Sieben Klima-Kleber in München mit Sekundenkleber-Verbot belegt: Was dahintersteckt

Sieben Aktivisten der Gruppe "Letzte Generation" ist es verboten, in München Sekundenkleber bei sich zu haben. Der Klima-Kleber Wolfgang Metzler muss jetzt 1.000 Euro Zwangsgeld zahlen, weil er eine Tube in der Tasche hatte. Was die Münchner Polizei dazu sagt.
Jan Krattiger
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Klima-Aktivisten kleben sich am Stachus auf der Straße fest und blockieren dadurch den Verkehr. Darunter auch Wolfgang Metzler (r.).
Klima-Aktivisten kleben sich am Stachus auf der Straße fest und blockieren dadurch den Verkehr. Darunter auch Wolfgang Metzler (r.). © Sven Hoppe/dpa

München - Seit Dienstag macht das Video in den sozialen Medien die Runde und sorgt für Spott und Kopfschütteln: Es zeigt den Aktivisten Wolfgang Metzler der "Letzten Generation" bei einer Klebe-Aktion in München am 14. März.

Klima-Kleber in München mit Trageverbot für Sekundenkleber belegt

Umringt von Polizisten sagt der Umweltingenieur in die Kamera: "Ich habe heute Sekundenkleber in meiner Tasche gehabt. Ich habe ihn nicht benutzt, ich habe ihn nur transportiert. Ich habe allerdings ein Sekundenklebertransportverbot für München. Das heißt, ich muss 1.000 Euro Strafe zahlen für einen Sekundenkleber, den ich nicht benutzt habe und nur in der Tasche hatte."

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Was zunächst wie ein schlechter Scherz klingt, ist tatsächlich wahr. Die Münchner Polizei bestätigt auf AZ-Anfrage, dass es dieses Verbot gibt. Konkret handelt es sich um ein Transportverbot für Sekundenkleber, das das Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) einzelnen Klima-Klebern auferlegt hat.

Es gehe darum, "Straftaten zu verhüten und Gefahren abzuwehren". Werden sie erwischt, wird's teuer: Dann wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro fällig.

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Wie die Polizei weiter ausführt, sind die Bescheide aber befristet und es gibt Ausnahmen: Die betroffenen Personen können "eine Ausnahmegenehmigung bei der Polizei beantragen, sollten sie den Klebstoff aus beruflichen Gründen mit sich führen müssen".

Das erste gültige Verbot habe er für zwei Tage während der Sicherheitskonferenz (17. bis 19. Februar) erhalten, sagt Metzler der AZ im Gespräch. Davor habe es erste Zustellversuche in die Justizvollzugsanstalt Stadelheim gegeben – dort saß Metzler damals in Präventivhaft.

Kleber-Verbot für Klima-Kleber: Präventive Maßnahme

Er ist also einer von sieben, die ein Sekundenkleber-Verbot erhalten haben. "Zur Verhütung von Straftaten und Gefahren hat das Kreisverwaltungsreferat [...] Mitführ-, Transport- und Benutzungsverbot für Klebstoffe, beschränkt auf das Stadtgebiet München, erlassen." Das sei ein "Ausgleich zwischen den Interessen der Betroffenen und den Interessen der Stadtgesellschaft", erklärt die Münchner Polizei weiter.

Metzler: "Ich breche das Verbot wirklich zu gerne"

Heißt konkret: Die Aktivisten dürfen weiterhin demonstrieren, sich aber nicht festkleben. Wichtig ist der Polizei außerdem festzuhalten, dass das Kleber-Verbot eine präventive Maßnahme sei, um künftige Straftaten und Gefahren abzuwehren. "Insgesamt ist es ein milderes Mittel, gegen einzelne Personen [...] Anordungen zu erlassen, als eine neue Allgemeinverfügung zu erlassen".

Metzler hat gegenüber der AZ angekündigt, gegen das Klebertrage-Verbot gerichtlich vorzugehen. Er werde aber auch künftig Kleber bei sich tragen: "Ich breche das Verbot wirklich zu gerne", sagt Metzler.

