"Sag mir, wo du trinkst, und ich sag dir, wer du bist": Tipps vom Oktoberfest-Insider

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Ein promovierter Theologe aus Schleswig-Holstein schreibt das Buch „Inside Wiesn“. Ein sehr vollmundiger Titel für einen Zuagroasten, der auch nie als Wiesnkellner gearbeitet hat. Schon während seines Studiums hat Christian Rupprecht gemerkt: "Ich war schon immer etwas unterhaltsamer als die Herrschaften dort." Er ist immer da, wo die Menschen sind, hat redaktionell gearbeitet, beim Fernsehen und beim Radio. Und er liebt Feiern, arbeitet weltweit als Hochzeits- und Trauerredner.
Und in die Wiesn hat er sich direkt verliebt. "Meine erste Wiesn 1999 habe ich in Jeans und Hoodie besucht. Aber nur das eine mal!", erzählt er lachend. Das war die Zeit, in der es mit dem Trachten-Trend auf dem Oktoberfest losging. Im nächsten Jahr zog er seine Lederhose an und seitdem hat er keine Wiesn mehr verpasst. Inzwischen ist er immer jeden Tag dort.

"Wir sitzen hier vor der Haustür, sind die Grantler, und meckern, das sei alles so teuer"
Als Hochzeitsredner scheint er gut zu verdienen, will die AZ wissen. Denn 16 Wiesnbesuche pro Jahr dürften ganz schön ins Geld gehen, oder nicht? "Wiesn heißt nicht, reich zu sein, sondern sich den Spaß zu gönnen und zu feiern“, sagt Rupprecht. Er müsse nicht 20 Maß und drei Flaschen Champagner trinken. Außerdem gehe er sonst nicht viel aus. Aber dass so viele Menschen auf einem Haufen friedlich feiern, fasziniert ihn einfach.
"Menschen aus Australien, USA oder Kanada machen sich auf den Weg, weil sie auf der Wiesn sein wollen", sagt Rupprecht. "Und wir sitzen hier vor der Haustür, sind die Grantler, und meckern, das sei alles so teuer." Einmal Essengehen in der Innenstadt sei auch nicht gerade günstig. Auf dem Oktoberfest geht es um etwas anderes.

"Die Wiesn ist nicht die Wiesn“, sagt Rupprecht. Das Gefühl sei überall ein bisserl anders. "Jedes Zelt hat ein anderes Aroma", sagt Rupprecht. Und diese Eindrücke fasst er in seinem Buch mit dezentem Augenzwinkern zusammen.
In der Fischer-Vroni sitzen laut ihm zum Beispiel alteingesessene Wiesn-Kenner mit festem Stammtisch seit 1982, die nicht den Lärm, sondern das Leben lieben. Marstall-Besucher seien stilsicher, smart und immer bereit für ein Selfie.
Schützenzelt: Feierfreudige Flirt-Profis mit einem Hauch Contenance
Münchner-Stubn-Gäste grüßen die anderen gerne mit einem zünftigen „"Servus beinand". Ins Schützenzelt gehen feierfreudige Flirt-Profis "mit einem Hauch Contenance" und im Hofbräu ist man sprachlich flexibel zwischen "Servus und Cheers".
Seine ersten Wiesn haben sich im Schottenhamel, Hacker- und und Paulanerzelt abgespielt, erzählt Rupprecht. Ins Käfer kam er erst viele Jahre später und stellte fest: Auch das macht Spaß! Vom Weinzelt kennt er inzwischen auch den Wirt Sebastian Kuffler ziemlich gut.

Hofbräu-Mittelschiff: Dort findet täglich die UN-Trachten-Vollversammlung statt
Das sei schon etwas ganz anderes als zum Beispiel das Hofbräu-Mittelschiff. "Dort findet täglich die UN-Trachten-Vollversammlung statt! Und es dauert keine halbe Stunde, bis man mit einem Menschen aus Australien oder Brasilien ins Gespräch kommt.“ Rupprecht hat viele Freunde auf der ganzen Welt, die er im Hofbräuzelt kennengelernt hat. Genau deshalb geht er mindestens einmal pro Wiesn dort hin. Ansonsten sitzt er gerne in der Bräurosl und in der Fischer-Vroni.

Wer versucht, "Griechischer Wein" ins Altgriechische zu übersetzen, sollte auf Alkoholfrei umsteigen
Für sein Buch hat Rupprecht auch mit den Wiesnwirten gesprochen und allerlei persönliche Geschichten zusammengetragen. Dazu skurrile Fakten, Trachten-Tipps, Flirt-Ratschläge und Antworten auf Fragen, wie „Muss ich Tracht tragen?“ ("Du musst nicht, aber du solltest") oder "Wie erkenne ich, wann ich genug habe?“ (Wenn du versuchst, "Griechischer Wein" ins Altgriechische zu übersetzen).
Ein Buch wie die Wiesn: Braucht’s das? Nicht zwingend. Aber es ist ansteckend und macht schon ziemlich Spaß!

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