Trotz Demo-Verbot: 300 Palästina-Sympathisanten am Odeonsplatz
München - Das KVR wird weitere Demonstrationen für die Hamas verbieten. Das bestätigte eine Sprecherin der AZ am Freitag. OB Dieter Reiter (SPD) hatte am Donnerstagabend auf einer Kundgebung vor der Synagoge erklärt, er habe das KVR entsprechend angewiesen.
Ob das Verbots einer juristischen Überprüfung durch das Verwaltungsgericht bzw. den Verwaltungsgerichtshof standhält, wird sich zeigen.
KVR geht von Bestätigung durch die Gerichte aus
Das Kreisverwaltungsreferat gibt sich zuversichtlich, dass die Gerichte das Verbot bestätigen. Das KVR habe die Versammlungslage im Bundesgebiet im Allgemeinen und die Versammlungslage in München im Speziellen ausgewertet. "Es ereigneten sich im Rahmen pro-palästinensischer Versammlungen im Bundesgebiet insbesondere in der vergangenen Woche eine Vielzahl an Straftaten und Auseinandersetzungen bis hin zu Widerständen gegen Polizeibeamt*innen und körperliche Übergriffe", heißt es in einer Mitteilung des KVR.
Auch bei der Versammlung in München am Montag sind mehrfach antisemitische Äußerungen gefallen und solche Äußerungen, die auch als Billigung der Terrorangriffe gewertet werden könnten. Es wurde das Existenzrecht Israels bestritten und offen zur Solidarität mit den Angriffen auf Israel aufgerufen..
Speziell in München wurden Strafverfahren wegen einer Beleidigung und einer Volksverhetzung zum Nachteil der jüdischen Bevölkerung eingeleitet, sagt KVR-Sprecherin Sophia Oberhuber.
Beschränkungen oder Verbote von Versammlungen sind nach dem Bayerischen Versammlungsgesetz und aufgrund des grundrechtlichen Schutzes von Versammlungen nur dann möglich, wenn eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht, so die Behörde. Dazu sind hinreichende Anhaltspunkte wie beispielsweise zu strafrechtlich relevantem Verhalten notwendig.
"Das Versammlungsverbot hat für uns Gültigkeit", betont Andreas Franken, Sprecher des Polizeipräsidiums München. "Das gilt auch für alle Ersatzveranstaltungen, Spontankundgebungen oder ähnliche Versammlungen."
Palästina-Gruppierung ruft zum Ignorieren der Verbote auf
Im Hinblick auf die sich immer weiter zuspitzende Gesamtlage sowohl im Nahen Osten als auch in Europa muss aktuell davon ausgegangen werden, so das KVR, dass solche und ähnliche Straftaten, wie auch das Billigen der Verbrechen der Hamas zunehmen werden. Angesichts der derzeitigen Lage verbreiten pro-palästinensische Versammlungen ein Klima der Gewalt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Hamas für heute zur weltweiten Mobilisierung und Solidarisierung mit ihren Taten aufgerufen hat.
Die für heute am Abend angekündigte Pro-Palästina-Kundgebung auf dem Odeonsplatz darf damit nicht stattfinden. Das gilt voraussichtlich auch für eine Kundgebung am Samstag auf dem Marienplatz, zu der 250 Menschen erwartet werden. Die Gruppierung "Palästina spricht", die den antiisraelischen Protest mit organisiert, ruft im Internet bereits dazu auf, behördliche Verbote zu ignorieren und trotzdem auf die Straße zu gehen.
Die Polizei ist vorbereitet, heiß es im Präsidium. Man habe ausreichend Beamte in Bereitschaft, um entsprechend auf Verstöße reagieren zu können.
Trotz Demo-Verbot: 300 Palästina-Sympathisanten am Odeonsplatz
Trotz des Verbots fanden sich am frühen Freitagabend dennoch rund 300 Palästina-Sympathisanten am Odeonsplatz ein. Nach den erforderlichen Lautsprecherdurchsagen in Deutsch und Arabisch wurde die verbotene Versammlung aufgelöst. Ein Großteil der übrigen Personen entfernte sich nach mehrmaliger Aufforderung von der Örtlichkeit. Im Nachgang zu der Situation wurden einige Personen in Gewahrsam genommen, denen die Teilnahme an einer verbotenen Versammlung vorgeworfen wird. Diese befinden sich zum Teil noch in der polizeilichen Maßnahme, sollen aber nach Beendigung entlassen werden. Laut Polizeisprecher waren rund 350 Beamten am Odeonsplatz vor Ort.