Im Vergleich zum aktuell publizierten Sachstandsbericht des Weltklimarats sei das "lächerlich". Im Bericht schreibt der Weltklimarat, dass es ab einer Erderwärmung von drei Grad Zonen geben werde, in denen 100 Prozent aller Spezies nicht mehr überleben könnten. Und: Um das 1,5-Grad-Ziel zu halten, "hätten wir bereits 2020 anfangen müssen", so Metzler: "Für mich als Umweltschutzingenieur ist das schon starker Tobak".

Mit Kleber in München unterwegs? Für fast alle kein Problem

Das Kleber-Verbot gilt also nur für einen sehr kleinen Personenkreis. Auf Twitter von einem User auf das Video angesprochen, wie man künftig Sekundenkleber in München kaufen könne, reagiert die Münchner Polizei ihrerseits mit einem Augenzwinkern:

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Im Klartext heißt das: Es ist grundsätzlich kein Problem, in München Sekundenkleber zu kaufen und mit sich herumzutragen. Außer für einen ganz ausgewählten Personenkreis, dem das KVR bereits entsprechende Verbote erteilt hat.

Und wie geht es jetzt weiter? Metzler kündigt relativ unverblümt neue Aktionen an: Sein Sekundenklebertrageverbot laufe noch zwei Monate. "Immer wenn ich in München bin, habe ich eine Tube dabei. Irgendwann werde ich auch am Marienplatz sein."

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24 Kommentare
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  • Der wahre tscharlie am 23.03.2023 16:39 Uhr / Bewertung:

    "Sekundenklebertransportverbot " grinsen Ich glaubs ja nicht! Das wird ja immer absurder.

    Ich halte auch nichts von diesen Klebeaktionen, aber ein Sekundenklebertransportverbot zu erlassen, ist doch lächerlich. Ist die Politik schon so verzweifelt, weil sie die Kleber nicht in den Griff bekommt, dass sie so ein Verbot erlassen? Halleluja..... grinsen

    Wird der Mann jetzt ständig auf der Strasse kontrolliert und muß seine Taschen ausleeren, oder wie läuft das? Ich weiß jan icht, ob der Polizei und dem KVR klar ist, wie leicht man die kleinen Tuben verstecken kann. Mit Kanonen auf Spatzen schießen, wie immer halt grinsen

    Übrigens noch ne andere Frage, gibts auch ein Messertrageverbot? Ironie aus.

  • TheBMW am 23.03.2023 18:19 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der wahre tscharlie

    Du weißt wirklich nicht, was Ironie ist!
    Und ja, es gibt ein Messertrageverbot auch für zugelassene (also dem Waffenrecht entsprechende) Messer zB auf Volksfesten. Zur Tracht gehört normalerweise der Hirschfänger, der aber in diesen Fällen verboten ist.

    Und sollte der die Tube Sekundenkleber in der Knastbrieftasche tragen, hoffe ich, dass die Tube undicht ist.

  • Der wahre tscharlie am 24.03.2023 15:55 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von TheBMW

    Natürlich weiß ich was Ironie ist.
    "Das Trageverbot nach §42a WaffG
    Feststehende Messer mit einer Klingenlänge von über 12 Zentimeter, jegliche als Hieb- und Stoßwaffen eingestufte Messer und einhändig ausklappbare Klappmesser dürfen nicht in der Öffentlichkeit getragen werden."

    Das Tragen von feststehenden Messer mit "nur" 10cm Klingenlänge ist also erlaubt. Damit kann man aber auch jemanden töten.
    Aber es geht im Prinzip um diese "Verzweifelungsregelung" wg einer 3-4cm langen Tube. Da man in der Politik anscheinend nicht weiß, wie man diese Klebeaktionen unterbinden kann.

    Und die in meinen Augen "trotzige, öffentliche Äußerung" Metzlers halte ich nicht gerade für diplomatisch.

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