"Schleicht's Euch": Polizei und Sex im Freien

Lustvolles Stöhnen, schweres Atmen. Ein Pärchen hat ungeniert jede Menge Spaß im alten Botanischen Garten. Doch darauf können die Zivilfahnder keine Rücksicht nehmen.
Ralph Hub |
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Lustvolles Stöhnen, schweres Atmen. Ein Pärchen vergnügt sich ungeniert im alten Botanischen Garten und hat jede Menge Spaß. Darauf können die Zivilfahnder keine Rücksicht nehmen.

München - Sie schicken die 17-jährige Münchnerin und ihren heißblütigen Lover (23) nach Hause. Die Anzeige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses gibt’s gleich hinterher.

„In so einer Situation musst du als Polizist cool bleiben und bloß keine falsche Scheu zeigen“, sagt Wolfgang Behr, früher Fahnder bei der Sitte in München. „Aber mit ein bisschen Fingerspitzengefühl bekommt man auch solche Situationen in den Griff.“

Ein bis zweimal im Jahr, so berichten altgediente Streifenpolizisten, passiert es, dass sie unverhofft in ein Schäferstündchen unter freiem Himmel platzen. „Outdoor-Erotik“ heißt das neudeutsch und erfreut sich bei manchen Leuten zunehmender Beliebtheit. Der Englische Garten, der Isarstrand und die Ufer der Münchner Badeseen sind in der Szene sehr beliebt.

Rund 50 Anzeigen wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses werden im Schnitt pro Jahr im Präsidium registriert. Diejenigen, die Glück haben, kommen mit einer Ordnungswidrigkeit davon. Es kann aber auch ganz schnell 200 Euro Bußgeld kosten.

Wegen des milden Frühlings ging es heuer schon recht früh zur Sache. Bereits am 6. März wurde ein Paar in der Grünanlage an der Sophienstraße beim Oralsex erwischt. In früheren Jahren lag da noch Schnee, was die Sinneslust erheblich bremst.

„Hochsaison ist während der Wiesn“, betont Polizeisprecher Sven Müller. Vor allem unterhalb der Bavaria gehe es dann richtig rund. Auf der Wiesnwache nennen die Beamten das Gebiet deshalb den „Du-glaubst-es-nicht-Hügel“.

Die meisten Pärchen bevorzugen allerdings Orte, an denen es deutlich ruhiger zugeht. Dort gilt nämlich: Solange niemand an dem Treiben Anstoß nimmt, drückt die Polizei manchmal beide Augen zu. Frei nach dem Motto: Wo kein Kläger, da kein Richter. Dann kann es passieren, dass ein netter Gendarm das Schäferstündchen mit einem freundlichen „Packt’s zam und schleicht’s euch“ beendet.

Darauf können ein 46-Jähriger und seine Freundin (38) allerdings nicht hoffen. Sie trieben es Anfang August ungeniert am Sonntagnachmittag in einer voll besetzten S<TH>2 nach Markt Schwaben. Familien mit Kindern sahen zu. „Da ist Ärger mit der Justiz programmiert“, betont Berti Habelt, Sprecher der Bundespolizei am Hauptbahnhof.

In Paragraph 183 des Strafgesetzbuchs heißt es dazu ganz unzweideutig: „Wer öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“

Gemeint sind damit ganz besonders dreiste Pärchen – wie jenes, das im April vom Amtsgericht zu 1750 Euro Geldstrafe verdonnert wurde. Ein 23-jähriger Arbeiter aus München und seine Freundin hatten sich nach einem Kneipenbummel durch Schwabing für ihre erotischen Turnübungen ausgerechnet die Ecke Leopold-/Franzstraße ausgesucht. Ein knappes Dutzend Schaulustiger feuerte das Paar damals an, klatschte und johlte. Bis die Polizei dazwischen ging.

„In so einem Fall hat man keine andere Wahl, man muss eingreifen“, sagt Wolfgang Behr: die Personalien der Akteure feststellen und sie zur nächsten Polizeiinspektion schaffen. Dort endet alles in einem – völlig unerotischen – Papierkrieg.

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