Sieben Klima-Kleber in München mit Sekundenkleber-Verbot belegt: Was dahintersteckt
München - Seit Dienstag macht das Video in den sozialen Medien die Runde und sorgt für Spott und Kopfschütteln: Es zeigt den Aktivisten Wolfgang Metzler der "Letzten Generation" bei einer Klebe-Aktion in München am 14. März.
Klima-Kleber in München mit Trageverbot für Sekundenkleber belegt
Umringt von Polizisten sagt der Umweltingenieur in die Kamera: "Ich habe heute Sekundenkleber in meiner Tasche gehabt. Ich habe ihn nicht benutzt, ich habe ihn nur transportiert. Ich habe allerdings ein Sekundenklebertransportverbot für München. Das heißt, ich muss 1.000 Euro Strafe zahlen für einen Sekundenkleber, den ich nicht benutzt habe und nur in der Tasche hatte."
Was zunächst wie ein schlechter Scherz klingt, ist tatsächlich wahr. Die Münchner Polizei bestätigt auf AZ-Anfrage, dass es dieses Verbot gibt. Konkret handelt es sich um ein Transportverbot für Sekundenkleber, das das Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) einzelnen Klima-Klebern auferlegt hat.
Es gehe darum, "Straftaten zu verhüten und Gefahren abzuwehren". Werden sie erwischt, wird's teuer: Dann wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro fällig.
Wie die Polizei weiter ausführt, sind die Bescheide aber befristet und es gibt Ausnahmen: Die betroffenen Personen können "eine Ausnahmegenehmigung bei der Polizei beantragen, sollten sie den Klebstoff aus beruflichen Gründen mit sich führen müssen".
Das erste gültige Verbot habe er für zwei Tage während der Sicherheitskonferenz (17. bis 19. Februar) erhalten, sagt Metzler der AZ im Gespräch. Davor habe es erste Zustellversuche in die Justizvollzugsanstalt Stadelheim gegeben – dort saß Metzler damals in Präventivhaft.
Kleber-Verbot für Klima-Kleber: Präventive Maßnahme
Er ist also einer von sieben, die ein Sekundenkleber-Verbot erhalten haben. "Zur Verhütung von Straftaten und Gefahren hat das Kreisverwaltungsreferat [...] Mitführ-, Transport- und Benutzungsverbot für Klebstoffe, beschränkt auf das Stadtgebiet München, erlassen." Das sei ein "Ausgleich zwischen den Interessen der Betroffenen und den Interessen der Stadtgesellschaft", erklärt die Münchner Polizei weiter.
Metzler: "Ich breche das Verbot wirklich zu gerne"
Heißt konkret: Die Aktivisten dürfen weiterhin demonstrieren, sich aber nicht festkleben. Wichtig ist der Polizei außerdem festzuhalten, dass das Kleber-Verbot eine präventive Maßnahme sei, um künftige Straftaten und Gefahren abzuwehren. "Insgesamt ist es ein milderes Mittel, gegen einzelne Personen [...] Anordungen zu erlassen, als eine neue Allgemeinverfügung zu erlassen".
Metzler hat gegenüber der AZ angekündigt, gegen das Klebertrage-Verbot gerichtlich vorzugehen. Er werde aber auch künftig Kleber bei sich tragen: "Ich breche das Verbot wirklich zu gerne", sagt Metzler.
Im Vergleich zum aktuell publizierten Sachstandsbericht des Weltklimarats sei das "lächerlich". Im Bericht schreibt der Weltklimarat, dass es ab einer Erderwärmung von drei Grad Zonen geben werde, in denen 100 Prozent aller Spezies nicht mehr überleben könnten. Und: Um das 1,5-Grad-Ziel zu halten, "hätten wir bereits 2020 anfangen müssen", so Metzler: "Für mich als Umweltschutzingenieur ist das schon starker Tobak".
Mit Kleber in München unterwegs? Für fast alle kein Problem
Das Kleber-Verbot gilt also nur für einen sehr kleinen Personenkreis. Auf Twitter von einem User auf das Video angesprochen, wie man künftig Sekundenkleber in München kaufen könne, reagiert die Münchner Polizei ihrerseits mit einem Augenzwinkern:
Im Klartext heißt das: Es ist grundsätzlich kein Problem, in München Sekundenkleber zu kaufen und mit sich herumzutragen. Außer für einen ganz ausgewählten Personenkreis, dem das KVR bereits entsprechende Verbote erteilt hat.
Und wie geht es jetzt weiter? Metzler kündigt relativ unverblümt neue Aktionen an: Sein Sekundenklebertrageverbot laufe noch zwei Monate. "Immer wenn ich in München bin, habe ich eine Tube dabei. Irgendwann werde ich auch am Marienplatz sein."