Reaktionen zum NSU-Prozess: „Mir geht es nicht gut“
Wie die Angehörigen der Opfer und türkische Beobachter den ersten Prozesstag erlebt haben: "Es ist sehr deprimierend, mit welcher Frechheit hier aufgetreten wird"
München - "Die Angeklagten haben zu Prozessbeginn mit ihren Anwälten gelacht und gescherzt. Es ist sehr deprimierend, mit welcher Frechheit hier aufgetreten wird. Es wird so getan, als wäre das ein ganz normaler Prozess und nicht eines der schrecklichsten Verbrechen durch Rechtsextreme in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Ein Thema, bei dem wir Deutschen etwas sensibler sein sollten. Den Befangenheitsantrag hätte die Verteidigung schon viel früher stellen können, um den Prozess nicht unnötig zu verzögern.“ Reinhard Schön, Anwalt mehrerer Opfer aus der Kölner Keupstraße
„Ich hoffe sehr, dass Frau Zschäpe aussagen wird, weil das die Aufklärung der Dinge ein erhebliches Stück weiterbringen würde.“ Hans-Peter Friedrich, Bundesinnenminister (CSU)
„Für meine Mandanten ist es eine sehr, sehr schwierige Situation, jenen Menschen gegenüber zu sitzen, die dafür verantwortlich sind, dass der Familienvater umgebracht wurde. Anders Breivik hatte wenigstens den Mut, zu seinen Taten zu stehen, während Beate Zschäpe sich hinter der Strafprozessordnung versteckt, die ihr das Recht gibt, zu schweigen.“ Mehmet Daimagüler, Anwalt zweier Opfer-Familien
„Mir geht es nicht gut. Ich bin mit den Gedanken die ganze Zeit im Prozess bei meiner Frau. Sie will wissen und fragen, warum es gerade ihre Familie traf. Ich bedauere sehr, dass es für mich keine Möglichkeit gab, mit ihr in den Saal zu kommen.“ Fatih Demirtas, Ehemann von Semiya Simsek, deren Vater das erste Mordopfer war
„Die Opferangehörigen haben die Begegnung mit der Hauptangeklagten gefasst aufgenommen. Ich habe die Familien als ruhig empfunden. Es ist für sie erleichternd, dass der Prozess endlich begonnen hat.“ Barbara John, Ombudsfrau
„Es ist nun an der Zeit zu zeigen, dass Taten von Extremisten wie dieser Neonazi-Gruppe nicht länger straflos bleiben können. Das Gericht hat die Verantwortung, eine historische Entscheidung gegen Rassismus und Diskriminierung in der deutschen Gesellschaft zu treffen.“ Sefer Üstün, Vorsitzender der türkischen Kommission für Menschenrechte
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