Knapp 2.000 Menschen trauern vor Münchner Hauptsynagoge
Es ist ein lauer Münchner Abend, beinahe spätsommerlich, an jeder Straßenecke ratschen und lachen Menschen bei einem Glas Bier oder Wein. Am Jakobsplatz ist eine ganz andere Stimmung. Polizeigitter, Taschenkontrollen – und etwa 2.000 Menschen, die vor der Synagoge trauern und ihre Solidarität mit dem angegriffenen Staat Israel zeigen.
Aufgerufen zu der Trauerfeier hat die Israelitische Kultusgemeinde (IKG). Der Rahmen ist würdig, sehr ernsthaft, die Szenerie bedrückend. Hier sind viele zusammengekommen, die nun selbst um Freunde und Familie bangen – und um den Staat Israel und seine Zukunft.
Sehr viel Münchner und bayerische Polit-Prominenz ist an diesem Abend auf den Platz gekommen, auch Vertreter der Kirchen. Es ist eine sehr leise und anrührende Veranstaltung. Wenige Israel-Fahnen sind zu sehen, die meisten Menschen stehen einfach nur still und betroffen da. IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch schaut auf den gut gefüllten Platz und sagt: "Ich wusste: Ich kann mich auf meine Münchnerinnen und Münchner verlassen." Was am Montag auf dem Marienplatz passiert sei – Knobloch meint das Feiern der Hamas durch Palästina-Demonstranten – dürfe sich nicht wiederholen.
OB Reiter will künftig pro-palästinensische Demonstrationen in München verbieten
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagt auf der Bühne, Freudentänze von Hamas-Demonstranten seien "unerträglich". Reiter kündigt an: "Wir werden alle Demonstrationen in diesem Zusammenhang verbieten, das habe ich meiner Kreisverwaltungsreferentin mitgegeben." Reiter sagt, er werde "alles tun, damit sich sowas wie am Montag nicht wiederholen kann."
Diese Aussagen kommen durchaus etwas überraschend, schließlich war die Stadtverwaltung Anfang der Woche noch zu der Auffassung gelangt, solche Demonstrationen nicht verbieten zu können. Aber: Die Ankündigung kommt hier an diesem Abend sehr gut an.
Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) tritt auf. "Der Schutz jüdischer Einrichtungen, des jüdischen Lebens in der Öffentlichkeit ist ein fester Bestandteil unserer Politik", sagt er. Für das Schutzversprechen stehe er ganz persönlich ein. Was in Israel geschehen sei, sagt er, sei "nicht irgendein Scharmützel, es ist ein fundamentaler Angriff auf die Menschlichkeit. Wer Babys den Kopf abschlägt – das sind keine Menschen."
"Wir sind in Trauer zusammengekommen, aber wir stehen auch miteinander"
Kardinal Reinhard Marx spricht von einem "Anschlag auf die zehn Gebote, auf den Gott, der doch auch Grundlage unserer Zivilisation ist." Marx spricht zum Abschluss ein kleines Gebet. "Juden und Christen können auch zusammen beten."
Auch der evangelische Erzbischof Heinrich Bedford-Strohm spricht. Muslimische Vertreter hingegen sind nicht dabei – worüber die sich bei OB Dieter Reiter beschwert haben.
Als am Abend vor der Synagoge die Reden der Politiker vorbei sind, werden auf einer Leinwand noch Bilder von Ermordeten gezeigt, es wird Musik gespielt, auch die israelische Nationalhymne, die Menschen strecken Kerzen und leuchtende Handys in den Abendhimmel. "Wir sind in Trauer zusammengekommen, aber wir stehen auch miteinander", so fasst Charlotte Knobloch die Stimmung zusammen. Zu Zwischenfällen kommt es an diesem Abend nicht, die Polizei, die mit 150 Beamten im Einsatz ist, führt lediglich einige Personenkontrollen im Umfeld durch und erteilt möglichen Störern Platzverweise.
Islam-Hasser ruft zu Pro-Israel-Kundgebungen auf
Der Islam-Hasser Michael Stürzenberger, der seit vielen Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet wird, hat am Freitagnachmittag eine Versammlung am Stachus angemeldet. Motto: "Solidarität mit Israel. Gegen politischen Islamismus." 25 Teilnehmer wurden erwartet. Eine weitere Kundgebung zum selben Thema hat Stürzenberger für Samstagnachmittag auf dem Willy-Brandt-Platz in Riem angemeldet.