Schwartz und Schopper: Familiäre Angelegenheit

München - Ein Mann sucht einen Job – und versetzt damit das ganze politische System in München in Aufregung: Der Grünen-Stadtrat Boris Schwartz will diese Woche seine Bewerbung als Kommunalreferent der Stadt abgeben. Das wird die Grünen freuen – und erschüttern: Die Landesvorsitzende Theresa Schopper wird dann ihre Kandidatur für die OB-Wahl 2014 zurückziehen – sie ist seine Ehefrau.
„Wir sind eine ganz normale Familie“, erzählt Boris Schwartz. Gestern saß er an der Steuererklärung, seine Ehefrau machte einen Ausflug ins Allgäu. Nach der Steuererklärung feilte er weiter an seiner Bewerbung für eines der höchsten städtischen Ämter, das des Kommunalreferenten. Der hat rund 2150 Mitarbeiter, verwaltet die städtischen Märkte, Häuser, Grundstücke, elf Güter, 5000 Hektar Wälder und viele Rindviecher (alles in allem 2,5 Milliarden Euro wert). Der Job wurde im September plötzlich frei, weil Referentin Gabriele Friderich als Umwelt-Staatsrätin nach Bremen wechselte. Die Grünen haben für den Job das Vorschlagsrecht.
Boris Schwartz ist der Wunschkandidat der Grünen und soll die Unterstützung von OB Christian Ude (SPD) haben. Der kennt den Realo seit 17 Jahren als verlässlichen Partner bei Rot-Grün. Schwartz kennt die Verwaltung, die Politik, die Seilschaften – und die wichtigen Personen.
Reicht das? Dem Papier nach möglicherweise nicht. Denn ihm fehlt nach dem Gesetz über kommunale Wahlbeamte das Uni-Studium (er hat Fachhochschule). Auch nicht alternativ die „mindestens dreijährige Tätigkeit in einer dem künftigen Aufgabengebiet entsprechenden verantwortlichen Stellung“.
Derzeit arbeitet der Umweltingenieur bei den Stadtwerken. Er gehörte drei Jahre zum Team der Bewerbungsgesellschaft für die Olympischen Spiele 2018. Das hatte nicht gereicht, als er sich im Sommer als Sportamtsleiter der Stadt bewerben wollte. Wie man hört, soll seine Vita als langjähriger Finanz- und Planungssprecher der Grünen den Juristen als Alternative eventuell reichen. „Ich denke, dass ich die notwendigen Voraussetzungen mitbringe“, so Schwartz (49): „Ich gehe fest davon aus, dass ich nächste Woche meine Bewerbung abgebe, wenn nicht ein ganz deutliches Signal kommt, dass es doch nicht geht.“
Dann werden sich schlagartig die politischen Träume seiner Ehefrau ändern: Theresa Schopper (50), Landtagsabgeordnete und Landesvorsitzende der Grünen. Die wollte OB-Kandidatin werden. Aber sie als Bürgermeisterin und ihr Mann als untergebener Referent: Juristisch zwar kein Problem, aber das wollen sie nicht. Es würde auch zu Proteststürmen führen. „Wir wollen das klar trennen und keine Politik am Küchentisch machen“, sagt Theresa Schopper.
Das erhöht die Spannung, wer grüner OB-Kandidat wird: Bürgermeister Hep Monatzeder (60) – oder die agile Stadträtin Sabine Nallinger (47). Nachdem die SPD mit Dieter Reiter und die CSU mit Josef Schmid Männer aufbieten, könnten die Grünen mit einer Frau Pluspunkte sammeln. Die Grünen rechnen sich große Chancen aus, wenn bei der Rathauswahl 2014 Ude nicht mehr antritt.
Zwei Mal waren sie bei Europawahlen bereits stärker als die SPD. Monatzeder will diesen historischen Sieg erringen. Da er aber nur OB werden will, wäre bei einer Niederlage der Weg für Sabine Nallinger frei: Als Bürgermeisterin, die sich dann auf die OB-Wahl 2020 konzentrieren könnte. Wie die Grünen ihren Kandidaten finden, ist noch unklar. Es wird weiter um öffentliche Foren gestritten. Auch eine Mitgliederbefragung ist im Gespräch.