Seniorenbeirat schlägt Alarm: "Die Lage in den Krankenhäusern ist dramatisch"
München - Dass die Pflegekräfte in manchem Münchner Krankenhaus nach der Entlassung der Patienten die Zimmer wischen müssen, weil Putzkräfte fehlen, ist für Ingrid Seyfarth-Metzger nur ein Beispiel von vielen, dass die Lage dabei ist, in eine dramatische Schieflage zu geraten
"Pflegekräfte sind ausgepowert"
Ingrid Seyfarth-Metzger ist selbst Ärztin und arbeitete 20 Jahre lang in einem städtischen Krankenhaus. Inzwischen ist sie in Rente, doch mit den Kollegen von damals steht sie noch in Kontakt. Außerdem ist Seyfarth-Metzger eine Vorsitzende des Seniorenbeirats. Auch das, was sie von denjenigen hört, die sich in den Krankenhäusern behandeln lassen, ist für sie Grund zur Sorge: "Die Pflegekräfte sind ausgepowert." Nach der Pandemie hatten sie keine Verschnaufpause. Verschobene OPs mussten schnell nachgeholt werden, sagt die ehemalige Ärztin.
Sie fürchtet, dass die Lage in Zukunft noch schlimmer werden könnte. Denn die städtischen Klinken stecken tief in den roten Zahlen: Um die Liquidität für die nächsten zehn Jahre zu sichern, sind 141,1 Millionen Euro an Krediten notwendig. Außerdem schießt die Stadt 224 Millionen Euro zu. Das beschloss der Stadtrat im Mai. Doch weil in den vergangenen Wochen verschiedene Stationen wie die Geriatrie und die Palliativmedizin geschlossen waren, wandte sich Seyfarth-Metzger nun mit einem offenen Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Ihre Forderungen: höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, mehr Personal.
Wenig Hoffnung auf Besserungen
Hoffnung, dass sich schnell etwas ändert, können die Pfleger und Ärzte aber wohl nicht haben. Denn viele "Grundprobleme" könne die Stadt alleine nicht lösen - vielmehr müsste sich die Bundespolitik ändern. Das antwortet die dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) auf eine Nachfrage der AZ, weil der OB gerade im Urlaub ist.

Eine der größten Herausforderungen ist aus Dietls Sicht, dass viele Stellen nicht besetzt werden können: 313 Stellen waren bei der München-Klinik Anfang 2021 offen. Zwar versuchen die Krankenhäuser, den Mangel mit Leiharbeitern auszugleichen, doch das funktioniert nicht: Im Bereich der Pflege waren 265 Stellen nicht besetzt, aber nur 104 Leiharbeiter sprangen ein.
Durch eine höhere Zulage von 270 Euro im Monat und durch Personalwohnungen versucht die Stadt die Pfleger zu unterstützen. So geht es aus Dietls Stellungnahme hervor. Und trotz der schwierigen finanziellen Lage solle es keine Einsparungen beim Personal geben, meint sie. Ein Grund dafür, dass die Stadt ihren Kliniken mit Hunderten Millionen helfen muss, sind die teuren Sanierungen. Mit dem Verlauf der Baustelle ist auch Dietl unzufrieden: Zum Beispiel gibt es am Klinikum in Neuperlach Verzögerungen - und deutlich höhere Kosten von 64 Millionen Euro. Wie dies geschehen konnte, arbeite die Geschäftsführung gerade auf, so Dietl.
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