"München ist eh schon viel zu grau, heiß und zubetoniert": So wollen die Olympia-Gegner überzeugen

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Das heulende Münchner Kindl, das unter der Last von drei großen Medaillen um seinen Hals fast zusammenbricht, hängt schon seit einigen Wochen an Münchens Straßen. "Olympia erstickt München" steht darauf. Es ist der Aufruf der ÖDP beim Bürgerentscheid am 26. Oktober gegen eine Münchner Olympia Bewerbung zustimmen.
Jetzt haben die Olympia-Gegner, zu denen neben der ÖDP unter anderem auch Die Linke, der Bund Naturschutz und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) gehören, neue Plakate gedruckt – mit Argumenten gegen Olympia.
Olympia in München: "Lieber in Turnhallen investieren"
"Sport für alle statt Sport fürs IOC" steht auf einem Plakat zum Beispiel. "Wer sein Kind beim Sportverein anmelden will, hört oft, dass es keine freien Plätze gibt", sagt Ludwig Hartmann von den Grünen. Seiner Meinung nach sollte die Stadt deshalb lieber in neue Bezirkssportanlagen und Schulturnhallen investieren, anstatt für Hunderte Millionen temporäre Stadien zu bauen. Ursprünglich hatte das Sportreferat die Kosten dafür auf 930 Millionen beziffert. In einem AZ-Interview schätzte OB Dieter Reiter (SPD) die Kosten für drei temporäre Hallen nur noch auf rund 300 Millionen.
"Ich glaube an die Summe aus den Stadtratsunterlagen", meint Hartmann. Und so oder so sei es aus seiner Sicht viel zu viel Geld – denn schließlich handle es sich um "Einweghallen", die bloß für diese zwei Wochen Olympia aufgestellt würden. Reiter wiederum äußerte im AZ-Interview die Hoffnung, dass die Hallen weiter verwendet oder verkauft werden könnten.
"Zu viel Versiegelung"
Dass wegen Olympia Fläche versiegelt wird, ist für ÖDP-Chef Tobias Ruff das Hauptargument dagegen. In Daglfing, im Münchner Nordosten, soll das Olympische Dorf entstehen. Auf dieser Fläche befinden sich heute Wiesen und Äcker. "Die sind schützenswert", findet Ruff. Vor 15 Jahren habe es sogar Überlegungen gegeben, die Flächen offiziell unter Schutz zu stellen und ein Landschaftsschutzgebiet auszuweisen.

Der Nymphenburger Park hat diesen Status schon. Dass die Stadt dort trotzdem olympische Reitwettkämpfe plant, hält Ruff für "sehr dreist". Die Tribünen und Reitbahnen, die dafür aufgestellt und angelegt werden müssten, können aus seiner Sicht die Böden und die Artenvielfalt dort zerstören – auch, wenn nach den Spielen alles wieder wegkommt.
"München ist eh schon viel zu heiß, grau und zubetoniert", sagt Florian Kaiser vom Bund Naturschutz. Und Olympia verschlimmere das nur. Weil zum Beispiel auch Parkplätze gebaut, ein Medienzentrum und Sicherheitszonen eingerichtet werden müssten. "Auch wenn manches nur temporär dort steht – der Platz ist trotzdem über viele Jahre belegt", meint Kaiser.
"Zu viele Baustellen"
Schon Jahre vor den Sommerspielen, die voraussichtlich irgendwann zwischen 2036 und 2048 stattfinden würden, gebe es in München Bauarbeiten, sagt Geert Schindewolf vom VCD. Etwa, um die Sportstätten umzubauen oder zu sanieren oder um temporäre Stadien aufzubauen. Seit den Spielen 1972 habe sich das Programm stetig erweitert, meint er.
Bei den Spielen in München traten Athleten in 21 Sportarten gegeneinander an, in Paris waren es 36. "Und es werden in den nächsten Jahren weitere Sportarten dazu kommen." Wer weiß, ob am Ende nicht doch mehr (temporäre) Stadien gebraucht werden, will er damit sagen. Und dabei versinke München doch schon jetzt im Baustellen-Chaos.

Steigen durch Olympia die Mieten?
Linken-Chef Stefan Jagel ist vor allem deshalb gegen die Spiele, weil er fürchtet, dass sich das ohnehin schon teure München dann noch weniger Menschen leisten können. Für Paris könne man zwar noch nicht sagen, welchen langfristigen Effekt die Spiele auf die Mietpreise hatten, für London jedoch gebe es Studien, die nachweisen, dass die Mieten gestiegen sind, meint Jagel. Stimmt das so?
Der BR hat vor Kurzem zusammengetragen, dass Olympische Spiele Immobilienpreise und Mieten steigern können, so wurde es zum Beispiel in Sydney und London beobachtet. Allerdings gibt es dafür laut BR keinen Automatismus. In Los Angeles und Atlanta sind die Preise sogar gesunken – allerdings sind die Spiele in diesen Städten schon fast 30 und über 40 Jahre her.
Das einzige Argument für Olympia, das Geert Schindewolf vom VCD zumindest ein bisschen zählen lassen will, ist der ÖPNV-Ausbau. Zum Beispiel versprechen die Befürworter die Verlängerung der U4 zum Olympischen Dorf, die neue Innenstadt-Linie U9, einen S-Bahn-Ring und vieles mehr. Doch: "Die U9 ist ein gigantisches Projekt", meint er. Dass das bis 2040 fertig werden kann, sei utopisch.
Auch einen Ausbau von Radschnellwegen soll es mit Olympia gegeben, heißt es in dem Bewerbungskonzept. "Aber die Radwege brauchen wir doch jetzt", meint Ramona Rösch von der Partei "Mera25", die ebenfalls gegen Olympia Wahlkampf macht. "Wir wollen nicht bis 2040 warten."