"Sollten sich Münchner einfach klarmachen": Ältestes Gebäude der Stadt steht vor Investor-Verkauf
München - Der Freistaat will es loswerden: das älteste Gebäude der Stadt. Das Zerwirkgewölbe in der Ledererstraße 3 im Graggenauer Viertel in der Altstadt. Der grüne Landtagsabgeordnete Christian Hierneis, etliche Stadträte und OB Dieter Reiter (SPD) haben den Freistaat für die Verkaufspläne zuletzt kritisiert.
Aufgedeckt hatte das Verkaufsvorhaben aber das Junge Forum innerhalb des Vereins Münchner Forum. Die jungen Münchner fordern nun vehement einen "unverzüglichen Stopp der Verkaufspläne". Sie haben dafür die Online-Petition "Rettet das Zerwikgewölbe" auf der Plattform Change.org gestartet. Aktuell haben die Aktivisten über 800 Unterschriften für den Verkaufsstopp an Investoren beisammen.
Ein Filetstück soll verscherbelt werden
"Unbemerkt von der Öffentlichkeit, still und heimlich wollte der Freistaat dieses Filetstück verscherbeln. Wir sind schockiert - es reicht!", sagt Florina Vilgertshofer vom Jungen Forum. "Wir fordern das Zerwirkgebäude zu einem Ort für Alle zu machen." In einem offenen Brief an die Staatsregierung haben die Mitglieder des Arbeitskreises "Junges Forum" und des Arbeitskreises "Wer beherrscht die Stadt?" innerhalb des Münchner Forums zudem folgendes kritisiert: "Die Privatisierung von Immobilien des Freistaats Bayern geht ungeniert weiter.
Gerade im Zentrum herrscht akute Raumnot, Orte für Kleingewerbe, die freie Kunst- und Kulturszene oder für Jugendliche fehlen. Der Freistaat muss mit den eigenen Immobilien gemeinwohlorientiert umgehen, anstatt sie zum Höchstpreis zu verscherbeln." Diesen offenen Brief haben bislang elf Organisationen und Akteure der Münchner Zivilgesellschaft mitunterschrieben, darunter Initiativen wie Ausspekuliert, der Mieterverein München, das Denkmalnetz Bayern, Common Ground, Abbrechenabbrechen und Architects for future.
Das historische Gebäude steht seit mehr als drei Jahren leer
1264 erbaut, diente das historische Zerwirk-Gebäude bereits als Brauhaus, als Metzgerei für die Zerlegung von Wild. Bis Ende 2019 war das Restaurant Spezlwirtschaft darin und der Hip-Hop-Club Crux. Zuletzt gab es die Idee in dem historischen Haus eine Art Mini-Hofbräuhaus zu eröffnen. Das Bayerische Bauministerium argumentiert: "Da das Grundstück nicht mehr zur Erfüllung von Aufgaben des Staates benötigt wird, ist es zu veräußern".

Das historische Gebäude ist sanierungsbedürftig und steht seit mehr als drei Jahren leer. Laut einem Gutachten der Regierung ist das Filetstück in der Altstadt nach einer grundlegenden Sanierung für Büros, Wohnungen, Gewerbe und Kultur geeignet. "Das Gebäude wäre ein toller Ort für Kunst und Kultur, auch ein selbstverwaltetes Jugendzentrum in der Münchner Innenstadt wäre großartig", findet Florina Vilgertshofer.
Die 33-jährige ist Bezirksrätin für die Grünen und im Bezirksausschuss Maxvorstadt zuständig für Kultur. Ihr Engagement für den Erhalt des Zerwirkgewölbes in öffentlicher Hand, will sie als Bürgerin und unabhängig von einer Parteizugehörigkeit verstanden wissen. Denn: "Das mehr als 750 Jahre alte Zerwirkgebäude ist Staatseigentum. Damit gehört es uns allen. Das sollten sich die Münchner einfach einmal klarmachen."
Umdenken in der Landespolitik
Die Petition "Rettet das Zerwirkgewölbe" soll zu einem Umdenken in der Landespolitik führen, hofft Vilgertshofer: "Die Stadt München ist fortschrittlicher. Sie verkauft ihre Immobilien nicht mehr. Das sollte ihr der Freistaat nachmachen." Wenn aber der Freistaat Bayern doch keine Verwendung für eine Immobilie hat, sollte das Gebäude nicht zum Höchstpreis verkauft werden müssen, wie es heute in der Bayerischen Haushaltsordnung vorgesehen ist.
Das Junge Forum fordert daher eine Ergänzung im Gesetz: "Wir machen Druck. Wir fordern, dass ein Passus dazukommt, dass Käufer wie die Stadt und gemeinnützige Unternehmen wie Genossenschaften ein Gebäude, das uns allen gehört, für weniger als den Höchstpreis kaufen können."
Info zur Online-Petition: change.org/Zerwirkgewölbe
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