot im Jahr 2020 an die Macht kam, hat sich der Schuldenstand vervielfacht, 2020 lag er noch bei 1,5 Milliarden Euro.

Davor war Rot-Schwarz am Drücker: "Wir haben sechs Jahre lang gut gewirtschaftet, wir hätten die Stadt gerne wieder so zurück", sagt Hammer.

Was er nicht sagt: Dass in der Zeit eine Corona-Pandemie ausbrach und auch ein Ukraine-Krieg für eine Energiekrise sorgte. Und dass in der Zeit Ausgaben zu Buche schlagen, die Rot-Schwarz zuvor beschlossen hatte.

100 Millionen Euro fehlen noch

Am Mittwoch geht es um einen Eckdatenbeschluss, das ist quasi eine sehr konkrete Absichtserklärung zum städtischen Haushalt. Der endgültige Haushalt wird dann im Dezember verabschiedet.

100 Millionen Euro muss die Stadt bis dahin noch sparen, um ihr Budget genehmigt zu bekommen. Die sind bisher nur als pauschaler Betrag im Haushalt.

Die grün-rote Regierungskoalition hat am Mittwoch konkretisiert, wo sie diese 100 Millionen Euro noch finden will. Denn ein "Ein Weiter-so kann es nicht geben", so Sebastian Weisenburger, Fraktionschef von Grünen/Rosa Liste/Volt.

Stadtverwaltung wird noch einmal überprüft

Alle 25 Bezirke sollen in den kommenden Monaten zum Beispiel ihre Infrastruktur überprüfen. Sind wirklich alle Bürgerservices und sozialen und kulturellen Einrichtungen notwendig? Ähnlich soll auch die Münchner Verkehrsgesellschaft ihr Angebot überprüfen (AZ berichtete).

Die Verwaltung soll außerdem "Vereinfachungen und verzichtbare Aufgaben" darstellen. Wer Sparvorschläge macht, soll eine Prämie bekommen. Die Stadt soll auch freiwillige Zuschüsse hinterfragen und schauen, ob wirklich so viele externe Berater und Gutachten hinzugezogen werden müssen, wie es bisher der Fall war.

Auch auf dem Prüfstand: die PR- und Social-Media-Tätigkeiten der Referate und die Flächennutzung.

Kritische Fragen zur Haushaltsführung

Ein Beispiel, was das konkret bringen kann, nannte Weisenburger bereits jetzt: Das IT-Referat verzichtet auf bisher angemietete Lagerflächen. Das spart jährlich 1,8 Millionen Euro.

Sie könnten sich der Verantwortung nicht entziehen, befand auch SPD-Fraktionschefin Anne Hübner: "Die Schieflage war absehbar". Man habe das Geld gerne ausgegeben, "solange wir es hatten". Jetzt müsse man sich aber die Strukturen ganz genau anschauen, man werde "keine einfachen Antworten geben".

OB Reiter: "Werde genau hinschauen"

Am Ende der Diskussion dann die klare Ansage des Chefs: "Ich werde mit dem Kämmerer genau hinschauen", so OB Dieter Reiter (SPD). Er werde alles dafür tun, damit der Haushalt genehmigungsfähig werde. Es gebe dafür "Instrumente", sagte er mit leicht drohendem Unterton in Richtung der städtischen Referate.

Interessant waren dann noch die Vorgänge, als die Presse nicht mehr hinschauen durfte: Im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung beschloss die Stadt, für die Bewerbung für die Frauenfußball-EM 2029 bis zu 1,2 Millionen Euro auszugeben – für Gratis-ÖPNV-Tickets. 

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